Die Second Chance School führt junge Erwachsene in die Arbeitswelt ein

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Der Originalbeitrag wurde ursprünglich von EPALE NSS Sverige auf schwedisch veröffentlicht.
Seit 23 Jahren unterstützt die Second Chance School (Schule des zweiten Bildungsweges) in Norrköping/Schweden junge Erwachsene bei einer individuellen Berufsausbildung. „Unser Ziel ist es, sie fit für den Arbeitsmarkt zu machen, sodass sie nach ihrer Zeit bei uns eine Stelle finden oder ein Studium aufnehmen können“, sagt Schulleiterin Ann-Sofie Björde.
Das beliebte Programm richtet sich an junge Erwachsene, die eine weiterführende Schule besuchen, oder an Langzeitarbeitslose ohne vollständigen Gymnasialabschluss. An der Second Chance School (SCS) können sie sich für eine maßgeschneiderte Berufsausbildung in einem ausgewählten Betrieb bewerben und dabei von dem Coaching und der Fachkompetenz der Schule profitieren. An drei Tagen in der Woche sind die Schüler:innen an ihren Arbeitsplätzen, an den anderen beiden Tagen in der Schule.
„Beim Fachwissen kann es sich um Berufstheorie handeln, z. B. Lebensmittelhygiene, Theorie für Gabelstaplerfahrer:innen oder um alles, was die jeweiligen Personen sonst benötigen, um ihr persönliches Ziel zu erreichen. Im Laufe der Jahre hat die SCS in Norrköping ein solides Netz von Ausbildungsplätzen aufgebaut. Wir verfügen über Kontakte zu Restaurants, Glasereien, Pflegeheimen, Druckereien, Abrissunternehmen, Handwerksbetrieben, Reifenwerkstätten und Hotels“, sagt Ann-Sofie Björde.
Tutor:innen entwickeln gemeinsam mit den Lernenden einen individuellen Plan und verfolgen ihre Entwicklung am Arbeitsplatz und in der Schule, um die Qualität zu gewährleisten und einen erfolgreichen Abschluss sicherzustellen.
Die größte Herausforderung als Lehrkraft an der SCS
Das Interesse der Schüler:innen zu wecken und ihnen den Sinn und Zweck der SCS zu vermitteln, stellt für die Lehrkräfte der Schule eine große Herausforderung dar. Viele Schüler:innen saßen bereits einige Zeit untätig zu Hause, bevor sie zur SCS kamen. Es ist viel Arbeit notwendig, um diesen Schüler:innen Selbstvertrauen zu vermitteln und ihnen zu zeigen, dass ihnen der Weg zu einer Arbeit oder einem Studium offen steht.
„Wir sagen: Diese Schule ist härter als eine normale Schule. Von unseren Schüler:innen wird viel verlangt. Sie werden ausgewählt, weil sie sich beworben haben und angenommen wurden. Es ist besonders wichtig, ihnen das klarzumachen. Sie haben das Auswahlverfahren bestanden – was schon einmal nicht einfach war. Wir arbeiten an ihrem Selbstbewusstsein, ihrer Selbstwahrnehmung, ihrem Gesundheitsbewusstsein und ihren sozialen Kompetenzen, damit sie nach und nach reif für das Erwachsenen- und Berufsleben werden“, sagt Pierre Driscoll, einer der Mentoren der Schule.
Seine Kolleginnen Gisela Lönn und Helene O'Donoghue stimmen ihm zu. Unterstützung, Respekt und ein gutes Verhalten sind integraler Bestandteil der Ausbildung. Die Lernenden benötigen Unterstützung in Bezug auf ihr Wohlbefinden, ihre Wohnsituation, Familie, Gesundheit und Finanzen. Alles um sie herum muss funktionieren, damit sie die Ausbildung innerhalb der Regelzeit absolvieren können. Ein Ausbildungsprogramm dauert etwa anderthalb bis zwei Jahre.
„Sie waren nicht in der Lage, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, und die herkömmlichen Studiengänge kommen für sie nicht infrage. Hier kommen wir ins Spiel. Entscheidend für die Motivation und das Engagement der Schüler:innen ist auch, sie im richtigen Unternehmen unterzubringen“, sagt Helene O'Donoghue.
