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Energie, die verbindet

Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende als Ausdruck der Energiebürgerschaft.

TreeImage.
SprachUnion Chemnitz

Der Originalbeitrag wurde ursprünglich von Dorota Gierszewski auf polnisch veröffentlicht. 

Lesezeit: 4 Minuten – liken, teilen, kommentieren!


Wie kann das Thema Energie durch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger aktiv beeinflusst werden? Was bedeutet die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern für Entscheidungen im Energiebereich?

Energiebürgerschaft – was ist das eigentlich?

Die Rolle, die Bürgerinnen und Bürger im Hinblick auf Themen wie Energieverbrauch und Energieerzeugung einnehmen, findet immer größere Beachtung. Das Konzept der Energiebürgerschaft basiert sehr auf (oft lokalen) Gemeinschaften und schließt auch die tatsächliche Entscheidungsfindung im Energiebereich mit ein[1]. In jüngster Zeit umfasst das Konzept zunehmend auch das Bewusstsein für die Verantwortung im Hinblick auf den Klimawandel und die Handlungsspielräume, die im Energiebereich zur Verfügung stehen. Das Konzept verbindet Rechte und Pflichten auf Grundlage nachhaltiger Prinzipien wie Teilhabe, lokalem Handeln, Gleichheit, Gerechtigkeit und der Vermeidung von Energiearmut.

Na czarnej planszy narysowana kula ziemska. Na jej tle biłay napis: One world

Pexels/Markus Spiske

Die Energie- und Klimastrategie der EU zielt darauf ab, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Sie geht mit einem gestiegenen Bewusstsein für die Notwendigkeit einer raschen, fairen und integrativen Energiewende einher. Diese Strategie ist nur schwer umsetzbar, wenn die Bürgerinnen und Bürger keine erneuerbaren Technologien einsetzen, keine lokalen Initiativen unterstützen und sich nicht aktiv an Energiegemeinschaften oder politischen Entscheidungen beteiligen.

Die Grundsätze sind wohlbegründet und beinhalten eine klare Abkehr von der Behandlung der Bürgerinnen und Bürger rein als passive Verbraucher:innen hin zu einer dynamischeren Beziehung, in der aktive Energiebürger:innen die Verantwortung für Energieerzeugung und -verbrauch übernehmen.

Energiebürgerschaft ist ein lösungsorientiertes Konzept, das auf die Forderungen nach einer raschen Dekarbonisierung des Energiesektors reagiert. Es umfasst Einzelmaßnahmen zu partizipativen Modellen von Energieverbrauch und Energieerzeugung.

Energiegemeinschaften

Im Paket „Saubere Energie für alle Europäer“ wurde das Konzept der „Energiegemeinschaften von Bürgerinnen und Bürgern“ eingeführt. Dies basiert auf:

  • der Schaffung von Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger, sich aktiv an der Energiewende zu beteiligen,
  • der Anerkennung der Vorteile niedrigerer Energiekosten für die Gemeinschaft und der Verringerung der Treibhausgasemissionen,
  • der Förderung der lokalen Entwicklung und Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort.

Die Mitglieder solcher Gemeinschaften sollen Investitionen gemeinsam tätigen und verwalten – sowohl in Bezug auf die Erzeugung und den Verbrauch als auch auf die Verteilung der erzeugten Energie (es geht also nicht nur darum, z. B. Sonnenkollektoren auf einzelnen Gebäuden anzubringen). Die lokale Energieerzeugung wird oft mit der Idee in Verbindung gebracht, das Monopol großer Unternehmen zu bekämpfen, aber sie bringt auch viele Vorteile mit sich, wie etwa niedrigere Energiepreise und Arbeitsplätze vor Ort. Initiativen dieser Art führen auch zu einem Anstieg des Sozialkapitals. Gemeinschaftliches Handeln stellt den Glauben an Werte wie Solidarität und Empathie wieder her und schafft ein Gefühl von Handlungsfähigkeit und Einigkeit im Hinblick auf gemeinsame Ziele.

