Übergang zur Kreislaufwirtschaft: die Rolle der Bildung von Schule bis Hochschule

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Originalsprache: Englisch
Schulen und Universitäten müssen sowohl theoretische Kenntnisse über Kreislaufwirtschaft vermitteln als auch außerhalb der Klassenräume und Hörsäle praktisch die gesellschaftliche Kultivierung von Nachhaltigkeitsmentalität und umweltverantwortlichem Bürgersinn unterstützen.

Socrates and Platon from School to University by Dr. Volker Ludwig (CC-BY 4.0)
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Kreislaufwirtschaft: Ein alternatives Wachstumsmodell für eine nachhaltige Zukunft
Die derzeitig weltweit vorherrschende wirtschaftliche Praxis bezüglich Produktion, Verbrauch und wirtschaftlicher Entwicklung wird weitgehend von einem vom industriellen Wachstumsmodell der Nachkriegszeit übernommenen linearen Ansatz dominiert, der auf einem "Produzieren-Nutzen-Entsorgen"-Modell basiert. Dabei ist es der kurzsichtige Begriff des „Wachstums“, der in naher Zukunft eine Gefährdung der Versorgung mit Ressourcen erwarten lässt und unter dessen Akzeptanz der Umwelt hohe Belastungen durch reichlich Abfallproduktion und Treibhausgasemissionen aufbürdet werden. Die Umweltzerstörung und damit einhergehend eine Verschlechterung des menschlichen Wohlergehens ist jedoch kein unvermeidlicher Weg, solange moderne Volkswirtschaften und Gesellschaften bereit sind nachhaltige und kluge Strategien im Hinblick auf die Endlichkeit von Ressourcen und zum Umgang mit dem Problem des Klimawandels zu verfolgen.
Zu diesem Zweck ist es unerlässlich zu einem alternativen Modell überzugehen, welches das Risiko der Ressourcenverknappung verringern kann und das auf die beispiellosen Herausforderungen des Klimawandels reagiert, wie es das Modell der Kreislaufwirtschaft verspricht. Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft kann jedoch nur im Sinne eines Systemwandels weg vom linearen Modell konzipiert werden, der Veränderungen im wirtschaftlichen, politischen und soziokulturellen Bereich erfordert.
"Bottom-up"-Veränderung durch Bildung
Unsere Arbeit und Forschung im Rahmen unseres Projekts hat gezeigt, dass Organisationen und Unternehmen zunehmend die Chancen erkennen, die der Ansatz „Kreislaufwirtschaft“ bietet und dass diese Organisationen und Unternehmen durchaus Fortschritte bei der Einführung nachhaltiger wirtschaftlicher Vorgehensweisen machen. Industrie und technologische Innovation allein können jedoch nicht die systemischen Veränderungen vorantreiben, die erforderlich sind, um eine echte Transformation des gegenwärtigen Wirtschaftsmodells zu erreichen. Nachhaltige Veränderungen setzen einen Paradigmenwechsel von individuellen, linear geprägten Verhaltensweisen hin zu einer kollektiven und kulturellen Übernahme der Prinzipien einer „Kreislaufwirtschaft“ voraus. Daher ist es eine substantielle Aufgabe von Bildung, vom frühen Kindesalter bis zur Hochschulbildung, neue Visionen für unsere Gesellschaft und Wirtschaft im Hinblick auf Nachhaltigkeit und umweltfreundliches Wachstum zu vermitteln.
In diesem Blogbeitrag wird ein Spektrum von Empfehlungen vorgestellt, die sowohl Schul- als auch Hochschulbildungsstrategien berücksichtigen, um junge Menschen dazu zu befähigen, selbst zu Akteuren des Übergangs zur Kreislaufwirtschaft zu werden. Um dies zu erreichen beschränken sich die folgenden Empfehlungen nicht nur auf die konzeptionellen Kenntnisse über Kreislaufwirtschaft sondern konzentrieren sich auf die Kultivierung von Nachhaltigkeitsmentalität und umweltverantwortlichem Bürgersinn.
