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Lernen wir wirklich mehr, wenn wir #Erwachsenenbildung immer stärker formalisieren?

Simon Broek zu der Frage, warum informelles und nicht formales Lernen ebenfalls ihre Vorteile haben

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Ich möchte ein paar kritische Anmerkungen zu der Unterscheidung zwischen formalem, nicht formalem und informellem Lernen machen. Mir geht es hier nicht so sehr um die Unterscheidung an sich (über die kann man ohnehin streiten), sondern um die Tendenz, etwas zu formalisieren, was eigentlich nicht formal und informell ist.

Manchmal zerfallen Dinge, wenn man versucht, sie in eine Form zu bringen und zu definieren. Nehmen wir zum Beispiel ein Kunstwerk, das uns bewegt, oder ein Theaterstück, das uns inspiriert. Können wir wirklich all das in Worte fassen, was da auf der Leinwand dargestellt wird oder auf der Bühne vor sich geht? Es ist durchaus möglich, dass ein Kunstwerk weniger schön, weniger wertvoll oder weniger inspirierend oder bedeutsam erscheint, sobald man versucht, es in Worte zu fassen (ich habe noch nie erlebt, dass jemand in Tränen ausgebrochen wäre, als er die Zusammenfassung einer Oper oder die Rückseite eines Buchumschlags gelesen hat).

Dieses Thema will ich nicht weiter vertiefen (wenn es Sie interessiert, dann lesen Sie bei Google unter Hans-Georg Gadamer nach). Aber auch für das Lernen gilt: Können wir wirklich voll und ganz mit Worten erfassen, was Lernende gelernt haben? Wahrscheinlich nicht. Und wir alle verstehen das auch. Aber trotzdem versuchen wir, Lernen auf jede Art zu formalisieren und zu definieren.

Formal, nicht formal oder informell? Wo liegt der Unterschied?

Zunächst einige Erläuterungen zur Auffrischung der Terminologie. Die Europäische Kommission unterscheidet in ihrem Memorandum über lebenslanges Lernen (EK 2000) zwischen:

  • formalem Lernen, das zu anerkannten Abschlüssen und Qualifikationen führt. Formales Erwachsenenlernen wird in öffentlichen Bildungseinrichtungen für junge Menschen angeboten oder in öffentlichen Einrichtungen speziell für Erwachsene, von Nichtregierungsorganisationen, in Gemeindezentren und von kommerziellen Anbietern.
  • Nicht-formales Lernen führt nicht unbedingt zum Erwerb eines formalen Abschlusses. Nicht-formales Lernen findet an einer Vielzahl von Stellen statt, in formalen Bildungseinrichtungen, aber auch in gemeinnützigen privaten Einrichtungen, einschließlich Organisationen der Zivilgesellschaft. Also etwa in: offiziellen Bildungseinrichtungen wie Schulen, Colleges und Hochschulen; Community Colleges, Bildungsverbänden, Volkshochschulen, Bildungseinrichtungen von Kirchen, Gewerkschaften, politischen Parteien oder Handelskammern, Berufsverbänden, Unternehmen, Unternehmerverbänden, kommerziellen Einrichtungen oder Ausbildungsbetrieben; in Einrichtungen von Organisationen der Zivilgesellschaft; öffentlichen und privaten Museen und Bibliotheken; Gemeindezentren, Kultur- und Freizeitzentren. Nicht-formales Lernen ist auch möglich über Fernunterricht, über virtuelle Medien und über eine Vielzahl anderer Formen.
  • „Informelles Lernen ist eine natürliche Begleiterscheinung des täglichen Lebens. Anders als beim formalen und nicht-formalen Lernen handelt es sich beim informellen Lernen nicht notwendigerweise um ein intentionales Lernen, weshalb es auch von den Lernenden selbst unter Umständen gar nicht als Erweiterung ihres Wissens und ihrer Fähigkeiten wahrgenommen wird.“

Trends zur Formalisierung des Lernens

Es gibt eine zunehmende Tendenz zur Formalisierung des Lernens. Die bekannteste Entwicklung ist die Festsetzung von Qualifizierungsrahmen und die Akkreditierung von früher erworbenen Kenntnissen. Beide Initiativen stützen sich auf die Annahme, dass Lernen in Form von Lernergebnissen beschrieben werden kann.

Sicherlich ist es nicht schlecht, wenn man in Form von Lernergebnissen denkt. Es könnte zum Beispiel klären, was die Menschen lernen; es fördert die Entwicklung von Lernprogrammen; es ermöglicht die Anerkennung von erworbenen Kenntnissen anhand geltender Standards.

Aber lernen wir wirklich mehr, wenn wir das Lernen formalisieren?

Wenn wir Lernen immer stärker in Form von Lernergebnissen definieren, dann vergessen wir häufig, dass ein großer Teil des Lernens gar nicht definiert werden kann. Und das führt zu einem sehr begrenzten Konzept von Lernen.

Was nicht gezählt werden kann, zählt! Sollten wir daher nicht lieber den umgekehrten Weg gehen? Wenn wir Lernen und Leben wirklich integrieren wollen, dann sollten wir vielleicht die Dinge weniger formalisieren: Wir sollten das Lebens- und Arbeitsumfeld zu einer Lernumgebung machen, und zwar, ohne dass die Lernenden sich bewusst werden, dass sie neues Wissen, neue Kompetenzen und neue Fähigkeiten erwerben.