Inklusivität versus Energiegerechtigkeit

Das Konzept ist in den letzten Jahren eindeutig vorangekommen und hat eine gute Entwicklung genommen. Es gibt aber auch kritische Stimmen. Während der Fokus darauf lag, Bürgerinnen und Bürger in die flexible Bereitstellung von Energie einzubeziehen, blieben die Bedürfnisse derjenigen unberücksichtigt, die nicht über die finanziellen oder sozialen Ressourcen verfügen, um in flexible Technologien zu investieren oder ihre Verhaltensweisen zu ändern (ältere Menschen, chronisch Kranke, Menschen mit geringem Einkommen).

Im Rahmen zahlreicher Debatten zum Thema Nachhaltigkeit hat sich das Konzept der „Energiegerechtigkeit“ herausgebildet, das die „menschliche Dimension“ (Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit) dieser Thematik in den Mittelpunkt stellt. Klimagerechtigkeit zielt darauf ab, den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Menschenrechten herzustellen. Energiegerechtigkeit ist ein dynamischer und sich kontinuierlich weiterentwickelnder Forschungsbereich.

Soziale Bewegungen versus neue Formen der Energiebürgerschaft

Auf der ganzen Welt haben sich verschiedene Bewegungen für Klimagerechtigkeit gebildet. Darüber hinaus ist die Vernetzung ein wesentliches Merkmal der sozialen Bewegungen. Sie ermöglicht es Menschen und Organisationen, die im Rahmen bestimmter Zielsetzungen (in diesem Fall der Energiewende) tätig sind, sich zu organisieren und auf gemeinsame Ziele hinzuarbeiten (und dabei ein neues, gesellschaftlich wertvolles Energiemodell mitzugestalten). Soziale Bewegungen stellen auch eine Form der Solidarität auf Grundlage einer gemeinsamen Identität dar. Außerdem können sie Wissen schaffen und Bildungsmöglichkeiten eröffnen. Dieses neue Wissen wird dann in kollektiven Lernprozessen vermittelt und aufgenommen.

Aktive Energiebürger:innen könnten demnach als Teil einer größeren Bewegung aus „Repräsentant:innen des Wandels“ angesehen werden, die dezentrale und demokratische Energiemodelle fördern.

Die Ausweitung der Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern stützt sich auf eine Vielzahl bestehender Strukturen in den Gemeinden, wie lokale Aktionsgruppen oder Kooperativen. In mehreren europäischen Ländern wie den Niederlanden, Deutschland und dem Vereinigten Königreich ist eine rasch wachsende Anzahl von Basisgruppen festzustellen, die es sich zum Ziel gemacht haben, Kapazitäten zur Energieerzeugung lokal zu fördern. In Polen gibt es Potenzial für die Entwicklung solcher Initiativen.


Dr. hab. Dorota Gierszewski – Universitätsdozentin, Forscherin, Ausbilderin, Gemeindeorganisatorin, Andragogin. Sie arbeitet an der Jagiellonen-Universität als Leiterin der Abteilung für Sozialpädagogik und Andragogik und interessiert sich für Fragen der informellen Erwachsenenbildung, Bürgerschaft, Migration und Interkulturalität. Sie führt Forschungs- und Bildungsprojekte im Bereich der sozialen Aktivierung von Erwachsenen durch und arbeitet mit Nichtregierungsorganisationen zusammen, die sich für lebenslanges Lernen, die Förderung einer pro-sozialen und bürgerorientierten (bürgerschaftlichen) Einstellung sowie für nationale und ethnische Minderheiten einsetzen.


Bibliographie:

[1] Ryghaug, M., Skjølsvold, T. M., & Heidenreich, S. (2018). Creating energy citizenship through material participation. Social Studies of Science48(2), 283–303. https://doi.org/10.1177/0306312718770286.

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