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Ein Rundgang mit den Ohren durch Leipzig

Das Projekt „Ich höre was, was du nicht siehst – ein Rundgang mit den Ohren durch Leipzig“ hat sich zum Ziel gesetzt, einen alternativen Audioguide über und für Leipzig umzusetzen. Mit der Leipziger Hörgeschichten App werden nicht nur die Medienkompetenzen der Teilnehmer gefördert und die Vorteile der intergenerationellen Arbeit genutzt, sondern es sollen vor allem persönliche Geschichten erhalten und weitererzählt werden, damit sie nicht in Vergessenheit geraten.

Lesedauer: circa 5 Minuten - Jetzt lesen, liken und kommentieren!


App-Projekt .

Medienclub Leipziger Löwen – Rezepte eines intergenerationellen Medienprojekts

Der Medienclub Leipziger Löwen ist ein intergenerationelles medienpädagogisches Projekt des GAM e.V. (GAM steht für Gesellschaft – Altern – Medien). Im Medienclub konzipieren und realisieren seit 2010 Ältere gemeinsam mit Studierenden Medienprojekte, die auf dem eigenen Blog veröffentlicht werden. Alle Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Die pädagogischen Ziele sind die Förderung von Medienkompetenz und des gleichberechtigten Generationendialogs.

Philosophie der gemischten Altersstrukturen

Gruppenbild.
Wir wenden uns strikt gegen Alterseinteilungen. Wir lieben und fordern eine intergenerationelle Zusammenarbeit und Medienkompetenz für alle. Das Konzept "Junge bringen Alten etwas bei" halten wir für diskriminierend. Genauso wie den Umkehrschluss „Die Alten können ihre Lebenserfahrung beitragen“ – als hätten ältere Menschen nur diese Kenntnisse. Statt einseitig arbeiten wir deshalb so, wie im Alltag auch: dialogorientiert, altersunabhängig, wertschätzend.

Wir bringen nicht Ältere und Jüngere aufgrund ihres Alters zusammen, sondern aufgrund ihrer Perspektiven und Fähigkeiten. Dabei sind die Gemeinsamkeiten wichtiger als die Unterschiede. So arbeiten wir gemeinsam entlang von Themen, die alle angehen:

  • Liebe: Eine filmische Auseinandersetzung mit der Darstellung von Liebe im Alter.
  • Freizeit: Werbeclips, die fürs Ehrenamt in der Rente werben.
  • Digitalisierung: Ein Influencer-Versuch, der auf Chancen und Risiken hinweist.

Im Mittelpunkt eines jeden Projekts steht die intergenerationelle Arbeit an einem medialen Produkt mit dem Credo "Einmischen in den gesellschaftlichen Diskurs". Von der Idee bis zur Umsetzung wird von uns alles in Eigenregie und ehrenamtlicher Arbeit bewältigt: wir konzipieren und probieren aus, begutachten und reflektieren, schulen uns gegenseitig und verbessern so lange, bis wir mit der Arbeit zufrieden sind. Medienkompetenzen werden dabei ganz nebenbei erworben.

Unser aktuelles Projekt: „Ich höre was, was du nicht siehst – ein Rundgang mit den Ohren durch Leipzig“

Eindruck der App 2 Startbildschirm.
In gemeinsamer Arbeit haben wir eine Stadtrundgang-App (die „Leipziger Hörgeschichten“-App), konzipiert und umgesetzt. Diese führt Nutzer an Orte, die es so nicht mehr gibt und erzählt dort ganz alltägliche Geschichten von „alten“ Leipzigern.


Geschichten sammeln

Wir luden über einen Zeitungsaufruf in der Regionalzeitung, über persönliche Info-Vorstellungen durch die Projektleitung sowie über einen Flyer zum Mitmachen bei dem Projekt ein. Schnell konnten wir feststellen, dass wir damit drei Arten von Interessenten ansprachen:

a) jene, denen die Idee gefiel eine eigene App zu konzipieren und umzusetzen (= Interesse an der Umsetzung eines medialen Produkts),

b) jene, die mehr über Leipzig erfahren oder erzählen wollten (= Interesse an der redaktionellen Bearbeitung eines Themas) und

c) jene, die Interesse an einem intergenerationellen Projekt haben (= Interesse an der intergenerationellen Arbeitsweise).

