Soziale Innovationen in Polen – von der Idee zum Wandel

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Als Forscher bin ich in die Prüfungsphase und später in die Auswertung der Projekte involviert, die im Rahmen des Programms „Innovationsgenerator – Unterstützungsnetzwerke“ realisiert werden. Dieses Programm wird vom Verein Towarzystwo Inicjatyw Twórczych „ę“ und vom Unternehmen PCG Polska durchgeführt. Die Sozialforschung spielt eine wichtige Rolle bei diesen Projekten. Sie ist entscheidend für die Ermittlung von Bedürfnissen. Aber vor allem ist sie wichtig für die Entwicklung, Anpassung und Verbesserung innovativer Lösungen.
Diese Erfahrung hat mich eines gelehrt, nämlich, dass soziale Innovationen nicht im luftleeren Raum geboren werden. Sie entstehen aus realen Erlebnissen, Beobachtungen des Alltags und Gesprächen mit Menschen, die täglich mit Ausgrenzung, Barrieren und mangelnder Unterstützung konfrontiert sind. Deshalb ist es so wichtig, diese Ideen verantwortungsbewusst und auf der Grundlage von Wissen und Verständnis zu entwickeln.

Foto: ameenfahmy auf Unsplash
Soziale Innovationen sind eine der interessantesten und notwendigsten Antworten auf die komplexen sozialen Herausforderungen unserer Zeit. In Polen ist eine dynamische Zunahme dieses Phänomens zu verzeichnen, und zwar nicht nur in großen urbanen Zentren, sondern immer mehr auch auf lokaler Ebene, in kleinen Gemeinden. Wir sind zum Glück in dieser Hinsicht erfahren, haben bereits funktionierende Modelle und ein wachsendes Netzwerk von Menschen und Institutionen, die daran glauben, dass der Wandel zum Guten mit Konkretem beginnt. Wir haben das unter anderem im Podcast von Nina Woderska oder in meinem Gespräch mit Nina erfahren. Das Thema ist es jedoch wert, erneut aufgegriffen zu werden.
Soziale Innovationen aus polnischen Innovationszentren – einige Beispiele
Therapeutische Mittagessen. Es handelt sich um eine Initiative, die ältere Menschen mit Teilnehmern von Beschäftigungstherapie-Workshops zusammenbringt. Die Teilnehmer bereiten Mahlzeiten zu und liefern sie an die Senioren aus. Dadurch erhalten diese nicht nur ein warmes Essen, sondern es werden auch Beziehungen zwischen den Generationen geknüpft und der Einsamkeit entgegengewirkt.
Modell Pflegedienste auf dem Lande. Es handelt sich um ein Projekt zur Unterstützung der häuslichen Pflege älterer Menschen in ländlichen Gebieten. Dadurch können diese Menschen die notwendige Hilfe in ihrer Umgebung erhalten, ohne ihr Zuhause verlassen zu müssen.
Schachspiel mit Phantasie. Es handelt sich um ein Lernspiel, das speziell für Menschen mit geistigen Behinderungen entwickelt wurde. Das Spiel fördert nicht nur die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten, sondern bietet gleichzeitig eine Form der Therapie und Integration.
Patryk und Kropka – Geschichten für junge Menschen mit geistiger Behinderung. Es handelt sich um eine Sammlung von Kurzgeschichten, die speziell für junge Menschen mit geistiger Behinderung geschrieben wurden. Die Geschichten tragen dazu bei, die Vorstellungskraft zu entwickeln, und lehren Empathie. Außerdem unterstützen sie den Bildungsprozess auf eine Weise, die auf die Zielgruppe zugeschnitten ist.
Hear-IT. Es handelt sich um eine innovative technische Lösung zur Unterstützung von Menschen mit Hörverlust. Das Projekt zielt darauf ab, mithilfe moderner Technologie den Zugang zu Programmierkenntnissen für Menschen mit Hörverlust zu verbessern.
Kultur einfach gesprochen – Vorbilder für Institutionen. Es handelt sich um eine Initiative zur Erstellung und Förderung kultureller Texte in leicht lesbarer und verständlicher Form. Dies ermöglicht Menschen mit Leseschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen mehr Teilhabe am kulturellen Leben.
Bunja– Land der Möglichkeiten. Ein Spiel mit pädagogischem Hintergrund, bei dem Kinder und Jugendliche den Raum, der sie umgibt, mitgestalten. Die Teilnehmer lernen durch interaktives Spielen Raumplanung, Zusammenarbeit und Verantwortung für ihre Umgebung zu übernehmen.
