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Der „Dritte Ort“

Was ihn kennzeichnet und warum er für junge Menschen besonders wichtig ist.

Lesedauer: ca. 5 Minuten – liken, verlinken, kommentieren!


Auf meinen Reisen durch Polen besuche ich viele verschiedene Orte, in denen ich Sozialforschung betreibe oder Workshops für Kulturschaffende durchführe. Dabei gibt es viele Anlässe, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen und auch neue Leute kennenzulernen. Eines der häufigsten Dinge, bei solchen Treffen thematisiert werden, ist die geringe Anzahl von Jugendlichen, die die Kultureinrichtungen besuchen, und wie schade man dies findet. Da dieses Thema seit Jahren immer wieder diskutiert wird, erschien es mir sinnvoll, einen Text darüber zu schreiben, wo sich diese jungen Menschen aufhalten, wenn sie nicht bei uns (d. h. in einem Gemeinde- bzw. Kulturzentrum, Museum oder einer Bibliothek) sind.

Vor kurzem war ich wieder einmal in Jarocin, wo ich Untersuchungen zu den Bedürfnissen behinderter Menschen im Hinblick auf die Teilhabe an der Filmkultur durchgeführt habe. Bei dieser Gelegenheit traf ich mich auch mit Mitarbeiter:innen des Kulturzentrums von Jarocin. Diese überlegten, wie sie mehr Jugendliche aus den umliegenden Schulen dazu bringen können, das reichhaltige Angebot ihrer Einrichtung zu nutzen. Im Laufe unseres Gesprächs wurde deutlich, dass es nicht ganz den Tatsachen entspricht, dass junge Menschen lieber zu Hause sitzen und ihre Gesichter in Laptops oder Handys vergraben. Einer der Orte, die die Jugendlichen in Jarocin recht häufig aufsuchen, ist eine Fast-Food-Kette, die etwas am Rande der Stadt liegt. Die Jugendlichen schauen dort auf dem Weg zur Schule vorbei oder treffen sich nach der Schule dort (wahrscheinlich auch manchmal während des Unterrichts, aber wir wollen hier nicht vom schlimmsten Fall ausgehen). Es zieht sie keineswegs dorthin, weil sie hungrig sind und sie nur Appetit auf einen Burger haben. Was machen sie also dort? Nun, sie vertreiben sich ganz einfach ihre Zeit: Sie reden miteinander, hören Musik (was für andere Besucher durchaus irritierend sein kann), zeigen sich gegenseitig Videos, lesen (nicht nur auf dem Handy), spielen Spiele und haben Dates. Außerdem werden sie dort in der Regel von niemandem verjagt (es reicht, wenn ab und zu jemand Pommes oder Kaffee bestellt – was immer noch billiger ist als an anderen Orten), sie haben ein Dach über dem Kopf (sehr wichtig an Regentagen) und es ist dort weder zu kalt noch zu heiß. Darüber hinaus gibt es WLAN, eine Toilette und man ist vor den neugierigen Blicken der Eltern und Erziehenden geschützt.

grupa młodych ludzi na tle grafitti

Foto: Juan Carlos Trujillo auf Unsplash

Eine andere Geschichte – ein paar Jahre älter. Eine Kollegin und ich führten eine Untersuchung zu den kulturellen Bedürfnissen in einer bestimmten Gemeinde durch. Wir verbrachten viel Zeit im Kulturzentrum der Gemeinde (das sich übrigens in einer kleinen Plattenbausiedlung befindet, in der in fast jedem Eingang junge Leute wohnen). Die Leiterin des Zentrums beklagte sich natürlich darüber, wie wenig junge Leute ihr Zentrum besuchen würden (obwohl es einige Meter vom Eingang des Kulturzentrums entfernt jede Menge von ihnen gab). Am dritten Tag unseres Aufenthalts stellten wir fest, dass im Vorraum des Zentrums, anders als auf älteren Fotos zu sehen, kein altes Sofa mehr steht. Als wir die Leiterin darauf ansprachen, sagte sie uns, dass sie es entfernen mussten, weil „junge Leute darauf saßen und nichts taten – außer mit ihren Handys zu spielen und YouTube zu schauen“ ... Mit der Sitzgelegenheit verschwanden auch die jungen Leute. Auch wenn sie vielleicht nicht an den Kunstkursen des Kulturzentrums teilgenommen haben, so hatte man sie doch zumindest gleich „im Blick“. Im Fazit bedurfte es noch einiger Arbeit, um ihre Welt ein wenig besser kennenzulernen und sie letztendlich davon zu überzeugen, sich auch einmal mit den anderen Bereichen des Gemeindezentrums auseinander zu setzen.