Das Was und das Wie in Groß- und Kleingruppen

Unsere Arbeit leisten wir in regelmäßigen zweiwöchigen Treffen und Zusatzterminen nach Bedarf. Das "Was" wurde auf Basis der Schwarmintelligenz zusammengetragen und in der gesamten (anwesenden) Gruppe abgestimmt – zum Beispiel:

  • Welche Inhalte sollen in der App Platz finden?
  • Was benötigen wir (noch)?
  • Welchen Schritt sollen wir als nächstes angehen?

Für das "Wie", also die konkrete Umsetzung, bildeten wir Kleingruppen. Dies geschah entlang der Aufgabenbereiche sowie Interessen und Stärken der Teilnehmer. So entstanden zunächst folgende Gruppen:

  • eine Grafikgruppe für gestalterische Elemente und Ästhetik, sowie Anordnung und Layout.
  • eine Gruppe für die Textarbeit, Struktur und redaktionellen Inhalte der App (Texte und Infos zu den Orten, Steckbriefe zu den Erzählern, Struktur der Audio-Titel).
  • eine Gruppe für Öffentlichkeitsarbeit und Außendarstellung.
  • eine Gruppe für Fotos – diese wurde später in die anderen Gruppen integriert.

Zusätzlich zu den regelmäßigen zweiwöchentlichen Terminen gab es längere halbtägige Treffen, bei denen ein spezieller Fokus auf ein einziges Thema gelegt wurde.

Medienkompetenz nebenbei

Wir halten keine Vorträge darüber, wie etwas zu sein hat, sondern probieren im Learning-By-Doing-Stil aus (und scheitern dabei auch mal auf hohem Niveau). Das macht unsere Arbeit besonders. Für unsere App schauten wir uns zunächst bereits bestehende Stadtrundgang-Apps an und diskutierten ihre technischen und inhaltlichen Vor- und Nachteile. Anhand dieser Analyse erarbeiteten wir Kategorien und Qualitätsanforderungen für unsere eigene App: das Design, die Texte, die Zielgruppe, die Usability.

Aufgrund dieses schrittweisen Vorgehens, wurde uns die Größe unseres Vorhabens erst während der Arbeit vollständig bewusst. Wir ließen uns davon aber nicht beirren und arbeiteten uns langsam voran. Immer dann, wenn ein Thema brisant wurde flochten wir Workshops und Reflexionsrunden in die Arbeit ein. Diese Themen richteten sich nach akuten Bedarfen:

  • Interviewführung und Fragetechniken
  • Audio-Schnitt und -manipulation
  • Bild- und Urheberrechte
  • Quellenkritik und Zitation
  • Gestalten mit InDesign
  • Einführung in die Programmierung
  • Datenschutz und App-Berechtigungen

Vorbereitet wurden diese Themen von jeweils einem Löwen und die Projektleitung moderierte und unterstützte (auch didaktisch).

Didaktisch arbeiten wir bewusst abwechslungsreich: Gruppenpuzzle, Think-Pair-Share, Museumsgalerie, Kugellager oder Mindmaps. Wir verwenden alles, was gerade passt, um die Kreativität anzuregen und ins Gespräch zu kommen. Obwohl wir mit „Ich höre was, was du nicht siehst“ ein App-Projekt bearbeitet haben, entschieden wir uns für einen niedrigschwelligen Zugang und arbeiteten vorrangig im Paper-Pencil-Stil. Wir ließen die App also auf Papier entstehen: Erst der ehrenamtliche App-Entwickler wird sie für uns zum Leuchten bringen. Geplanter Release der App ist dabei September oder Oktober 2019.

Neues über die App und weitere Projekte des Medienclubs Leipziger Löwen finden Sie auf der Webseite des Medienclubs Leipziger Löwen.


Über die Autorin: Rebekka Haubold hat an der Universität Leipzig Kommunikations- und Medienwissenschaft im Bachelor und im Master mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik studiert und arbeitet nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Medienkompetenz- und Aneignungsforschung. Dem Medienclub Leipziger Löwen des GAM e.V. trat sie 2014 bei und übernahm dort neben Caroline Baetge die Projektleitung des von Bernd Schorb und Anja Hartung initiierten App-Projektes „Ich höre was, was du nicht siehst – ein Rundgang mit den Ohren durch Leipzig“.  Sie promoviert derzeit zur Smartphone-Aneignung Erwachsener.


Lesen Sie hierzu auch:

Kritische Medienkompetenz und Erwachsenenbildung: Ein Dossier (Ressource)

Was müssen Sie beim Umgang mit Informationen aus dem Internet beachten? (Blog)

Digitale Lesekompetenz und digitale Kultur in der Stadtbibliothek Stuttgart (Blog)

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