Zeitkapsel – ein Rezept gegen Einsamkeit. Es handelt sich um eine Initiative, bei der ältere Menschen „Zeitkapseln” mit ihren Erinnerungen, Fotos und wichtigen Gegenständen erstellen. Dieser Prozess hat nicht nur die Bewahrung von Erinnerungen zum Ziel, sondern ermöglicht auch die Einbindung von Senioren in kreative und soziale Aktivitäten.
Diese Beispiele zeigen die Vielfalt und Innovationskraft der Projekte, die von den Innovationszentren für soziale Innovationen in Polen durchgeführt werden. Jedes Projekt entspricht einem konkreten sozialen Bedürfnis und basiert auf der Kreativität und dem Engagement der lokalen Gemeinschaften sowie der Unterstützung durch verschiedene Institutionen.
Wie geht es mit den sozialen Innovationen weiter?
Sowohl in der Forschung als auch in der Praxis habe ich die Erfahrung gemacht, dass es in Polen nicht an Ideen, Energie und Engagement für soziale Innovationen mangelt. Ich habe das schon oft erlebt, wenn ich an Projekten mitgearbeitet habe, die im Rahmen von Innovationsgenerator – Unterstützungsnetzwerke des Vereins Towarzystwo Inicjatyw Twórczych „ę” und des Unternehmens PCG Polska durchgeführt wurden. In diesen Innovationszentren entstehen nicht nur „neue Lösungen”, sondern oft auch konkrete Antworten auf ganz reale und alltägliche Bedürfnisse der Menschen.
Das Problem stellt sich später, wenn die Innovation fertig entwickelt, getestet und von den Nutzern positiv bewertet wurde. Dann bleibt sie dort ... wo sie geschaffen wurde. Die größten Herausforderungen beginnen nämlich genau dann, wenn es darum geht, sie in größerem Umfang umzusetzen. Es stellt sich dann die Frage: Wer übernimmt das, wer kümmert sich darum, wer wird es bezahlen, wer wird sich davon überzeugen lassen?
Heute wird mir zunehmend klar, dass dieses „Erfinden“ nur der Anfang ist. Der eigentliche Test für die soziale Innovationen ist ihre Verbreitung, d. h. der Übergang von der Projekt- zur Systemebene, der zeigt, ob das Projekt erfolgreich ist und sich die Innovation etablieren kann. Damit das gelingt, sind Zeit, Vertrauen und Offenheit seitens der Institutionen nötig. Oft ist auch ein Umdenken erforderlich. Es ist wichtig, Behörden, Schulen, Heime und Organisationen davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, auf fertige, bewährte Lösungen zurückzugreifen. Dass es sich nicht um ein „Experiment“ handelt, sondern um etwas, das die Lebensqualität ihrer Schützlinge, Schüler oder Bewohner tatsächlich verbessern kann.
Ich bin der Meinung, dass dies realisierbar ist – jedoch nur, wenn wir soziale Innovation nicht länger nur als „Projekte für den Augenblick“ sehen, sondern sie vielmehr als Gemeingut betrachten, das das Recht hat, sich zu vermehren, sich zu wandeln und auf lange Sicht bei uns zu verweilen.
Und vielleicht ist dies der Punkt, an dem es am meisten zu tun gibt: Wir – als Branche, als Institutionen, als Gesellschaft – müssen lernen, neue Lösungen nicht nur zu erfinden, sondern sie auch umzusetzen und ihnen zu vertrauen.
Dr. Bartek Lis – Soziologe, Sozialforscher, Kulturanimator, Pädagoge. Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung des Kulturinstituts der Stadt Gdańsk. Von 2017 bis 2024 war er als Kurator, Forscher und Animator mit dem Kulturzentrum Zamek verbunden. Zuvor (2012-2017) war er Kurator für soziale Projekte am Museum für zeitgenössische Kunst in Wrocław. Seit 2012 arbeitet er regelmäßig mit dem Verein Towarzystwo Inicjatyw Twórczych „ę“ zusammen. Spezialgebiete: soziale Eingliederung, Behindertenforschung, „Abhängigkeit“ von Senioren, Publikumsentwicklung, politische Bildung, Kunst als Instrument der sozialen Animation, Gender-, Queer- und Crip-Studien. EPALE-Botschafter.
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