Demokratien stärken durch politische Bildung
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Der Originalbeitrag wurde von Panagiotis Chatzimichail auf Englisch verfasst.
Die Bedeutung des Demokratiebegriffs hat sich im Vergleich zu Aristoteles’ Zeit im alten Griechenland bis ins heutige 21. Jahrhundert sowohl in Europa als auch auf der ganzen Welt schon oft verändert. Heutzutage beruht die Demokratie in erster Linie auf der Rechtsstaatlichkeit, die verschiedene Institutionen, politische Rechte und den partizipativen Rahmen politischer Entscheidungen – entweder durch gewählte Vertreter:innen oder durch den direkten Einfluss von Bürger:innen – miteinander verbindet. Dennoch ist dieses System, auch wenn es repräsentativ und partizipativ sein soll, sehr verletzlich – wie wir im Laufe der Menschheitsgeschichte schon oft gesehen haben.
Es gibt jedoch mehrere Möglichkeiten, ein demokratisches System zu stärken und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass sowohl bestehende als auch neu auftretende Bedrohungen entsprechend berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang soll eine Stelle aus der Kampagne des Europarats „Demokratie hier. Demokratie jetzt“ zitiert werden:
„Die einzige Antwort auf die Probleme unserer Demokratie ist noch mehr Demokratie: Demokratie ist ein kontinuierlicher Demokratisierungsprozess. Das Lernen über und für die Demokratie, die Unterstützung und Anerkennung von Strukturen und neuen Formen der Jugendpartizipation sowie die Erschaffung eines begünstigenden Umfelds für die jugendliche Zivilgesellschaft bleiben zentrale Handlungsfelder.“
Es gibt eine Vielzahl von Institutionen und internationalen Gremien, die sich mit den Themen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit befassen. Obgleich der Europäischen Union schon häufiger ein Demokratiedefizit vorgeworfen wurde, unternimmt sie doch durch Gesetzesinitiativen und den Einsatz von Finanzmitteln große Anstrengungen, um stärkere Demokratien zu fördern und um das Funktionieren dieser Demokratien innerhalb und außerhalb der Union zu unterstützen. Dies wird unter anderem durch die Priorität der EU-Kommission für 2019-2024 „Neuer Schwung für die Demokratie in Europa“ deutlich: „An der Demokratie muss jeden Tag aufs Neue gearbeitet werden, und dafür müssen alle frei sprechen dürfen.“
Ein gemeinsames Element, das in den verschiedenen Initiativen auf unterschiedlichen Ebenen und von den unterschiedlichen Akteuren als entscheidend angesehen wird, ist Lernen und Bildung, genauer gesagt die sogenannte Civic and Citizenship Education (politische Bildung und demokratische Erziehung). Dazu finden Sie im Folgenden eine Reihe von Empfehlungen, die die politische Bildung und demokratische Erziehung über verschiedene Dimensionen hinweg miteinander verbinden, um letztendlich stärkere Demokratien zu ermöglichen.
Lebenslanges Lernen – Grenzen der formalen Bildung überwinden
Ein Standpunkt in den Ansichten und Positionen des Europäischen Jugendforums lautet: „Politische Bildung sollte ein dynamischer Lernprozess sein, der an den jeweiligen Kontext und an die Lernenden angepasst ist. Sie muss sich an unseren Werten orientieren und die Lernenden, zu denen vor allem junge Menschen gehören, das Wissen und das Verständnis, die Fähigkeiten und die Einstellungen vermitteln, die sie brauchen, um nicht nur ihre eigenen Rechte wahrnehmen zu können, sondern auch im weiteren Sinne einen Beitrag zur Gemeinschaft und zur Gesellschaft im Allgemeinen zu leisten und mit Empathie, Fürsorge und Blick auf künftige Generationen zu handeln.“ (Youth organisations contribution to citizenship education, 2016)
Dieses Zitat wurde natürlich nicht zufällig ausgewählt. Der Schwerpunkt liegt zwar erwartungsgemäß auf jungen Menschen und Jugendlichen, doch das Thema kann für alle Mitglieder einer Gemeinschaft, über verschiedene Gruppen und Gesellschaften hinweg, relevant und nachvollziehbar sein. Es ist wichtig, dass es sich um einen dynamischen Lernprozess handelt, der nicht nur auf das formale Bildungssystem beschränkt ist und nicht nur dort stattfindet.
