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Wie lassen sich Pflege, Elternschaft und lebenslanges Lernen miteinander in Einklang bringen? – Überlegungen für ein alterndes Europa

Viele Europäer:innen sind Eltern oder pflegende Angehörige: Was bedeutet das für die Erwachsenenbildung aus der Perspektive des lebenslangen Lernens?

Lesedauer ca. 7 Minuten - Lesen, liken, kommentieren!

Der Originalbeitrag wurde ursprünglich von Davide Muraro auf Englisch veröffentlicht.


Integrating caregiving, parenting and lifelong learning

Europa wird immer älter: Nach Angaben von Eurostat werden im Jahr 2021 etwa 20 % der EU-Bevölkerung 65 Jahre oder älter sein. Mehr als 40 Millionen Menschen übernehmen regelmäßig Aufgaben der informellen Pflege. Darüber hinaus gibt es in 29 % der Haushalte in Europa Kinder. Diese Zahlen zeigen, dass eine beträchtliche Anzahl von Europäer:innen an der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen beteiligt ist.

Aber was bedeutet das für die Erwachsenenbildung aus der Perspektive des lebenslangen Lernens? Wie können wir pflegende Angehörige und Eltern besser unterstützen? Und welche Rolle kann die EU dabei spielen? Durch die COVID-19-Pandemie wurden Ungleichheiten verschärft und Eltern und pflegende Angehörige (insbesondere aus benachteiligten Verhältnissen) wurden zusätzlichen Belastungen ausgesetzt. Es handelt sich damit um Fragen, die wir nicht (weiter) ignorieren können. In diesem Blogbeitrag werde ich versuchen, die kritischen Schnittstellen zwischen dem Bereich der Pflege, der Elternschaft und des Lernens anzusprechen.

Pflege und Elternschaft: das verborgene Potenzial des informellen Lernens

Im Rahmen der Pflege- und Erziehungsarbeit werden Menschen mit neuen Situationen und Erfahrungen konfrontiert: Sie lernen mehrere Aufgaben gleichzeitig zu jonglieren, unerwartete Probleme zu lösen und sie entwickeln Einfühlungsvermögen und Kommunikationsfähigkeiten. Bei diesen Fähigkeiten handelt es sich um sogenannte Soft Skills und transversale Kompetenzen – wie das LifeComp-Framework zeigt – die nicht nur zur persönlichen Entwicklung von pflegenden Angehörigen und Eltern beitragen, sondern auch in anderen Kontexten, sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch in der Gesellschaft insgesamt von großer Bedeutung sind. Dennoch wird das informelle Lernen, das bei diesem Prozess stattfindet, weder gesehen noch gewürdigt.

Aus diesem Grund müssen Möglichkeiten zur Validierung dieser Kompetenzen geschaffen werden, um den Menschen dieses einzigartige Potenzial bewusst zu machen. Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass es sich hierbei um ein geschlechtsspezifisches Problem handelt: Pflege- und Erziehungsaufgaben fallen überproportional häufig Frauen zu, und allzu oft wird diese wichtige Arbeit nicht gesehen, nicht bezahlt und nicht anerkannt. Die Wertschätzung der durch Pflege und Elternschaft erworbenen Kompetenzen ist also ein wichtiger Schritt, um dieser Dynamik entgegenzuwirken. In Zusammenarbeit mit EAEA leitet Forma.Azione das kürzlich zu diesem Thema gestartete Erasmus+-Projekt Move-UP, das sich auf Mutterschaft, Soft Skills und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt konzentriert. Im Rahmen dieses Projekts werden verschiedene Tools zur Unterstützung des Validierungsprozesses entwickelt. Weitere Informationen darüber werden in Kürze zur Verfügung gestellt.

Schaffung sicherer Lernräume

Pflege und Elternschaft können außerdem die Tür zur non-formalen Bildung öffnen. Denn in Familien und informellen Pflegenetzwerken lassen sich sichere Räume schaffen, in denen jeder neue Lernerfahrungen machen kann. Alle Eltern und pflegenden Angehörigen sollten die Möglichkeit erhalten, an maßgeschneiderten Bildungsprogrammen teilzunehmen, um neues Wissen und neue Fähigkeiten zu erwerben und um ihren Horizont zu erweitern. Dieser Ansatz bringt zahlreiche Vorteile mit sich: Gesundheitserziehung könnte zu besseren Pflegeergebnissen führen, Schulungen zu digitalen Fertigkeiten können Eltern helfen, sicher mit Technologien für Kinder umzugehen, finanzielle Bildungsangebote können zu einer besseren Haushaltsführung der Familie beitragen usw.

Neben den zu erwerbenden Kenntnissen und Kompetenzen gibt es einen weiteren wichtigen Aspekt, der nicht vergessen werden darf. Denn Bildung kann es ermöglichen, neue, bedeutsame, lebenslange Beziehungen zu knüpfen und Gemeinschaften und Unterstützungsnetzwerke zu stärken. Die soziale Dimension des Lernens trägt somit zu größerem Wohlbefinden und zu einer besseren psychischen Gesundheit bei – wichtige Faktoren in Anbetracht der belastenden Situationen, denen pflegende Angehörige und Eltern ausgesetzt sein können.

Darüber hinaus werden die positiven Auswirkungen der Teilnahme der Eltern an non-formalen Bildungsprogrammen auch die Leistungen der Kinder im formalen Bildungssystem vorteilhaft beeinflussen. Dank non-formaler Bildungsprogramme können zum Beispiel Eltern mit Migrationshintergrund das nötige Rüstzeug (z. B. Sprachkenntnisse) erhalten, um sich im Bildungssystem zurechtzufinden. Aber Lernen muss kein einsames Unterfangen sein: Mit einem dualen und generationsübergreifenden Lernansatz können Familien, pflegende Angehörige und Pflegebedürftige gemeinsam Bereiche mit gemeinsamen Interessen erkunden und dadurch ihre Beziehungen bereichern.