Wenn wir das tun, lernen wir alle etwas mehr – selbst wenn dieses Lernen nicht in Lernergebnisse formalisiert werden kann.

____________

Simon Broek war an mehreren europäischen Forschungsprojekten zu Bildung, Arbeitsmarktfragen und dem Versicherungswesen beteiligt. Er hat die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und europäische Agenturen zu Fragen im Bereich Bildungspolitik, lebenslanges Lernen und Arbeitsmarkt beraten und ist geschäftsführender Gesellschafter im Ockham Institute of Policy Support

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Kommentar

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Claudio MARQUES
Mi., 14.09.2016 - 17:40

Yes. In my opinion it's important to formalise the learnings. Adults want it and they feel that it's more serious if we do it on this way. Otherwhise they feel that they dont need to send them kids to school. We just has to see how we formalise the process but it's very important that it's clear.

On my professional experiences with adults the point was always if we need to transform an experience more than this. If the experience is enought in the knowledge process.

 

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Andrew MCCOSHAN
Mo., 16.02.2015 - 18:19

Simon, your interesting idea about the formalising effect of learning outcomes points to an interesting question about the potential for learning outcomes to impact upon the learning process. Of course, one of the premises on which learning outcomes have been implemented is that they are “neutral" with respect to the type of learning leading to them. But it is known that assessment methods can have what is called a “backwash" effect on both what is taught (the curriculum) and how (pedagogy). So the same may be true of learning outcomes if, as you suggest, they are a force for formalisation. Learning outcomes vary quite a lot across Europe in terms of their “granularity" (for example, how many hours it takes to achieve a given learning outcome) and how they are written (for example, whether they break down a skill or competence in great detail or are more holistic). Therefore we might ask: might specific and more detailed learning outcomes have a more formalising effect on adult learning than others? If the answers is 'yes' this would indeed be an interesting development, since it would be an unintended consequence of their use and run counter to their intention. I guess in many countries it is far too early to tell but perhaps it should be monitored. It would be interesting to know what light members of the platform community could shed on this from their experience.
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Christin CIESLAK
Do., 12.02.2015 - 18:51

I can only agree on the remarks given in the article above. Formalisation is a highly important topic of the field of adult education. As I have analysed the effects of a learning offerings (Grundtvig Learning Partnerships) myself, I am convinced about of the efficaciousness of potential learning environments with a small extent of formalisation have for adult learner.

It is not only that these kind of learning offerings are highly individualized - that is to say, customised on a level you barely create by keep formalising learn settings but also that they imply a very low-threshold access to education.

Accordingly, there is a risk in overemphasising the need for more regulation and formalisation, which ought not be underestimated. Developing common educational standards in Europe by sharing values and norms is an important instrument to achievement greater equality of opportunity and comparable results in education. But in so doing, the need for individual access to and treatment in education must not be lost from sight.

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Moim zdaniem, jak najbardziej zasadne jest uwzględnienie podziału uczenia się na formalne, nieformalne oraz pozaformalne. Takie rozróżnienie pozwala na dogłębną analizę oraz dostrzeganie perspektyw i możliwości rozwoju edukacyjnego jednostek zarówno w instytucjach formalnych, organizacjach pozarządowych, a także w procesie doświadczeń związanych z życiem codziennym uczestników procesu edukacyjnego. Formalizacja edukacji niesie ze sobą szansę opracowania i uporządkowania ram kwalifikacji, wiedzy i doświadczeń jednostek biorących udział w procesie kształcenia. Zgadzam się z autorem w kwestii postępującego procesu formalizacji efektów edukacji, żyjemy w czasach, kiedy największe znaczenie przypisuje się formalnym potwierdzeniom uczestnictwa w kolejnym etapach procesu edukacyjnego - dyplomom czy certyfikatom. Taka próba nadawania ram kwalifikacji niesie jednak za sobą ryzyko pominięcia efektów uczenia się, które trudno zmierzyć lub takich, których formalne potwierdzenie jest niemożliwe. Wskutek owego postępowania umniejszona zostaje rola i ranga wiedzy, umiejętności i doświadczeń zdobytych na drodze procesu niezamierzonego, bezpośrednio związanego z doświadczaniem życia codziennego, które również niesie za sobą zdobywanie osiąganie kompetencji i kwalifikacji - równie istotnych i rozwojowych, jednak niemożliwych do formalnego potwierdzenia ich kształtowania i rozwoju. Uważam więc, że przypisując dużą rolę uczeniu się formalnemu oraz przy założeniu, że uczenie się definiują jego efekty, należy jednocześnie baczniej obserwować uwarunkowania oraz efektywność także uczenia się w nieformalnym procesie edukacji. Być może dokładniejsze skupienie się na nieformalnych elementach procesu edukacyjnego pozwoli w przyszłości na stworzenie narzędzia umożliwiającego badanie oraz charakterystykę kwalifikacji i kompetencji zdobytych na tej właśnie drodze rozwoju i edukacji...
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