Ansätze zur wirksamen Vermittlung der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft an Schülerinnen und Schüler
Da die frühe Kindheit die prägendsten Jahre eines jeden Individuums darstellt, ist es zunächst sehr wichtig in das jeweilige Bildungsniveau hinsichtlich des Begriffs der Nachhaltigkeit und der Erkenntnis der Abhängigkeit des menschlichen Lebens von der Umwelt zu investieren. Nicht nur im Rahmen einer frontalunterrichts- oder vorlesungsbasierten Umwelterziehung könnten Kinder in nachdenklich machende Diskussionen über Konsumgewohnheiten und konkrete Umweltschutzmassnahmen einbezogen werden. So können Kinder z.B. an die englischsprachigen 7R's für nachhaltige Entwicklung herangeführt werden (reduce, reuse, recycle, respect, repair, reflect and refuse – 7 an der Zahl, manchmal auch mehr oder weniger weitere R's) und angeleitet werden herausznden, wie diese Prinzipien auf ihre tägliche Erfahrung angewendet werden könnten. Darüber hinaus können Kinder dazu animiert werden, "zirkuläre" Lösungen für die Verwendung vertrauter Güter (Lebensmittel, Spielzeug usw.) zu finden.
Auf allen Ebenen der Schulbildung sollte jede wirksame Reform der Lehrpläne in Bezug auf Kreislaufwirtschaft mit entsprechenden Investitionen in die Lehrer- und Dozentenausbildung einhergehen. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass die politischen Entscheidungsträger diese Fachkräfte unterstützen und für deren Ausbildung sorgen, damit diese die Schlüsselrolle verstehen, die sie beim Aufbau einer kreislaufwirtschaftsorientierten und nachhaltigen Gesellschaft haben und damit sie in die Lage versetzt werden unter Anwendung moderner pädagogischer Methoden inhaltlich effektiv das Thema Kreislaufwirtschaft unterrichten zu können.
In diesem Zusammenhang können Peer-to-Peer-Bildungsprogramme und Lernen außerhalb des Klassenzimmers einbezogen werden, um die positiven Effekte von auf Nachhaltigkeit ausgerichteter Lehrpläne nochmals zu vergrößern.
Wie auch immer können die kreislaufwirtschaftlichen sozialen Ziele der Bildung nur dann effektiv erreicht werden, wenn solche Prinzipien und Lehrmethoden zur Anwendung kommen, die einen Prozess des Nachdenkens auslösen als Vorbereitung für konkretes Handels in Bezug auf persönliche Veränderungen und sozialen Wandel. Dazu können insbesondere die Ermutigung der Schülerinnen und Schüler gehören, soziale Strukturen zu überdenken, der Rollentausch im Klassenzimmer, indem die Schülerinnen und Schüler als Schöpfer von Lerninhalten fungieren, aber auch ganz allgemein das Verbinden von theoretischem Wissen und praktischem Handeln.
Ansätze zur Konsolidierung kreislaufwirtschaftlichen Denkens durch Hochschulbildung
Die Rolle der Hochschulbildung könnte ebenso entscheidend für das Erreichen von Kreislaufwirtschaft wie die schulische Bildung sein, wenn in Betracht gezogen wird, dass die Hochschulen die berufliche Gundlage für die Gestaltung der Fähigkeiten und der Mentalität der meisten Fachkräfte in Schlüsselpositionen legen. Hochschulen und Universitäten können daher die erforderlichen Veränderungen durch Lehre, angewandte Forschung, Zusammenarbeit mit der Industrie und mittels von Studenten geführter Initiativen vorantreiben und dadurch einen wesentlichen Beitrag zum notwendigen nachhaltigen Wandel in der Wirtschaft leisten.
Die Hochschuleinrichtungen sind sicher in der Lage, das Lernen zum Thema Kreislaufwirtschaft auszuweiten und dabei sehr speziell auf Themen und Methoden für das Erreichen eines Übergangs zur Kreislaufwirtschaft einzugehen (politische Hebel, die Rolle der IKT usw.). Auch kann es gelingen mehr Sozialwissenschaftler in die Übergangsbemühungen einzubeziehen, indem die Hochschulen Kreislaufwirtschaftskurse in den Fächern wie Wirtschaft, Politik, Soziologie und Pädagogik aufnehmen. Außerhalb der Hörsäle können Institutionen die Kreislaufwirtschaftsmentalität aktiv fördern, indem sie kreislaufwirtschaftsbezogene außerhaln von Lehrplänen stehende Aktivitäten, Campus-Initiativen für saubere Energie oder abfallfreie Betriebskantinen einführen.