Beseitigung der Hindernisse für lebenslanges Lernen

Auch wenn die Vorteile von Erwachsenenbildungsprogrammen offensichtlich sind, wird die Teilnahme am lebenslangen Lernen immer noch durch zahlreiche Faktoren behindert. Laut der OECD gehören Zeitmangel aufgrund familiärer Verpflichtungen und finanzielle Einschränkungen nach wie vor zu den größten Hindernissen, die Erwachsene von der Teilnahme an der Erwachsenenbildungsprogrammen abhalten.  Auch andere persönliche und psychosoziale Faktoren, die für pflegende Angehörige und Eltern typisch sind – wie langanhaltender Stress, mangelndes Selbstvertrauen und Ängste – können sich negativ auf ihre Motivation auswirken.

Wie können wir diese Herausforderungen bewältigen? Es ist unwahrscheinlich, dass für diese Herausforderungen eine Pauschallösung gefunden werden kann, sowohl wegen der beträchtlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen Erziehungs- und Pflegemethoden als auch wegen der komplexen Überlagerungen verschiedener Ebenen der Ungleichheit, insbesondere von Ungleichheiten aufgrund des Geschlechts und des sozioökonomischen Status. Darüber hinaus können der Kontext der lokalen Gemeinschaft sowie der Zustand des lokalen Gesundheits- und Sozialwesens in den Überlegungen eine Rolle spielen.

Politische Entscheidungsträger:innen sollten gemeinsam mit Eltern und pflegenden Angehörigen ein breites Spektrum an Maßnahmen entwickeln, um ein förderliches Lernumfeld für alle zu schaffen. Dieser Maßnahmenkatalog sollte angesichts der verschiedenen Erziehungs- und Pflegebedingungen zeitliche (z. B. Gutscheine für Kinder- und Sozialbetreuung, bezahlte Freistellung von der Arbeit) und finanzielle Ressourcen (z. B. Erlass von Studiengebühren, Ausbildungsbeihilfen, erweiterte individuelle Lernkonten) umfassen und gleichzeitig die allgemeine Bildungs-, Sozial- und Gesundheitspolitik stärken (z. B. Kindergeld, qualitativ hochwertige und kostenlose Kinderbetreuungsdienste, verstärkte formale (häusliche) Pflegenetzwerke). Darüber hinaus können flexible Bildungsangebote und Online-Bildungsprogramme, wie z. B. Mikrodiplome, geeignete Lernmöglichkeiten bieten, die an die Bedürfnisse von Eltern und pflegenden Angehörigen angepasst sind.

Lebenslanges Lernen für Eltern und pflegende Angehörige: eine gemeinsame Verantwortung

Diese ehrgeizigen Ziele erfordern jedoch eine gemeinsame Anstrengung: von Pädagog:innen und Lehrer:innen bis hin zu politischen Entscheidungsträger:innen und Sozialpartner:innen. Wirksame Pläne zur Einbindung der Interessengruppen sind für den Erfolg dieser Initiativen von entscheidender Bedeutung.

Die große Mehrheit der Europäer:innen war, ist oder wird irgendwann in ihrem Leben eine erzieherische oder pflegende Rolle übernehmen oder pflegebedürftig sein. Es ist daher zwingend erforderlich, ein neues Paradigma zu entwickeln, das familiäre Verpflichtungen, Pflege und lebenslanges Lernen miteinander in Einklang bringt. Indem sie die Erwachsenenbildung in die schwierige Gleichung der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben einbezieht, kann die EU eine neue, ganzheitliche Perspektive auf Elternschaft und Pflege bieten und so das tägliche Leben von Generationen von Europäer:innen verbessern. Dies ist eine gewaltige Aufgabe, der wir uns allerdings nicht entziehen dürfen. Denn das sind wir den fleißigen, engagierten und liebevollen Eltern und pflegenden Angehörigen von heute und morgen schuldig.

Ähnliche Ressourcen auf EPALE

Über die Validierung von Kompetenzen:

Über das Lernen in der Familie:

Über das Potenzial der non-formalen Bildung für die soziale Inklusion:

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Kommentar

Bardzo ważny temat. Opiekunowie nieprofesjonalni często podejmują działania wymagające specyficznej a czasem nawet specjalistycznej wiedzy. Oferta edukacyjna, ta specjalistyczna, nie jest dla nich zbyt rozbudowana. Zdecydowanie jest to grupa wymagająca rozwiązań dopasowanych, pod względem merytorycznym i organizacyjnym. Istotne są tu także bariery finansowe. Mam jednak wrażenie, że o ile rodzice są "zaopiekowani edukacyjnie", to osoby świadczące opiekę osobom zależnym są pod tym względem mocno zaniedbane. Mamy tu dużo i do przemyślenia i do zrobienia.

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Thank you for raising this important issue. After all, new skills brings us new opportunities, and engaging in adult learning is a privilege. Having less time or lack of support to use such opportunities limits our future options.

It is interesting that while women participates more in education and training according to the EU statistics, men engage more in work-related training https://eige.europa.eu/publications/gender-equality-index-2019-report/l…

This article also points out to the correlation between better sharing of care responsibilities within a family and a higher engagement in lifelong-learning activities by both women and men. And "The availability and affordability of formal childcare services are similarly important factors, as Member States with a higher provision of formal childcare for children below 3 years of age also had greater participation of women and men in the labour market and in lifelong-learning activities.".

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