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Navigation in Richtung Gleichberechtigung: Erfahrungsberichte von engagierten Frauen

Artikel in zwei Teilen mit Berichten von drei Frauen zum Stellenwert der Bildung.

Zweiteiliger Artikel: Teil 2/2

Wir setzen in diesem Gespräch den Austausch mit Anne, Agathe und Coline über das Thema Bildung fort. 

Welchen Stellenwert hat Bildung für die Gleichberechtigung von Mann und Frau? Für eine bessere Repräsentanz von Frauen in der Seefahrt? 

Agathe und Anne sind sich einig. Man darf Dinge nicht entweder als etwas nur für Jungen oder nur für Mädchen wahrnehmen. Angefangen bei der Schule, wo die Überrepräsentation von Frauen dazu führt, dass bestimmte, zu stark geschlechtsspezifische Weltanschauungen beibehalten werden. Sie sind der Meinung, dass die Schule immer noch zu wenig aus dem Korsett der Stereotypen herausführt. Lehrkräfte, die nicht über ihr Fachgebiet hinausgekommen sind, haben keinen Einblick in die Erfahrungen von Frauen in vielfältigen Umgebungen. 

Wenn man der Arbeit des Wissenschaftlers Pascal Huguet glauben darf, „kommt man zu dem Schluss, dass Geschlechterstereotypen bei der Berufswahl heute eine größere Rollen spielen als vor 20 Jahren.“

Und Agathe betont darüber hinaus, alles beginne zu Hause. „Mädchen einen Hammer in die Hand geben! Oder wie in nordeuropäischen, Jungen das Stricken beibringen! “ 

Gleichberechtigung liegt in der Bedeutung, die man einer Handlung gibt.  

Coline erinnert in den Schulungen, die sie mit Schülern der Mittel- und Oberstufe durchführt (bis 2023 nahmen in der Region daran 2200 SuS teil), an das Gesetz von 2001[1], das von der ersten bis zur letzten Klasse drei Einheiten pro Jahr zum Thema Beziehungen, Affekte und Sexualleben vorschreibt. „Davon sind wir noch weit entfernt! “ Ihre Erfahrung zeigt, dass das Lernen von Beziehungen sehr wichtig ist. Denn dies ermöglicht die Aufdeckung von sexueller Gewalt und die Begleitung von der Jugendlichen auf ihrem Weg zum Erwachsenensein. Es trägt durch altersgerechte Materialien zu einer lebenslangen Aufklärung über das Thema bei. Coline erinnert daran, dass dieses Thema immer noch sehr tabuisiert wird. In Belgien brennen deswegen Schulen. In Belgien, wo die Unterrichtseinheiten zum Thema Aufklärung und Beziehungen seit Juli 2012 Pflicht sind[2], zielt das Programm darauf ab, Respekt für andere und Gleichstellung zu fördern, Gewalt in Liebesbeziehungen zu verhindern, sexistische und homophobe Stereotypen abzubauen, ungeplanten Schwangerschaften zu verhindern und sexuell übertragbaren Krankheiten vorzubeugen. Es handelt sich um ein Instrument der öffentlichen Gesundheit in der Schule, genauso wie das, das Coline beschreibt und das sie durch ihre Aktionen umsetzt. Sie erinnert jedoch daran, dass „es Anfang September 2023 in Wallonien in acht Schulen zu Brandstiftung bzw. Vandalismus kam, und zwar angesichts der falschen Darstellung der Bedeutung dieser öffentlichen Maßnahme, indem man sich weigerte, den notwendigen erzieherischen Charakter dieser Ausbildungen zu verstehen“. 

Für das Lernen, das sich an die Jüngsten richtet, empfiehlt Coline eine Ausstrahlung als Sonderausgabe :

 Das Herz auf dem Tisch (von Victoire Tuaillon), Podcast C'est quoi l'amour, maîtresse? von Lolita Rivé, Journalistin (Redakteurin, Regisseurin), die 2019 Lehrerin an Schulen wurde[3].

