European Commission logo
Anmelden Ein Konto erstellen
Mehrere Wörter mit Komma trennen

EPALE - Elektronische Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

Blog

Life Skills für Erwachsene

Das Projekt "Life Skills for Europe" zielt darauf ab, einen Rahmen für das Erlernen von Lebenskompetenzen für Erwachsene zu entwickeln.

Autorin: Estera Možina, Slowenisches Institut für Erwachsenenbildung

 

„Der ultimative Lehrplan ist das Leben selbst!

(Nach T. Ireland, ICAE-Workshop beim Weltsozialforum 2021 zur Wichtigkeit der Freireanischen Pädagogik in der Welt von heute.)

 

Einführung

Lebenskompetenzen oder „Life Skills“ sind in den vergangenen Jahren in den Fokus von Politik und Praxis der Erwachsenenbildung in Europa gerückt. Obwohl es in der Realität bereits viele verschiedene Definitionen und Anwendungen dieses Begriffs gibt, wird kaum darüber diskutiert, welche dieser Sichtweisen oder Definitionen nun richtig oder falsch ist. Grundsätzlich hat sich der Begriff in der Praxis der Erwachsenenbildung schnell verankert. Ähnlich verhält es sich mit der funktionalen Lese- und Schreibkompetenz oder „Functional literacy“, einem Begriff, den die meisten Menschen verstehen und auf ihre konkrete Situation anwenden können. Im Gegensatz dazu sind Begriffe wie „Schlüsselkompetenzen“ oder „Alphabetisierung“ nicht so intuitiv verständlich und anwendbar. Dennoch hat es mehrere Versuche gegeben, Inhalt und Anwendungsbereich des Begriffs sowie seine theoretische Grundlage und seinen Ursprung zu definieren. Zu ihnen zählen die Bemühungen der Partnerschaft zur Umsetzung des zweijährigen Projekts Life Skills for Europe (LSE), das 2018 abgeschlossen wurde. LSE war eines der ersten internationalen Projekte, die bestrebt waren, die bestehenden Definitionen des Begriffs „Lebenskompetenzen“ und die entsprechenden Ansätze in der Erwachsenenbildung in Europa zu systematisieren  (Javrh et al, 2018) und einen Rahmen für den Erwerb von Lebenskompetenzen für Erwachsene zu entwickeln. LSE wurde vom Europäischen Verband für Erwachsenenbildung (EAEA), der Organisation, die sich für die nichtformale Erwachsenenbildung in der EU einsetzt, vorgeschlagen und koordiniert. Dieser Artikel fasst das Verständnis von Lebenskompetenzen hauptsächlich im Sinne des LSE-Projekts zusammen.

Life Skills im Fokus von Politik und Praxis der Erwachsenenbildung

Lebenskompetenzen stehen nicht nur auf nationaler Ebene im Mittelpunkt der Politik und Praxis der Erwachsenenbildung. Auch die Europäische Kompetenzagenda betont die Rolle der nichtformalen Erwachsenenbildung zum Nutzen von Einzelnen, der Gesellschaft und der Wirtschaft (EG, 2020). In Leitaktion 8 wird speziell auf „Life Skills“, also Lebenskompetenzen, verwiesen. Darüber hinaus werden Lebenskompetenzen durch die Europäische Säule sozialer Rechte unterstützt, die lebenslanges Lernen als Recht festschreibt (EK, 2017). Das Ergebnis ist ein EU-Kernziel, dem zufolge bis 2030 mindestens 60 Prozent der Erwachsenen jedes Jahr an einer Weiterbildung teilnehmen sollten (EK, 2021). Lebenskompetenzen sind auch Gegenstand der Bemühungen von Verbänden der Erwachsenenbildung in der EU, wie z. B. des European Basic Skills Network (EBSN), das die Entwicklung integrierter Strategien und Maßnahmen sowie ganzheitlicher Ansätze und Programme für die Entwicklung der Grundfertigkeiten von Erwachsenen in der EU unterstützt.