Welche Gemeinsamkeiten haben diesen beiden Beispiele? Außerhalb des institutionellen Kulturbereichs suchen und schaffen sich Jugendliche selbst Räume, in denen sie ihre Zeit verbringen. Und zwar zu ihren eigenen Bedingungen, d. h. wo sie nicht von Erwachsenen kontrolliert werden, umgeben von Menschen und in (kulturellen) Bereichen, die sie mögen (die von unseren Institutionen häufig noch immer nicht vollständig anerkannt sind).

Auf diese Weise erfüllen sich die Jugendlichen ihren Wunsch, sich an sogenannten „Dritten Orten“ aufzuhalten – etwas, das im Übrigen nicht nur für junge Menschen charakteristisch und typisch ist.  Der Dritte Ort (The Third Place) ist ein Begriff, der einen Ort im öffentlichen Raum beschreibt, der weder unser Zuhause noch unser Arbeitsplatz oder unsere Schule ist. Der Begriff wurde erstmals 1989 von dem amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg in seinem Buch „The Great Good Place“ verwendet. Seitdem bemühen sich Einrichtungen in der ganzen Welt, bei der Gestaltung ihrer Räumlichkeiten auch darum, den Menschen ganz einfach die Möglichkeit zu geben, einfach nur „da zu sein“. Nicht unbedingt dadurch, dass sie an organisierten Aktivitäten teilnehmen, sondern indem sie die Situationen selbst gestalten. Wir kennen Beispiele für eine solche Nutzung von Kulturzentren, Bibliotheken und Gemeindezentren durch Erwachsene – einschließlich Senior:innen, aber es gibt noch immer zu wenig gute Praxisbeispiele für die Einbeziehung junger Menschen. Das Thema ist nach wie vor aktuell – wie unter anderem die letztjährige Besucherstudie im Kulturzentrum ZAMEK in Posen zeigte, die ich mitorganisieren durfte. Junge Menschen suchen nach einem Ort der Selbstbestimmung, der Unabhängigkeit und der Selbstorganisation. Die schwierigste Frage ist, sind wir bereit dafür und (was nicht weniger bedeutsam ist) sind wir auch in der Lage, einen solchen Ort zu schaffen (und zwar stets in Zusammenarbeit mit Vertreter:innen von Jugendgruppen)? Ich möchte drei der häufigsten Bedenken aufführen:

--- die Angst, die eigene Handlungsfähigkeit zu verlieren: Wenn wir die Aufgabe mit anderen Menschen teilen, wozu sind wir dann überhaupt noch da? Was wird unsere Rolle sein? Was ist mit unserem Fachwissen (wir wissen am besten, was der Empfänger – darunter auch junge Menschen – braucht)?

--- der Wunsch nach Kontrolle: Mit anderen Worten, wir wollen diejenigen sein, die letztlich entscheiden, welche Aktivität wo und wie durchgeführt wird.

--- Mangel an Vertrauen (macht alles kaputt): die häufigste Angst; wir vertrauen uns selbst nicht, und jungen Leuten schon gar nicht. Wir gehen schon von vornherein davon aus, dass die Nutzer dieses freien „Dritten Ortes“ alles kaputt machen werden. Denn schließlich sind es Jugendliche!

