Free Thinking: Was wir von Überlebenden moderner Sklaverei lernen können – Teil 2

Teil 1 dieses Blog-Beitrags finden Sie hier (externer Link).
In Teil 1 habe ich erläutert, warum Sklaverei noch immer eine riesige Industrie ist – für mich eine der wichtigsten Erkenntnisse der vergangenen 18 Monate. Weitere wichtige Punkte, die ich gelernt habe: Beim Rehabilitationsprozess müssen Überlebende zahlreiche Hindernisse überwinden und es gibt keine „typische“ Person, die prädestiniert wäre, Opfer von Sklaverei zu werden.
2. Beim Rehabilitationsprozess stehen Überlebende noch immer vor erheblichen Hindernissen
Überlebende von Menschenhandel und moderner Sklaverei wurden – teils über viele Jahre hinweg – auf die unmenschlichste Weise behandelt, oft von Personen, denen sie Liebe und Vertrauen entgegenbrachten. Infolgedessen leiden sie an langfristigen Traumata und benötigen spezielle Unterstützung. Die britische Regierung reagierte mit der Einrichtung des National Referral Mechanism (NRM), einem von der Heilsarmee verwalteten und an kleinere Organisationen im ganzen Land weitervergebenen nationalen Überweisungsmechanismus. Zu den Hilfsmaßnahmen zählen Unterbringung in einer geheimen, sicheren Wohnung, wöchentlicher Unterhalt, Unterstützung durch spezialisierte Betreuer sowie weitere Dienstleistungen wie therapeutische Beratung. In dieser Zeit der „Reflektion und Erholung“ beantragen viele Staatsbürger von Ländern außerhalb der EU Asyl.
Leider erhalten nur 12 % der Opfer, die Asyl beantragen, das Recht auf Verbleib in Großbritannien. Allen anderen droht die Abschiebung. Das löst natürlich sehr viel Stress und Angst aus. Überlebende bleiben oft viele Jahre lang im Unklaren – während sie für ihren Fall kämpfen, dürfen sie nicht arbeiten und haben „keinen Anspruch auf öffentliche Mittel“. Rund drei Viertel der Studierenden bei Free Thinking sind Asylbewerber und es verging kaum eine Woche, in der niemand den Kurs frühzeitig verlassen musste, um einen Termin bei einem Rechtsanwalt oder im Innenministerium wahrzunehmen. Nancys Geschichte (externer Link) wurde vor Kurzem in der Tageszeitung „The Guardian“ behandelt – leider ist ihr Fall keineswegs ungewöhnlich.
3. Es gibt kein „typisches“ Opfer von Menschenhandel, es kann jeden treffen
Free Thinking hat bisher Studierende aus 23 verschiedenen Ländern unterstützt. Dabei handelte es sich um Männer und Frauen im Alter von 19 bis 66 Jahren – also eine sehr vielfältige Gruppe mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und kulturellen Überzeugungen. Wir fragen nicht nach den früheren Erlebnissen unserer Studierenden, da wir dies nicht für relevant halten. Manchmal erzählen sie uns jedoch, was ihnen widerfahren ist. Dabei gleicht keine Geschichte der anderen. Zu den größten Unterschieden zwischen den Studierenden zählten ihr sozialer Hintergrund und die vorausgegangenen Bildungserfahrungen. Dies spiegelt sich nicht unbedingt in ihren Sprachkenntnissen wider: Einige haben Universitätsabschlüsse in ihren Herkunftsländern absolviert, doch oft sprechen Menschen mit nur grundlegender Schulbildung fließender Englisch. Gemein ist ihnen jedoch eine unglaubliche Resilienz und Lernbereitschaft; besonders gilt das für Personen, die nie die Chance auf Bildung über die Grundschule hinaus hatten.
Überlebende von Menschenhandel wollen einfach die Vergangenheit hinter sich lassen und ihr Leben wieder aufbauen. George wurde von der Huffington Post (externer Link) für diesen kurzen Film über Free Thinking interviewt. Er ist einer der glücklichen 12 %. Seit den Aufnahmen hat George eine Aufenthaltserlaubnis für Großbritannien erhalten und darf jetzt einer Arbeit nachgehen. Innerhalb weniger Wochen fand er eine angemessene, gut bezahlte Beschäftigung mit guten Arbeitsbedingungen – etwas, das er noch nie zuvor erlebt hatte. Im Moment nimmt er Fahrstunden und plant seinen ersten Urlaub. Wie er im Film sagt: „Jetzt kenne ich meine Rechte!“ Wir hoffen für die Zukunft auf viele weitere Erfolgsgeschichten von unseren Kursabsolventen.
Jane Williamson
Jane Williamson ist Tutorin/Organisatorin für den Fachbereich Moderne Sklaverei am Northern College.
Sie entwickelt, koordiniert und unterrichtet das Programm Free Thinking.
Um sich über die Initiative auf dem Laufenden zu halten, folgen Sie Jane auf Twitter unter @jwilliamson0204 (externer Link).
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