Natürlich ist es von großer Bedeutung, die Qualität der politischen Bildung und der demokratischen Erziehung in der formalen Bildung sicherzustellen, doch sollte dabei auch die Rolle des nicht-formalen und informellen Lernens gewürdigt werden, indem Lehrkräfte außerhalb des formalen Bildungssystems unterstützt werden. Lernen und Lernmöglichkeiten sind und sollten das ganze Leben lang verfügbar sein. Daher sollten die politische Bildung und die demokratische Erziehung mit ihren Lernkomponenten als integraler Bestandteil des lebenslangen Lernens anerkannt werden.
Verstärkung von Bildungsangeboten – Vielfältige und inklusive Gesellschaften fördern
Die Vermittlung von politischer Bildung und demokratischer Erziehung kann je nach Qualität des Prozesses, den Fähigkeiten der Lehrenden, dem Hintergrund des Zielpublikums usw. zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Um die Wirkung und den Wert dieses Prozesses zu erhöhen, ist es wichtig, einen auf Rechten basierenden Ansatz zu verfolgen und auf anderen Bereichen aufzubauen, die die Bemühungen um ein demokratisches Leben und eine aktive Bürgerschaft unterstützen. Dazu gehören unter anderem:
- Menschenrechtsbildung
- Bildung für eine nachhaltige Entwicklung
- Friedensbildung
- Interkulturelle Bildung
Diese verschiedenen Bereiche sind miteinander verknüpft und verstärken sich gegenseitig, so dass ein befähigenderer Lernprozess gefördert wird. Ein Prozess, bei dem die Menschen nicht nur ein besseres Verständnis entwickeln, sondern auch die Möglichkeit haben, kritisch zu sein und Einstellungen und Gewohnheiten zu hinterfragen. Man muss einen Raum schaffen, der mithilfe eines umfassenderen Prozesses zwischenmenschliche Dialoge fördert. Einen, der die Intersektionalität einbezieht und in Inklusion investiert. Auf diese Weise sollen die Menschen nicht nur dabei unterstützt werden, verschiedene Demokratieelemente zu verstehen, sondern sie sollen auch darauf aufbauen können, wie diese in ihrer Lebenswelt erlebt und praktiziert werden.
Schlüsselkompetenzen – Eine aktive Bürgerschaft und eine demokratischen Kultur stärken und fördern
Unsere Gesellschaft steht vor verschiedenen Herausforderungen und Bedrohungen, und in Zukunft sind noch weitere zu erwarten. Daher ist es sowohl auf individueller als auch auf kollektiver Ebene wichtig, dass wir lernen, wie wir diese Bedrohungen besser erkennen und die Herausforderungen bewältigen können. Um dies zu erreichen, müssen wir bestimmte Kompetenzen entwickeln, die Werte, Einstellungen, Fähigkeiten, Wissen und ein kritisches Verständnis miteinander verbinden (weitere Einzelheiten hier: CoE - KOMPETENZEN FÜR EINE DEMOKRATISCHE KULTUR).