Der Grund für die Fokussierung der Erwachsenenbildungspolitik auf Lebenskompetenzen ist der derzeitige Wissensstand bezüglich der Kompetenzen und der Teilnahme bestimmter Gruppen von Erwachsenen am lebenslangen Lernen in den meisten Mitgliedstaaten. Um nur einige Aspekte zu nennen:

  • Millionen Erwachsene in der EU haben ein nur geringes Kompetenzniveau oder unzureichende Fähigkeiten für lebenslanges Lernen und ein erfolgreiches Arbeits- und persönliches Leben (jede vierte erwachsene Person im Alter von 16 bis 65 Jahren in der EU weist Schwächen beim Lesen und Schreiben und/oder beim Rechnen auf [OECD, 2019]).
  • Es gibt Beweise dafür, dass die Faktoren Bildungsniveau und Alter bestimmend für die Teilnahme an lebenslangem Lernen sind: Erwachsene mit niedrigem Bildungsniveau sind in diesem Bereich 1,6 bis 12,1 Mal seltener aktiv als Erwachsene mit Hochschulbildung (Datenreihe der Arbeitskräfteerhebung 2011-2020).
  • Eine wachsende Zahl von Migranten und Geflohenen in der EU muss Fähigkeiten und Kompetenzen entwickeln, um in der EU erfolgreich leben zu können.
  • Die bestehenden Programme für die Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen, die auf breiter Basis langfristige Auswirkungen auf die sozial schwächsten Gruppen haben sollten, sind nur unzureichend wirksam. 
  • Beweise belegen, dass die Kosten der Qualifikationslücke für Gesellschaft und Wirtschaft höher sind als die notwendigen Investitionen in Möglichkeiten, Qualifikationen zu erwerben.
  • Außerdem ist bewiesen, dass bessere Kompetenzen individuelle und gesellschaftliche Nutzen nach sich ziehen (bessere Gesundheit, stärkeres Vertrauen in andere, bessere Löhne, hohe Beteiligung an Freiwilligenaktivitäten, hohe politische Wirksamkeit [OECD, 2019]).

Es stellt sich die Frage, warum bildungspolitische Maßnahmen die sozial schwächsten Erwachsenen nicht erreichen. Und es stellt sich auch die Frage, was Ansätze zur Vermittlung von Lebenskompetenzen in dieser Hinsicht bieten können.

Warum Life Skills?

Lebenskompetenzen stehen in einem engen Zusammenhang mit den zentralen Herausforderungen, mit denen Erwachsene in der Welt von heute konfrontiert sind. Sie sind eng mit der jeweiligen Lebenssituation verwoben, da sie das Ergebnis einer konstruktiven Verarbeitung von Informationen, Erfahrungen und anderen Ereignissen des täglichen Lebens und der Arbeit sind. Besonders wichtig sind die sozialen Dimensionen, da sie die Einzelnen dazu zwingen, sich Fähigkeiten anzueignen und bewusst Einstellungen und Werte zu entwickeln, um sich realen Situationen zu stellen und sie zu meistern. Und schließlich finden die Aktivitäten des täglichen Lebens in einer Vielzahl von Kontexten (politischer Prozess, Arbeitsplatz, zu Hause, in der Gemeinschaft oder in nicht-formalen und informellen Umgebungen) sowie in verschiedenen Sektoren und Bereichen (Gesundheit, Umwelt, Geschlecht, Arbeit usw.) der menschlichen Existenz statt. Daher müssen die Lebenskompetenzen je nach den verschiedenen Lebenssituationen definiert und laufend angepasst werden.

Die Ansichten und Auffassungen darüber, was unter Lebenskompetenzen zu verstehen ist, differieren zwangsläufig enorm. Zu den allgemein definierten Lebenskompetenzen gehören die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die erforderlich sind, um in konkreten Situationen konzeptionell zu denken und zu reflektieren, die Fähigkeit, effektiv mit der Umwelt zu interagieren, und die Motivation zu lernen. Aber auch psychologische Faktoren (Problemlösungskompetenz, Selbstvertrauen und Fähigkeit zum kritischen Denken) spielen für ein erfolgreiches Leben eine wichtige Rolle. In der Praxis können sich Definitionen oder sogar Rahmen für Lebenskompetenzen auf alle drei oder auf nur einen dieser Aspekte konzentrieren. Meist stehen die psychologischen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Leben im Vordergrund.

life_skills_for_adults.png

Lebenskompetenzen werden oft auch unter einem lebensumspannenden und lebenslangen Blickwinkel betrachtet. Sie sind nicht auf ein bestimmtes Alter oder auf einen bestimmten Lebensabschnitt beschränkt. Lebenslanges Lernen oder in diesem Fall der Erwerb von Life Skills spiegeln sich in Wissen, Erfahrung, Lebensweisheit, Harmonie und Selbstverwirklichung im praktischen Leben gewöhnlicher Männer und Frauen wider (und nicht nur im nationalen Lehrplan). Diese Faktoren können auch Erfolg im persönlichen und beruflichen Leben beeinflussen. Aus sozialer Sicht können sie Zusammenhalt, Glück, Wohlbefinden und das gute Funktionieren einer Gruppe bedeuten. 

