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Zusammen voneinander miteinander lernen – „learning communities“ als Methode der kollegialen Begleitung

Lerngruppen sind keine neuen Konzepte. Lies hier, warum learning communities gerade für Transformationsprozesse in Organisationen nützlich sind!

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Sabine Bertram

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Organisationsentwicklung als Herausforderung

Bildungsorganisationen sind stark gefordert. Nach der Krise ist vor der Krise – und gleichzeitig soll die Organisation weiterentwickelt werden, um künftige Herausforderungen besser bewältigen und idealerweise sogar proaktiv gestalten zu können. Punktuelle Fortbildungen z.B. zu Möglichkeiten der Digitalisierung, können zwar Informationen bieten, der Umsetzungsprozess muss dann vor Ort individuell in den entsprechenden Rahmenbedingungen umgesetzt werden.

Gefühlschaos in der Belegschaft

Mitarbeitende in Bildungseinrichtungen sehen sich in diesem Kontext häufig einem unüberwindbaren Berg an Aufgaben gegenüber: das Tagesgeschäft muss laufen und gleichzeitig müssen neue Strukturen und Prozesse entwickelt und natürlich auch implementiert werden. Diese Situation führt im Team zu unterschiedlichen Gemütslagen: Innovationsgeist und Vorfreude auf Neues mischt sich mit Unsicherheit, an einigen Stellen können sich auch Überforderung und massive Abwehr zeigen.

Changemanagement im Profit- und im Non-Profit-Bereich

Blickt man in Unternehmenskontexte, so werden entsprechende Transformationsprozesse in der Regel von internen Changemanager*innen begleitet oder es werden externe Organisationsberater*innen zu Rate gezogen. Denn gerade in Zeiten der Veränderung braucht es einen strukturierten Rahmen, in dem Entwicklung und Wachstum geschehen können. In Bildungseinrichtungen wie auch in anderen sozialen Einrichtungen stehen hingegen häufig noch nicht mal zeitliche Ressourcen für entsprechende Prozesse zur Verfügung, wie diese Diskussion auf Twitter zeigt. Auch finanzielle Möglichkeiten, einen Transformationsprozess umfassend begleiten zu lassen, stehen selten zur Verfügung.

“learning communities” als Lösung

Ein großes Potential bieten in diesem Kontext Methoden, die das Peer to peer Learning in den Fokus rücken. Nicht umsonst wird Kollaboration als eine der Zukunftskompetenzen im Rahmen des 4K-Modells benannt. Der große Vorteil gegenüber extern begleiteten Prozessen ist, dass entsprechende Lerngruppen niedrigschwellig selbst eingerichet werden können.

Learning communities bilden sich in unterschiedlichen Settings:

  • als Kollegiale Beratung oder Intervision, um konkrete Situationen mit Klient*innen zu reflektieren.
  • als Mastermind-Gruppe von Unternehmer*innen, um im vertrauten Kreis Herausforderungen thematisieren und voneinander lernen zu können.   
  • als Working Out Loud - Circle, um sich innerhalb von 12 Wochen in einer festen Gruppe zu unterstützen und das eigene Netzwerk auszubauen.
  • in sozialen Netzwerken, wo sich immer wieder entsprechende Initiativen bilden, wie z.B. #meinziel22

In allen Methoden, egal, aus welcher Historie heraus sie sich entwickelt haben, geht es um die (Weiter-)Entwicklung von Handlungskompetenzen, um den Transfer von Wissen in die eigenen Praxis und um die gegenseitige Motivation beim dranbleiben. Und das schöne: sie funktionieren sowohl in Präsenz als auch digital!

Methodische Basics von learning communities

Bei aller Methodenvielfalt gibt es gemeinsame Nenner, die alle Arten von learning communities gemeinsam haben:

  • Gruppengröße

Die Gruppengröße ist in allen Formaten begrenzt. Eine Teilnahmezahl von 4 – 7 Personen hat sich als besonders tragfähig erwiesen. Denn so ist die Gruppe groß genug, falls an einem Termin jemand fehlen sollte. Sie ist aber auch klein genug, so dass jede*r die eigenen Anliegen platzieren kann.

