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Nachhaltige Erwachsenenbildung in Finnland

Bildung für nachhaltige Entwicklung richtet sich größtenteils an Kinder und Jugendliche – doch wo und wie können Erwachsene Umweltbewusstsein erwerben?

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Linda Juntunen
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Lesedauer circa fünf Minuten – Lesen, liken und kommentieren!

Originalsprache: Englisch


Gesamtschüler zogen vor das Parlament und eine 16-jährige Aktivistin aus der Zivilgesellschaft segelte im Namen der Umwelt über den Atlantik, um am UN-Klimagipfel teilzunehmen. Kinder und Jugendliche haben sich die Ideologie der nachhaltigen Entwicklung zu eigen gemacht, was gut ist, denn die heutigen Jugendlichen werden die Erwachsenen von 2030 sein. Was ist also mit den Erwachsenen von 2020? Wie und wo können sie Umweltbewusstsein erwerben und was bedeutet das überhaupt? 

Im Bericht des finnischen Umweltministeriums mit dem Titel Förderung von Umweltbildung und Umweltbewusstsein [FI] wird Umweltbewusstsein definiert als Kombination aus Motivation (Werten und Gesinnungen), Wissen und der Fähigkeit, so zu handeln, dass es Kultur und Natur zuträglich ist.

In Finnland kann Umweltbewusstsein nach der Gesamtschule auch im Erwachsenenalter studiert werden. Allerdings müssen die Erwachsenen sich dafür selbst auf die Suche nach verschiedenen Kurs- und Studienangeboten begeben und sie so zusammenstellen, dass sie umfassende Informationen und Fähigkeiten in diesem Bereich erwerben. In diesem Blog-Beitrag geht es um verschiedene Bildungseinrichtungen, die sich umfassend mit der nachhaltigen Entwicklung befassen und Erwachsene dabei unterstützen, im Alltag umweltbewusst und nachhaltig zu leben.

Know-how – eine Kompetenz, die erlernt werden kann

Dem Bericht des Umweltministeriums zufolge besteht das Ziel der Nachhaltigkeitserziehung darin, die Werte, Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen des Einzelnen und der Gemeinschaft ökologisch, ökonomisch, sozial und kulturell nachhaltig zu gestalten.

Diese Ziele werden in kommunalen Volkshochschulen, Weiterbildungseinrichtungen, offenen Universitäten, Zentren für Wirtschaftliche Entwicklung, Verkehr und Umwelt sowie in Schulungen von Recyclinghöfen und Naturschulen vermittelt.

So hilft beispielsweise das Paket namens Kestävä arki [FI] (Nachhaltiger Alltag), das man auf der Website der Martha Organization [EN] findet, Erwachsenen dabei, kleine Veränderungen im Alltag vorzunehmen, die sich positiv auf die Umwelt auswirken.

Ziel des finnischen Bildungszentrums Visio [EN], das vom Ökologischen Kulturverband betrieben wird und in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen feiert, ist es, die nachhaltige Entwicklung durch Erwachsenenbildung zu fördern und umzusetzen, indem Eigeninitiativen der Teilnehmer*innen unterstützt werden.

Das Bildungszentrum Visio bietet Schulungen und kulturelle Aktivitäten für Organisationen, Integrationsunterricht für Migrant*innen und Finnischkurse an und organisiert gemeinsame öffentliche Vorträge in ganz Finnland. Laut Mikko Airto, Studienleiter bei Visio, basieren deren umweltfreundliche Schulungen und kulturelle Aktivitäten auf der Idee, dass Unkenntnis kein Glück, sondern vielmehr das Gegenteil ist.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Inspirationsworkshop „Verantwortungsvoller Tourismus“ [FI], den Visio im März 2020 durchgeführt hat:

„Für meine Arbeit muss ich viel durch Mitteleuropa reisen. Dabei versuche ich immer, auf dem Landweg zu reisen, auch wenn es manchmal schwierig ist, Tickets und eine sinnvolle Strecke zu finden. In unserem kostenlosen dreistündigen Workshop erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konkrete Tipps, Tools und Ideen für einen nachhaltigeren Tourismus“, so Airto.