Darüber hinaus könnte die Katalysatorrolle der Hochschulen in der Forschung durch verschiedene Wege, die zu Innovationen führen, zu dem gewünschten Übergang sowie zu mehr qualitativen Informationen sowohl für den Markt als auch für die Industrie beitragen. Insbesondere können die Hochschulen Partnerschaften mit lokalen Unternehmen und der Industrie eingehen, um gegenseitigen Nutzen zu erzielen und sie können dazu beitragen kreislaufwirtschaftliche Rahmenbedingungen direkt auf lokaler und regionaler Ebene einzuführen. Die Bereitstellung von anwendungsorientierten Forschungsergebnissen für die Vermittlung kreislaufbezogener Fachkenntnisse zusammen mit der Anpassung der Lehrpläne an diesen Zweck könnte eine positiven Effekt auf die Funktionsfähigkeit der kreislaufwirtschaftlich wirksamen Rahmenbedingungen auslösen. Darüber hinaus werden Investitionen in die Forschung über Methoden, wie Kreislaufwirtschaft implementiert und ein massenhafter Übergang in eine Kreislaufwirtschaft erreicht werden kann die oben genannten schon möglichen Leistungen der Hochschulen sowie die Zahl der Nutznießer auf den Märkten und in der Industrie vervielfachen.
Die Hochschulen können die Nachhaltigkeit der Gesellschaft auch dadurch verbessern, dass sie Orte und Aktivitäten der Bildung anbieten, die das Umweltbewusstsein zukünftiger Fachleute und von Bürger steigern und diese für mehr Engagement begeistern, etwa durch die Veranstaltung eines „Umwelttages“ als ein Beispiel für eine solche Aktion. Auch die Schaffung eines Fonds für Studenten und Forscher, der für die Lancierung eigener, kreislaufwirtschaftlichen Prinzipien folgender Projekte zur Verfügung stehen sollte, könnte als Finanzierungsinstrument zur Ausgründung von nachhaltigen Unternehmen dienen.
Schlussfolgerung
Die obigen Ausführungen sind ein Hinweis darauf, dass das Anstoßen und Fördern einer kreislaufwirtschaftsorientierten Mentalität im Bildungssektor sowie die Anpassung von Lehrplänen und Bildungsstrategien mit ökologisch orientierten Inhalten sich als eine treibende Kraft erweisen könnten, um unsere Volkswirtschaften weniger verschwenderisch und die Versorgung mit Ressourcen / Rohstoffen sicherer zu gestalten. Ein innovativer Bildungsansatz könnte uns helfen, zukünftige Bürger mit einer ökologisch verantwortungsvolleren Denkweise und nachhaltigeren Gewohnheiten zu fördern. Die Vorteile einer kreislaufwirtschaftsbezogenen Bildung können nur dann weit verbreitet werden, wenn wir die richtigen Schritte unernehmen um die nötigen Werte und Botschaften von der frühen Kindheit bis zum Erwachsenenalter einschließlich der Hochschulbildung zu vermitteln und es gelingt diese Werte und Methoden von den Pädagogen und Dozenten aus den Klassenzimmern und Hörsälen in einen breiteren Lernkontext der Gesamtgesellschaft zu übertragen.
Über die Autoren:

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Stelios Arvanitidis studierte Politikwissenschaften an der Aristoteles-Universität Thessaloniki und ist derzeit MSc-Student in Politischer Ökonomie an der Nationalen Kapodistrian Universität Athen. Er interessiert sich für europäische Politik, engagiert sich am Observatorium für internationale und europäische Angelegenheiten der Aristoteles-Universität Thessaloniki und ist Mitglied des Jugendteams von EKO.
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