Der Link zum Herunterladen : https://www.oveo.org/podcast-cest-quoi-lamour-maitresse/

Darüber hinaus stellen Agathe, Coline und Anne fest, dass - mehr als nur sporadisch - in einem Arbeitsumfeld, in einem Bildungsumfeld und insbesondere in einer Schulklasse z. B. spontan die Jungen das Wort ergreifen und die Mädchen sich nicht trauen. 

Coline glaubt zutiefst an Bildung. Agathe ermutigt die Mädchen, das zu tun, was sie wollen. Anne träumt von dem Tag, an dem es die Leute nicht mehr schockiert, dass sie Chefmechanikerin auf einem Schiff ist!

Naviguant vers l'égalité : témoignages de femmes engagées Agathe, Coline et Anne.

                                                  Foto von Agathe, Coline, Anne. Bildnachweis: Roseline Le Squère 


3 Blicke auf den Platz, den die Frau in der Gesellschaft innehat 

Agathe bleibt hartnäckig: Die Frau steht in unserer Gesellschaft immer noch auf dem zweiten Platz. Anne legt nach: Die Frau nimmt den Platz ein, den sie sich selbst schaffen kann. 

Sie sind sich beide einig, dass man wachsam bleiben muss.

Anne verweist auf ein Beispiel aus ihrem beruflichen Umfeld: „Als Frau darf man sich keine Fehler erlauben, vor allem nicht im Bereich Mechanik. Wir sind nicht gleichberechtigt mit Männern. Wenn wir einen technischen Fehler machen, müssen wir dafür teuer bezahlen. Nicht die Männer.“ 

Agathe sieht in ihrem Umfeld, dass „Frauen sich immer beweisen müssen. Wir müssen immer kämpfen. Das ist anstrengend. Es gibt keine Solidarität unter Frauen.“ Sie führt gute Initiativen an, die insbesondere von WISTA France getragen werden, die Teil des größten professionellen Frauennetzwerks in der Schifffahrt ist (4300 Mitglieder in 59 Ländern). WISTA International ist seit 2018 beobachtendes Mitglied der Weltschifffahrtsorganisation IMO und seit 2020 Partner, um die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Inklusion zu fördern. Diese beiden Herausforderungen sind wichtige Faktoren für die nachhaltige Entwicklung der Seeschifffahrt. Agathe ist jedoch der Ansicht, dass es zwar Initiativen gibt, das Bewusstsein und das Ausmaß der Maßnahmen jedoch noch weit von der Realität entfernt sind, die Frauen in diesem Sektor erleben. 

Coline wiederum ist der Meinung, dass in Verbandskreisen eine größere Solidarität unter Frauen herrscht, insbesondere in den Bereichen, die Gewalt gegen Frauen behandeln und begleiten. „Das ist es, was eine in dieser Art von Umgebung durchhalten lässt.“ 

Women of the world.

 

Das Gleichgewicht zwischen Karriere und Engagement als Frau für Frauen

Coline spricht viel mit ihren Kolleginnen und Kollegen darüber. Sie kann Ungleichheiten nicht verschweigen, da diese in ihrem Alltag auftreten. „Ich bin manchmal pessimistisch, was die Zukunft angeht. Aber ich bin mir bewusst, dass ich einfach von dem Umfeld, in dem ich heute arbeite, beeinflusst werde.“ Das Frauenhaus in Saint-Denis betreut jährlich mehr als 4700 Frauen. “Wenn ich höre, dass wegen der Olympischen Spiele 10.000 Betreuungsplätze abgebaut werden sollen, ist das schwierig, denn ich sehe sofort die Folgen.“ Frauen speziell zu schützen ist ein Kampf, bei dem derzeit noch kein Ende abzusehen ist. Es ist von größter Bedeutung, dass wir weiterhin Anlaufstellen für Frauen anbieten und erhalten. 