Einflussreiche Autorinnen und Autoren und ihre Konzepte 

Bei einer Literaturrecherche finden sich mehrere einflussreiche Autorinnen und Autoren und ihre Gedanken, die für das Verständnis des Erwerbs von Lebenskompetenzen relevant sind. Elinor Ostrom, eine amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin (Nobelpreisträgerin), beschäftigte sich zum Beispiel mit der Einbeziehung der Menschen in die Verwaltung der Allmenden, der Gärten der Gemeingüter (Ostrom, 1990). Paolo Freire, ein brasilianischer Erwachsenenbildner, betonte die Bedeutung der Entwicklung von Reflexionsfähigkeiten ein, die Erwachsene in die Lage versetzen, soziale Maßnahmen zu ergreifen, um die Bedingungen für sich selbst und ihre Gemeinschaften zu verbessern (Freire, 1970). Knud Illeris, Inhaber eines Lehrstuhls für Lebenslanges Lernen in Dänemark, wies auf die transformative Rolle des Lernens und seinen Einfluss auf die Bildung der eigenen Identität hin (Illeris, 2014).  Der Begriff „Verwirklichungschancen“ wurde den Ideen des indischen Wohlfahrtsökonomen Amartya Sen (ebenfalls Nobelpreisträger) und der amerikanischen Philosophin Marta Nussbaum entnommen. Sen beschäftigt sich zeitlebens mit der globalen Ungleichheit und mit der Frage, wie wir unser individuelles und kollektives Potenzial ausschöpfen können. Sein zentraler Gedanke ist, dass wir unseren Blick vor allem auf die Entwicklung des menschlichen Potenzials oder auf die Fähigkeit richten sollten, Wohlbefinden zu erlangen. Sen vertrat und entwickelte seine Ideen auf der Grundlage von Martha Nussbaums Analyse geschlechtsspezifischer Fragen in der Entwicklung, die sich aus dem Ansatz der „Kompetenzen“ zur Analyse der Lebensqualität ergibt. Nussbaum und Sen versuchten, Wohlbefinden objektiv zu definieren, indem sie eine Reihe zentraler menschlicher Fähigkeiten identifizierten, die für die umfassende Funktionsfähigkeit des Menschen entscheidend sind. Sie beurteilten das Wohlbefinden (und den Erfolg entwicklungspolitischer Maßnahmen) danach, inwieweit Einzelne Umstände vorfinden, die zur Realisierung dieser Verwirklichungschancen führen (Nussbaum und Sen, Hrsg., 1993).

Viele Aspekte der oben genannten Überlegungen und theoretischen Hintergründe sind bereits in die bestehenden Definitionen und/oder Rahmen für die Vermittlung von Lebenskompetenzen eingeflossen, so auch die im Rahmen des LSE-Projekts vorgeschlagenen. Ein Beispiel ist die Unicef-Definition von Lebenskompetenzen als Teil eines umfassenden Rahmens, der einen ganzheitlichen Bildungsansatz befürwortet. Laut Unicef sind „Lebenskompetenzen eine Reihe von universell anwendbaren und kontextbezogenen Fähigkeiten, Einstellungen und sozio-emotionalen Kompetenzen, die Einzelpersonen in die Lage versetzen, zu lernen, fundierte Entscheidungen zu treffen und ihre Rechte wahrzunehmen, um ein gesundes und produktives Leben zu führen und in der Folge Akteure des Wandels zu werden“.  Darüber hinaus wird festgestellt, dass Lebenskompetenzen eine Ergänzung und keinen Ersatz für Grundfertigkeiten wie Lesen und Rechnen darstellen und dass beide integriert werden müssen, anstatt isoliert betrachtet oder parallel gefördert zu werden (Unicef, 2019, S.7 und 23).

Life Skills for Europe – Definition und Lernrahmen

Die Interpretation der Taxonomie von Begriffen wie Fähigkeiten, Wissen, Kompetenzen, Fertigkeiten usw. und die Untersuchung der Beziehungen zwischen ihnen ist einer der authentischen Beiträge des LSE-Projekts. Die Erkenntnisse aus der Literatur und den bestehenden Praktiken im Rahmen der LSE-Projekte ermöglichten die folgende Definition von Lebenskompetenzen: „Lebenskompetenzen sind ein Bestandteil der Fähigkeiten, die in einem bestimmten sozialen, kulturellen und ökologischen Kontext für das Leben und die Arbeit erforderlich sind(Javrh et al, 2018, p. 4). Diese Definition ist einfach und in der Erwachsenenbildung anwendbar. Sie impliziert keine bestimmte Gruppe von Fähigkeiten oder Fertigkeiten, sondern ist offen für Änderungen und Kombinationen von Kompetenzen. Lebenskompetenzen sind verschiedene Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ein „kompetentes Erwachsenenleben“ ermöglichen. Beispiele sind soziales und staatsbürgerliches Engagement, Selbstwirksamkeit, Beschäftigungsfähigkeit und kritisches Denkvermögen. Die verschiedenen Arten von Lebenskompetenzen ergeben sich aus den Bedürfnissen des/der Einzelnen in realen Situationen.

life_skills_for_adults3.png

Quelle: Javrh et al, 2018, S. 5.