Digitale Demokratie – Die Welt ist mehr als das, was wir sehen
Wir gehen noch einen Schritt weiter: Unser Leben ist mittlerweile eng mit dem digitalen Raum verbunden. Wenn wir also von stärkeren Demokratien sprechen, ist es wichtig, dass auch unser digitales Engagement auf einen demokratischeren und sichereren digitalen Raum abzielt. In diesem Fall ist ein Zitat aus dem UNESCO-Bericht „Advancing Artificial Intelligence-Supported Global Digital Citizenship Education“ besonders passend:
„Global Digital Citizenship Education sollte die Lernenden zu eigenem Handeln inspirieren und sie dazu bringen, sich aktiv für die Verbesserung der Welt einzusetzen. Parekh (2003) vertritt die Auffassung, dass Global Citizenship das handlungsbasierte Lernen erleichtert, bei dem drei Hauptkomponenten im Mittelpunkt stehen: konsequentes, reflektiertes Hinterfragen des eigenen Landes und seiner Politik, aktives Interesse an den Angelegenheiten anderer Länder und aktives Engagement [...]. Die Lernenden müssen Denkweisen, Fertigkeiten und Fähigkeiten zum kritischen Denken entwickeln, die zu ihrer Handlungsfähigkeit beitragen (Lindsey, 2021). Zusammengenommen geben diese Fähigkeiten und Denkweisen den Lernenden die Möglichkeit und die Erkenntnis, dass sie ihre Gedanken, Stimmen und digitalen Identitäten durch digitale Erfahrungen aktiv entwickeln können und dass sie die Macht haben, diese Erfahrungen und dieses Wissen zu nutzen, um mit der Welt um sie herum zu interagieren (Lindsey, 2021).“
Diese Empfehlungen und ihr Inhalt sind allerdings nur ein kleiner Teil der Arbeit, die notwendig ist, um unsere Demokratien weiter zu stärken. Es ist wichtig zu verstehen, dass schwierige Zeiten nicht immer schwierige Maßnahmen erfordern. Es ist zudem wichtig, dass wir kontinuierlich investieren und uns so vorbereiten, dass unsere Gesellschaften gemeinsam schwierige Zeiten überwinden können. Und es ist wichtig, dass wir die aktive Bürgerschaft fördern, in lebenslanges Lernen und politische Bildung investieren und vor allem zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass unsere Demokratien stärker werden.
Weitere nützliche Ressourcen:
Kommentar
Tekst szczególnie aktualny w…
Tekst szczególnie aktualny w toczącej się obecnie debacie publicznej w Polsce. Mamy wybory i politycy przekrzykują się różnymi obietnicami. Niestety Bardzo niewielu zwraca uwagę na rolę i znaczenie konsekwentnie realizowanej edukacji obywatelskiej. Wzmacnianie kompetencji społecznych, politycznych i obywatelskich to inwestycja w przyszłość. Niestety dobrze realizowana odbywa się w tle, bez fajerwerków. Musi dojrzewać - jak dobre wino. Polityka chyba nie lubi wina...
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Reinforcing education.
Thank you for the article. We need education, education, education at every stage of our lives. And people empowerment.
I like this sentence much:
"Democracies must be worked on and renewed every single day, and this requires citizens to be empowered to speak up.”
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Démocratie et éducation des adultes
Merci Pete pour cet excellent article, complet. Tu reprends des éléments du Conseil de l'Europe.
J'ai la chance de faire partie comme expert représentant Lifelong Learning Platform d'un groupe de travail sur l'éducation à la démocratie dans les formations professionnelles. En mai 2023 (les 15 et 16), il y aura un événement de praticiens et d'experts sur VET and Democracy Education.
Restons en contact.
David LOPEZ
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Very interesting article…
Very interesting article with many convincing references, thanks a lot
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Very interesting @Panagiotis…
Very interesting @Panagiotis Chatzimichai! Adding to this, according to PIAAC reports (i.e., Desjardins, 2015), adults with lower literacy levels and academic backgrounds are less likely to participate in adult education programmes. This underscores the need for more targeted, inclusive, and accessible education policies that cater to diverse backgrounds and skill levels.
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edukacja obywatelska od zaraz
Dyskusja w tym temacie jest niezwykle aktualna i ważna. Należy podejmować działania zarówno systemowe i formalne tj. zastąpienie przedmiotu HiT w szkołach edukacją obywatelską uczącą demokracji, zaangażowania, dialogowania, wolontariatu itd., jak również podejmowanie inicjatyw nieformalnych przez różne organizacje społeczne. Mam nadzieję na opracowanie programu wspierania aktywności i edukacji obywatelskiej młodzieży, który będzie uwzględniał i finansował różne instrumenty oddziaływania