Seit Herbst 2018 sind die Aufzeichnungen aller öffentlichen Vorträge auf der Website von Visio [EN] abrufbar.

Lernen – eine erneuerbare, unerschöpfliche natürliche Ressource

Worauf sollten Lernende auf ihrem Weg hin zu einem umweltbewussten Alltag also zuerst achten? Laut der Megatrends 2020-Umfrage [FI] des finnischen Innovationsfonds SITRA [EN] besteht der wichtigste, die Zukunft beeinflussende Faktor darin, dass wir dringend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels ergreifen.

In der Erhebung wird darauf hingewiesen, dass die Klimaerwärmung zwar nicht ausschließlich vom Menschen verursacht wird, aber der Rückgang der natürlichen Vielfalt und die massenhafte Ausrottung von Arten auf menschliches Handeln zurückzuführen sind und dringend angegangen werden müssen.

Laut Airto war 2019 in gesellschaftlicher Hinsicht ein revolutionäres Jahr für das Umweltbewusstsein:

„Die Diskussionen über die Notwendigkeit der nachhaltigen Entwicklung haben in den Medien, bei den Entscheidungsträgern, im Privat- und Arbeitsleben ein ganz neues Niveau erreicht.“

Der Erhebung von SITRA zufolge ist das Umweltbewusstsein der Menschen gestiegen, allerdings nicht genug, da es sich noch nicht ausreichend in ihrem Tun widerspiegelt.

Ein weiteres Problem ist die klare Spaltung zwischen denjenigen, die die Angelegenheit herunterspielen, und denjenigen, die sich für sie einsetzen.

„Die Generalsekretariate verschiedener Studienzentren haben alle erkannt, dass das Thema polarisiert, und sind daher zutiefst besorgt. Diese Polarisierung ist Gift“, meint Airto und führt weiter aus:

„Auch wenn die Situation nicht so besorgniserregend ist, wie von den Medien dargestellt , halte ich es für etwas Natürliches, dass ich versuche, mich um die Umwelt und Natur in meiner Nähe zu kümmern. Ich möchte lieber für die Natur sorgen, statt sie auszunutzen und so weit wie möglich zu beanspruchen.“

Eine nachhaltige Zukunft verlangt, das Wohlbefinden von der übermäßigen Nutzung der natürlichen Ressourcen zu trennen. Uns dadurch lähmen zu lassen, wird nichts nützen – doch wir können das Leben weiterhin genießen, wenn wir lernen, wie wir dies auf umweltfreundliche Weise tun können.


Text: Linda Juntunen
Fotos: Bildungszentrum Visio


Dieser Blog-Beitrag ist Teil der von Januar bis März durchgeführten nordischen EPALE-Mini-Reihe zum Thema „Erwachsene und Umweltbewusstsein“. Die Themen des Blogs in dieser Reihe sind: Entwicklung von Umweltbewusstsein im Erwachsenenalter, Übernahme einer nachhaltigen Lebensweise, Umweltmaßnahmen von Arbeitsgemeinschaften, Organisationen und ganzen Städten sowie Bemühungen um die Vermittlung von Umweltbewusstsein.

Über die Autorin: Linda Juntunen ist freiberufliche Journalistin und fotografiert neben dem Schreiben auch. Von 2017-2019 war sie als Leitende Programmberaterin der finnischen Nationalen Bildungsagentur zuständig für den Internationalisierungsdienst im Bereich Allgemeine und Berufliche Bildung. Juntunen hat einen Master in Erwachsenenbildung und liebt das internationale Leben.

 Lesen Sie auch den Blogbeitrag "Anhaltender Wandel" aus dieser Serie!

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