Der Begriff „Fähigkeiten“ wurde vorgeschlagen, um die Definition von (Schlüssel-)Kompetenzen zu erweitern. In diesem Zusammenhang betont der LSE-Bericht deutlich, dass die kritischen und ethischen Dimensionen integrale Bestandteile der Entwicklung von (Schlüssel-)Kompetenzen sind, die durch den Begriff „Fähigkeiten“ repräsentiert werden.

Nach Ansicht von LSE ist das Verständnis der Fähigkeiten nicht kontextbezogen. Unabhängig von den spezifischen Umständen ermöglichen sie funktionale Reaktionen und Handlungen in einem breiten Spektrum unterschiedlicher Aktivitäten auf der Grundlage kritischer Beurteilung. Sie sind auf verschiedene Berufe übertragbar und ermöglichen vor allem die individuelle Entwicklung und die aktive Teilnahme an der Arbeitswelt und an der Gesellschaft. Lebenskompetenzen werden nicht immer durch Bildung erworben, sondern häufig durch Erfahrung und Praxis im täglichen Leben. Sie sind neben den Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten, den praktischen Fähigkeiten (z. B. Digitalkompetenz) und dem kulturellen Lernen eine der wichtigsten Errungenschaften der Erwachsenenbildung.

Der LSE-Lernrahmen bietet einen konsistenten, europaweit anwendbaren Rahmen für den Erwerb von Lebenskompetenzen. Er zielt darauf ab, das gemeinsame Verständnis von Lebenskompetenzen in die Praxis umzusetzen. Dazu definiert er acht Schlüsselkompetenzen, die für ein beruflich und persönlich erfolgreiches Leben notwendig sind. Das sind: Rechnen, Lesen und Schreiben, Finanzkompetenz, staatsbürgerliche und demokratische Fähigkeiten, persönliche und zwischenmenschliche Fähigkeiten, Gesundheit, digitale Kompetenz und Umweltkompetenz. Die Kombinationen dieser Kompetenzen befähigt Erwachsene im Allgemeinen dazu, lebenslang zu lernen, Probleme zu lösen, ihr Leben zu bewältigen und sich am Gemeinschaftsleben zu beteiligen. In der Praxis bedeutet dies zum Beispiel, in der Lage zu sein, sich um ihre körperliche und geistige Gesundheit zu kümmern, aktiv zum eigenen Wohlergehen beizutragen, die eigenen Finanzen im Griff zu haben und mit der digitalen Umgebung zurechtzukommen.

life_skills_for_adults2.png

Quelle: Javrh et al, 2018, S. 6.

Die in dem Rahmen beschriebenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Einstellungen stützen sich auf eine Reihe von internationalen und europäischen nationaler Kompetenzrahmen und bauen auf dem Europäischen Referenzrahmen „Schlüsselkompetenzen für lebensbegleitendes Lernen“ auf. Dieser unterstützt Lernende aller Altersgruppen bei der Entwicklung von Schlüsselkompetenzen und grundlegenden Lernfähigkeiten. Die in den Rahmen aufgenommenen Kompetenzen spiegeln auch den Beitrag der LSE-Partner zu nationalen und lokalen Inhalten wider, z. B. durch bestehende Lehrpläne und andere relevante Ressourcen für bestimmte Kompetenzen, und basieren auf der LSE-Projektforschung zu bewährten Verfahren und Instrumenten. Der Rahmen bietet Links zu diesen Ressourcen für jeden Kompetenzbereich. 

Für Praktiker/innen in der Erwachsenenbildung berücksichtigt der Rahmen zwei Aspekte, nämlich die Schwierigkeitsstufe der Fertigkeit/Kompetenz und die Vertrautheit mit dem Kontext für jede Kompetenz. Dies schafft eine Reihe von Ausgangspunkten und unterstützt die Anerkennung der Fortschritte der Lernenden. Der Rahmen ist auf Englisch, Slowenisch, Dänisch und Griechisch verfügbar. 

