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Lernprozessbegleitung – arbeitsplatznahes Lernen professionell unterstützen

Innovative Ansätze aus dem vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) durchgeführten Projekt „Pro-up“ zeigen, wie berufliche Weiterbildung nicht formal Qualifizierter zielgruppengerecht gestaltet werden kann.

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Wenn Beschäftigte im Helferbereich und Arbeitslose ohne Berufsabschluss eine berufliche Weiterbildung anstreben, dann mit dem Ziel ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten beziehungsweise zu fördern. Gleichzeitig benötigen Unternehmen qualifizierte und flexibel einsetzbare Mitarbeiter/innen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und zu steigern. Der (bildungs-)politische Auftrag an Bildungseinrichtungen zielt damit gleichermaßen auf die Sicherung gesellschaftlicher Teilhabe und Fachkräftesicherung.

Personen ohne formale Qualifikation finden jedoch nur schwer Zugang zu beruflicher Weiterbildung. Aufgrund negativer Bildungserfahrungen in formalen Bildungszusammenhängen haben sie oft Vorbehalte gegenüber konventionellen, seminarförmig organisierten Kursangeboten. Denn diese sind nicht auf die spezifischen Qualifizierungs- und Bildungsbedarfe Lernungewohnter und -entwöhnter zugeschnitten. Finanzielle und organisatorische Hürden erschweren ihnen die Teilnahme zusätzlich.

Pro-Up.
Wegen ihres eher pragmatischen Zugangs zu Bildung präferiert die Zielgruppe in der Regel informelles, arbeitsplatznahes Lernen mit praxisorientierter Theorievermittlung. Doch obwohl Lernen am Arbeitsplatz zu den etablierten Lernformen der beruflichen Bildung zählt, wurde es bisher versäumt, den Betrieb als Lernort für die Zielgruppe zu erschließen. Denn Arbeitsplätze im Helferbereich sind meist wenig lernhaltig. Zudem besitzt die Zielgruppe selten die für die Organisation arbeitsbezogener Lernprozesse erforderlichen Lernstrategien.

Doch kann die Zielgruppe diese Hürden mit Hilfe einer professionellen Lernprozessbegleitung meistern. Diese umfasst neben Lernberatung auch die Förderung beruflicher Grundkompetenzen sowie die Unterstützung bei der Organisation eines lernförderlichen Umfeldes. Sie sollte dabei immer zweifach wirken: in Richtung der nicht formal Qualifizierten sowie der an der beruflichen Weiterbildung beteiligten Betriebe. Gerade auch im Hinblick auf kleine und mittlere Unternehmen, denen die dafür erforderlichen Kompetenzen und Ressourcen oft fehlen, kann das pädagogische Fachpersonal von Bildungsdienstleistern diese Aufgabe übernehmen.

Aus unseren Forschungen wissen wir, dass sich für arbeitsplatznahe Lernsettings vor allem virtuelle Formen der Lernprozessbegleitung eignen. Sie ermöglichen eine lernortunabhängige, individualisierte Vermittlung (über-)fachlicher Inhalte. Durch ihren Einsatz können außerdem individuelle Bedürfnisse der Lernenden adressiert werden, indem Präsenzunterricht mit technologiebasiertem Wissenserwerb kombiniert wird (Blended-Learning). Von besonderem Vorteil ist digital unterstütztes Lernen insbesondere dann, wenn die (angestrebte) berufliche Tätigkeit (Grund-)Kompetenzen im Bereich der „Informations- und Kommunikationstechnik“ erfordert; was im Hinblick auf die Anforderungen der Arbeitswelt 4.0 zunehmend der Fall ist.

Damit eine solche virtuelle Lernprozessbegleitung realisiert werden kann, müssen sowohl bei den Lernenden als auch im Betrieb geeignete Voraussetzungen geschaffen werden. Bei der eher wenig medienaffinen Zielgruppe gilt es im Rahmen von Angeboten zur beruflichen Weiterbildung die für eine zielführende Nutzung erforderlichen Medienkompetenzen aufzubauen. Unternehmen müssen die notwendigen Freiräume für das Lernen schaffen und die Lerninfrastruktur zu Verfügung stellen. Dazu gehört es Lerninseln am Arbeitsplatz einzurichten und diese mit dem notwendigen technischen Equipment auszustatten.

Um das Fachpersonal, das als Lernprozessbegleitung fungieren soll, auf seine neue Rolle vorzubereiten, sollten in der Aus- und Fortbildung neben Fachkompetenzen und Arbeitsfeldwissen pädagogische Kompetenzen stärker als bisher akzentuiert werden. Denn um die Lernenden adäquat unterstützen zu können, benötigen Lernprozessbegleiter/innen Methodenkompetenz, didaktische Kompetenz, Sozialkompetenz und Beratungskompetenz. Beim Einsatz digitaler Medien ist zudem neben eigener Medienkompetenz auch medienpädagogische Kompetenz gefragt. Entscheidend ist außerdem, dass sich die Lernprozessbegleitung mit dem (Selbst-)Verständnis des neuen konzeptionellen Ansatzes als Person identifizieren kann. Dieses (Selbst-)Verständnis beinhaltet eine veränderte Haltung zum Lernenden. Denn im Mittelpunkt stehen seine individuellen Lernvoraussetzungen und -ziele, nicht die Vermittlung vorgegebener Inhalte.

Das Konzept der Lernprozessbegleitung kann aber nicht allein durch die Professionalisierung des Bildungspersonals etabliert werden. Bildungsdienstleister müssen die Entwicklung neuer Lernformen vielmehr mit ihrer Personal- und Organisationentwicklung verknüpfen. Unter anderem sind Kompetenzbereiche, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten in bestehenden Teamstrukturen zu klären. Einen geeigneten „Experimentierrahmen“ für die Implementierung einer neuen Lernkultur bietet Arbeitsmarkt- und Bildungsakteuren der Modellansatz aus dem Projekt „Pro-up“. Er wurde in unterschiedlichen Berufsfeldern im Rahmen von fünf Pilotierungen getestet und bietet eine Blaupause für die Anwendung in der Bildungspraxis.

Mehr erfahren können Interessierte in einem Leitfaden für die Bildungspraxis; dieser und weitere Veröffentlichungen sind auf der Homepage des Projektes abrufbar. Zudem ist ein Sammelband zum Thema „Bildungsinnovationen für nicht formal Qualifizierte“ in Vorbereitung; dieser wird voraussichtlich Ende des Jahres erscheinen.

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Das Projekt „Entwicklung und Erprobung neuartiger Lernformen in Weiterbildungsmaßnahmen für nicht formal Qualifizierte“ (Pro-up) wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderschwerpunkts „Innovative Ansätze zukunftsorientierter beruflicher Weiterbildung“ (innovatWB) unter dem Förderkennzeichen 21IAWB089 gefördert und vom Bundesinstitut für Berufsbildung wissenschaftlich begleitet; durchgeführt wurde es vom f-bb in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. Die Verantwortung für den Inhalt der Veröffentlichung liegt bei der Autorin.

Innovat WB.
Über die Autorin:

Dominique Dauser (Diplom-Psychologin) war langjährig als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Koblenz-Landau (Forschung im Bereich Lernen mit Multimedia) und in der Erwachsenenbildung (Organisation und didaktische Konzeption von Qualifizierungsmaßnahmen) tätig. Seit 2002 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) in Nürnberg.


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