Alle erfolgreichen Schüler:innen erhalten ein Ausbildungszertifikat als Nachweis, dass sie ihr Ziel erreicht haben und in ihrem Beruf einsetzbar sind.
„Im Jahr 2022 haben 23 Personen bei uns ihren Abschluss gemacht. Elf davon nahmen eine Beschäftigung auf, weitere sechs ein Studium. Das sind 74 %, bei denen der Plan zum Ziel geführt hat – ein gutes Ergebnis“, sagt Ann-Sofie Björde.
SCS in Norrköping als erste Schule ihrer Art in Schweden
1995 wurde das europäische SCS-Projekt ins Leben gerufen. 1998 beschloss die Regierung, dass Schweden sich beteiligen sollte, und 1999 wurde Norrköping mit der Aufgabe betraut. Ann-Sofie Björde war an der Gründung der SCS in Norrköping beteiligt. Zuvor war sie als Lehrerin an einer Mittelschule in einem Viertel mit vielen Schüler:innen tätig, die zusätzliche Unterstützung benötigten. Hier begann sie, sich für die Förderung dieser Schüler:innen zu interessieren.
Praktikum in Kopenhagen
Jedes Jahr absolvieren Schüler:innen der Schule ein Praktikum in einem anderen Land, häufig in Dänemark. Hierfür mietet die Schule in der Regel ein Haus oder eine Wohnung in Kopenhagen.
„Abends, wenn alle von ihren Praktikumsstellen zurückgekehrt sind, treffen wir uns zum gemeinsamen Kochen und sprechen über ihre Erfahrungen. Es werden neun verschiedene Berufe und Praktika angeboten, so dass diese Treffen für alle spannend sind. Wir sprechen viel darüber, wie wichtig es ist, die Sache ernst zu nehmen, sowohl in Bezug auf das Lernen in der Schule als auch was die Praktika im Berufsleben angeht, und dass man nicht an der falschen Stelle sparen darf“, sagt Pierre Driscoll.
Die Second Chance School hat außerdem im Rahmen des europäischen Netzwerks E2C-Europe die Möglichkeit, sich auf internationaler Ebene zu engagieren. Den Schüler:innen werden mehrwöchige Praktika im Ausland und die Teilnahme am jährlichen „Youth Summit Meeting“ angeboten, einem Treffen mit Teilnehmer:innen von Schulen des zweiten Bildungsweges aus ganz Europa.
„Das E2C-Europe-Netzwerk ist für uns der Silberstreif am Horizont. Wir treffen Kolleg:innen und Lernende in Europa beim Studium, bei Fortbildungen, Tagungen und Studierendenpraktika. In Frankreich gibt es 139 Schulen mit 15.000 Lernenden, in Spanien 43 Schulen mit 8.000 Lernenden, und Portugal gehört als neues Land ebenfalls zu diesem Netzwerk. Es eröffnet uns viele Chancen und Austauschmöglichkeiten, die wir nutzen werden“, sagt Ann-Sofie Björde.
Für einen jungen Menschen verlief der Weg von der Untätigkeit zu Hause bis zum Eintritt in den Arbeitsmarkt besonders schnell. Bereits nach kurzer Zeit absolvierte er ein Praktikum in der Hotelbranche und hat sich seitdem immer positiver entwickelt. Er hat viel über sich selbst herausgefunden (unter anderem, dass es ihm leichtfällt, schnell und strukturiert zu arbeiten), und gelernt wie wichtig es ist, auf seine Gesundheit zu achten, um die harte Arbeit zu bewältigen. In diesem Sommer hat er sehr gute Berufsaussichten. Sein langfristiges Ziel ist es, in Dänemark zu arbeiten, sich in der Branche weiterzuentwickeln und schließlich auf eigenen Füßen zu stehen und sich selbständig zu machen.
„Man kann eine solche Ausbildung mit einer Reise vergleichen, und wenn man ans Ziel kommt, ist das einfach fantastisch. Dann haben wir alle unser Ziel erreicht“, sagt Ann-Sofie Björde.
reflections
Young adults sometimes need additional education, support (mentor) and work experience to find their place in life. Organized training in the work environment helps you understand your interests, abilities and needs. Positive results in the project indicate that the started work should be continued!