Es gibt anerkannte Überlappungen zwischen einigen Kompetenzen, z. B. zwischen Rechnen und Finanzkompetenz, Digital-, Lese- und Schreibkompetenz und Finanzen usw., die die reale Verflechtung der Lebenskompetenzen widerspiegeln. Der Rahmen geht von den persönlichen/zwischenmenschlichen Kompetenzen aus, da diese die Fähigkeiten, Kenntnisse und Einstellungen beschreiben, die allen Kompetenzen zugrunde liegen. Der Rahmen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und hat keinen Vorschriftcharakter. Vielmehr versteht er sich als Ausgangspunkt, der ergänzt und angepasst werden kann, um den Bedürfnissen und Anforderungen der verschiedenen Gruppen von Lernenden gerecht zu werden. Ebenso ist er kein Lernprogramm, das die Lernenden von Anfang bis Ende durcharbeiten. Das Lernen sollte vielmehr so priorisiert werden, dass die ausgewählten Kompetenzen die Bedürfnisse der Lernenden widerspiegeln.

Fazit

Unsere Vision ist, dass in Zukunft für jedes Bildungsvorhaben die Frage gestellt werden muss, ob und inwieweit es Lernaktivitäten zur Entwicklung von Lebenskompetenzen fördert, die für die Bewältigung der zentralen Lebens- und Überlebensfragen unerlässlich sind.

Bestehende Praktiken haben gezeigt, dass Lebenskompetenzen in nicht-formalen und informellen Lernumgebungen systematisch erworben und gestärkt werden können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Befähigung von Erwachsenen durch sinnvolles Lernen. 

Die Forschungsergebnisse und die Praxis der Erwachsenenbildung zeigen deutlich, dass Grundfertigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben sowie digitale Fertigkeiten die Grundlage für lebenslanges Lernen und für die Entwicklung von Lebens- und Arbeitskompetenzen sind. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Entwicklung integrierter politischer Maßnahmen sowie ganzheitlicher Ansätze und Programme für die Entwicklung von Grundfertigkeiten bei Erwachsenen in der EU unterstützt wird. 

Lebenskompetenzen können nicht auf abstrakte und theoretische Weise erlernt werden – jeder und jede Einzelne muss die Erfahrungen dort sammeln, untersuchen und diskutieren, wo sie im realen Leben gemacht werden. Es ist wichtig, den Kontext von Lebenskompetenzen zu berücksichtigen, da dieser einer der entscheidenden Faktoren für den Erfolg ihres Erwerbs ist. Lebenskompetenzen müssen an die spezifischen Kontexte jedes Landes, jeder Gruppe und jeder Einzelperson angepasst werden.

Sie entwickeln sich im Hinblick auf individuelle, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Kontexte ständig weiter. Es wird aber immer Einzelpersonen und Gruppen geben, die nicht in der Lage sind, bestimmte Lebenskompetenzen zu erwerben.

Quellen:

Europäische Kommission (2017). Europäische Säule sozialer Rechte, Amt für Veröffentlichungen, 2017. Siehe: https://data.europa.eu/doi/10.2792/95934.

Europäische Kommission (2020). Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz 

Europäische Kommission (2021). Aktionsplan für die europäische Säule sozialer Rechte. Sozialgipfel in Porto Siehe: https://www.2021portugal.eu/en/porto-social-summit/action-plan/ .    

Freire, P. (1970). Pedagogy of the Oppressed. New York: Herder and Herder.

Illeris, K. (2014). Transformative Learning and Identity. Routledge.

Javrh, P., Mozina, E. et al (2018). The Life Skills Approach in Europe, Summary of the LSE analysis. Siehe: https://eaea.org/wp-content/uploads/2018/03/Life-Skills-Approach-in-Europe-summaryEN_FINAL_13042018-1.pdf.

OECD (2019). Skills Matter: Additional Results from the Survey on Adult Skills. Publishing, Paris.

Ostrom, E. (1990). In Governing the Commons: The Evolution of Institutions for Collective Action. Cambridge University Press.

Sen, A. und Nussbaum, M,. Hrsg. (1993). The Quality of Life. Clarendon Press Oxford. Siehe auch: https://www.amazon.co.uk/dp/0198287976?psc=1&th=1&linkCode=gs2&tag=worldcat-21&asin=0198287976&revisionId=&format=4&depth=1 .

Unicef (2019). Comprehensive life skills framework, Rights based and life cycle approach to building skills for empowerment. Siehe: https://www.unicef.org/india/media/2571/file/Comprehensive-lifeskills-framework.pdf .

Likeme (4)
Schlagwörter

Kommentar

I enjoyed reading this and I agree with the author on the importance of teaching life skills in adult education - and the need to adapt life skills programmes to suit the individual and the evolving nature of our world.

Likeme (0)