Agathe erinnert daran: “Die Situation von Frauen ist immer so: Wenn sie in Mutterschutz geht, ist sie vergessen, auf See usw. Wenn sie zurückkommt, hat sie manchmal kein Büro mehr.“ 

Seit dem 1. Januar 2016 zahlt die ENIM (Sozialversicherung der Seeleute) im Rahmen des Mutterschaftsurlaubs ein besonderes Tagegeld auf der Grundlage des Pauschalgehalts, ergänzt durch eine vom Arbeitgeber gezahlte Entschädigung (alles zusammen mindestens 90 % des Pauschalgehalts), für weibliches Personal, das nicht an Land umgeschult wird[4]. Da diese Maßnahme erst vor kurzem eingeführt wurde, zeigt, dass die Situation von Frauen nicht immer Berücksichtigung fand. 

Kurs auf Gleichberechtigung: Initiativen und Zukunftsperspektiven

So gibt es immer mehr Initiativen, die die Beteiligung von Frauen in der Handelsmarine fördern sollen, mit Mentoring-Programmen, Geschlechterquoten und einer integrativen Einstellungspolitik. Diese Bemühungen zielen darauf ab, ein Umfeld zu schaffen, in dem Seeleute unabhängig von ihrem Geschlecht gedeihen und gleichberechtigt zur Schifffahrtsindustrie beitragen können.

In der Zukunft liegt der Schlüssel in einer kontinuierlichen Zusammenarbeit zwischen der maritimen Industrie, Bildungseinrichtungen und Regierungen, um Bildung, Chancengleichheit und einen nachhaltigen kulturellen Wandel zu fördern.

Das nennt man konstruktive Mischung. 

Dieser Artikel wurde von Roseline Le Squère, Expertin und Themenkoordinatorin für EPALE Frankreich, verfasst. Ich danke Agathe Vigot, Coline Vigot und Anne Chiffard sehr herzlich für ihre Erfahrungsberichte. Das Foto ist Eigentum von Roseline Le Squère und wurde von den fotografierten Personen zur Veröffentlichung freigegeben. 

[1] Gesetz Nr. 2001-588 vom 4. Juli 2001 - Art. 22 () JORF 7. Juli  2001,  Fassung vom 07. Juli 2001 bis 11. August 2004: 

Informationen und Aufklärung über Sexualität werden in Schulen, Sekundarschulen und Gymnasien in mindestens drei Unterrichtseinheiten pro Jahr und in homogenen Altersgruppen vermittelt. Diese Unterrichtseinheiten können das Personal, das zum schulischen Gesundheitsauftrag beiträgt, und das Personal der Einrichtungen, die im ersten Absatz von Artikel L. 2212-4 des öffentlichen Gesundheitsgesetzes genannt werden, sowie andere externe Akteure gemäß Artikel 9 des Dekrets Nr. 85-924 vom 30. August 1985 über lokale öffentliche Bildungseinrichtungen einbeziehen. Auch Schülerinnen und Schüler, die von einer vom Gesundheitsministerium anerkannten Organisation ausgebildet wurden, können einbezogen werden.

[2] https://www.lemonde.fr/les-decodeurs/article/2023/09/18/deferlante-de-desinformation-a-propos-du-programme-d-education-sexuelle-en-belgique_6189881_4355770.html (article consulté en ligne le 26 février 2024)

[3] In den fünf Episoden des Podcasts (Oktober-November 2023) behandelt Lolita Rivé die Umfrage unter ihren Zweitklässlern und die Unterrichtseinheiten zum Thema Aufklärung über das Beziehungs-, Gefühls- und Sexualleben durch, die sie in ihrer Klasse durchgeführt und aufgezeichnet hat.


[4] Vgl. Veröffentlichung einer Ressource auf EPALE anlässlich einer Reihe von Veröffentlichungen zum 8. März 2024: Internationaler Tag der Frauenrechte: Note de Synthèse ISEMAR Nr. 201 - Juni 2018 - Die Stellung der Frau in der französischen Seefahrt

[Übersetzung : NSS EPALE France]

 

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