Nun, es liegt auf der Hand, dass die Schaffung von jugendfreundlichen „Dritten Orten“ (die unter kontrollierten Bedingungen eingerichtet werden) entsprechende Vorbereitungen, Zeit und Konsequenzen erfordert. Die enge Zusammenarbeit mit lokalen Partnern (NGOs, die bereits mit jungen Menschen arbeiten) und Jugendgruppenleiter:innen kann hier der Schlüssel zum Erfolg sein.

Wenn Sie Beispiele für polnische „Dritte Orte“ kennen, die seit Jahren erfolgreich arbeiten, so teilen Sie uns dies bitte in den Kommentaren mit.


Dr. Bartek Lis – Cultural Animator, Pädagoge, Soziologe und Sozialforscher, Kurator für soziale Projekte am Kulturzentrum ZAMEK in Posen. Initiator von Aktionen und Projekten, die unterschiedliche Zielgruppen einbeziehen und Fragen der Barrierefreiheit berücksichtigen. EPALE-Botschafter. 


Sind Sie an kultureller Erwachsenenbildung interessiert? Sind Sie auf der Suche nach Inspiration, bewährten Methoden und ungewöhnlichen Formen der Museumspädagogik? 

Hier finden Sie alle Artikel, die auf der polnischen Plattform von EPALE zu diesem Thema zur Verfügung stehen, für Sie zusammengefasst! 


Siehe auch:

 

Mikrozuschüsse – MAXI-Arbeit

Weg zur Partizipation

Inklusion ist eine Kunst

Inklusion – sind die Kultureinrichtungen bereit dafür?

Forschung im Bereich Kultur – einige Anmerkungen

Soziotherapie für alle

Kino ohne Barrieren

Erneuerung – Kunst und Bildung

Über die Fetischisierung neuer Technologien und Tools

 

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Kommentar

Świetny tekst. Pewnie jakbyśmy zaczynali obserwacje począwszy od szkół podstawowych wiele tez by się wyjaśniło i pokazało. Dzieci, które są cały czas w drodze (na kolejne zajęcia, korki) w dojazdach, rozjazdach te trzecie miejsca mają właśnie na jujubach i w komórkach - czyli wirtualnie. A jakby literalnie przyjrzeć się szkole, czyli budynkowi, to też się okazuje, że miejsca dla nich nie ma za dużo (przepełnione szkoły, sale wykorzystywane na 120% łącznie z zamianą stołówek w sale lekcyjne). Robiłam ostatnio projekt związany ze szkolnymi budżetami obywatelskimi - w zdecydowanej większości wygrały projektu stref odpoczynku. Młodzież chciałaby mieć swoje miejsce. Pytanie czy dorośli chcą to zauważyć - np. rozpoczynając od pytania ich czego właśnie chcą.

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My od lat tworzymy takie 'trzecie miejsca' dla dzieci i młodzieży z doświadczeniem uchodźstwa i jest to bardzo potrzebne, sądząc po ich frekwencji i opiniach. Pewnie takie inicjatywy mogą przybierać bardzo różnorodne formy, ale chyba zawsze kluczowe będzie to, by oddać to miejsce użytkownikom w realne władanie, by mogli decydować, lub co najmniej współdecydować, o jego zasadach. Im bardziej poczują się gospodarzami, tym chętniej będą z niego korzystać. 

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Ostatnio poświęciłam tematowi „trzeciego miejsca” wystąpienie na konferencji dla bibliotekarzy. Piszesz o instytucjach kultury, a są nimi też biblioteki, które angażując się m.in. w Program Rozwoju Bibliotek od 2008 r. miały stać się takimi „trzecimi” miejscami. Ilu z nich się udało? Nie wiem, ale cieszy mnie fakt, że ten temat znów wraca w kulturalne kręgi i znów zaczynamy wracać do tej idei. Oby finalnie z pozytywnym skutkiem, której z teorii przerodzi się w praktykę.

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