  • Gruppenzusammensetzung

Die Gruppe sollte aus Personen zusammengesetzt sein, die sowohl über Gemeinsamkeiten als auch über Unterschiede verfügen, so z.B. Führungskräfte aus verschiedenen Organisationen oder Fachkräfte aus diversen Abteilungen. Wichtig ist, dass alle voneinander lernen können und dass zugleich Vertrauen wachsen kann. 

  • Moderation

Bewährt hat sich, dass eine Person die Moderation einer Sitzung übernimmt. Sie achtet auf die Zeit, die Einhaltung der Struktur und dass alle Teilnehmenden Gehör finden.

  • Struktur

Jede Sitzung folgt einem bestimmten Schema. Es gibt einen Einstieg, ein Zeitfenster für die jeweiligen Anliegen, die Möglichkeit, organisatorische Fragen zu klären und einen Abschied. Diese Struktur sorgt für Transparenz und schafft Vertrauen. Bei einzelnen Methoden wie z.B. WOL ist auch der gesamte Prozess von Woche 1 bis Woche 12 durchstrukturiert.

  • Zeit

Hier gibt es verschiedene Ebenen: zum einen sollte jedes Treffen gleich lang sein. Zum anderen ist es sinnvoll, die Anzahl der Treffen zu begrenzen und auch die Abstände zwischen den Treffen etwa gleichgroß zu halten. Die Varianz ist abhängig vom Bedarf der Teilnehmenden und auch von der Methode. Wichtig ist die Verbindlichkeit, sich für den gewählten Zeitraum auf die Gruppe einzulassen.

  • Ziel

Ein Ziel ist aus zwei Gründen wichtig: zum einen definiert ein gemeinsames Gruppenziel den Grund, aus dem sich die Teilnehmenden in genau diesem Setting zusammenfinden. Zum anderen sollte jede*r Teilnehmende ein persönliches Ziel formulieren, welches im Rahmen der Treffen verfolgt werden soll. Beide Zielebene erhöhen die Motiviation und die Verbindlichkeit.

Variationen sind möglich

Neben diesen Basics für learning communities sind natürlich individuelle Ausgestaltungen möglich. So kann durchaus eine externe Moderation eingesetzt werden, damit alle Teilnehmenden sich gleichermaßen auf Ziel und Prozess konzentrieren können. Auch können die Gruppentreffen mit „Hausaufgaben“ gekoppelt werden, so dass alle Gruppenmitglieder verbindlich Schritt für Schritt die Umsetzung ihres Ziels verfolgen. Und natürlich können punktuell inhaltliche Inputs ergänzt werden wie z.B. Podcasts, Fachartikel oder Vorträge, die dann im folgenden Treffen thematisiert werden können. Der Kreativität sind keine Grenze gesetzt, das Format der learning communities auf die Bedürfnisse der Gruppe anzupassen.

Fazit

Die Begleitung von Transformationsprozessen muss nicht immer ressourcenintensiv erfolgen. Auch selbstgesteuerte Formate wie z.B. learning communities können einen großen Nutzen bringen, wenn sie einer gewissen Struktur und Verbindlichkeit folgen. Gerade im Bildungsbereich, wo pädagogische Fachkräfte täglich Konzepte entwickeln und Fortbildungsformate umsetzen, sollte sich die Implementierung entsprechender Lerngruppen gut gestalten lassen, um zusammen voneinander und miteinander zu lernen.


Über die Autorin

Sabine Bertram ist seit März 2021 EPALE-Botschafterin. In ihrem EPALE Blog "Lebenslanges Lernen und EPALE - warum das für mich zusammengehört" berichtet sie, warum ihr dieses Engagement persönlich so wichtig ist.

 

 

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Kommentar

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Maren Lohrer
Mo., 28.02.2022 - 10:46

Hallo Sabine, besten Dank für den Beitrag! Learning communities sind ein spannendes Thema und ich finde den Transfer hin zu Organisationen / Chance Management sehr gelungen. Du zeigst, dass es hier viel Potential zu heben gibt!
Mich würden zusätzlich noch folgende Punkte interessieren: 1. Welche Rolle spielt der Faktor „Hierarchie“ in der Lerngemeinschaft? 2. Wie funktioniert der Wissenstransfer von der Lerngemeinschaft ins Unternehmen? (Wie) Werden die Ergebnisse „ernst genommen“? 3. Und (klingt banal, kann aber durchaus für die Teilnahme an einer Job-Lerngemeinschaft entscheidend sein): Innerhalb oder außerhalb der Arbeitszeit?

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