Blog 9 November 2021

Der „ProfilPASS zum Durchstarten“ für benachteiligte junge Erwachsene – eine neue Version des bewährten ProfilPASS

Der ProfilPASS zum Durchstarten richtet sich an NEETs, benachteiligte junge Erwachsene, die den (Wieder)Einstieg in Beschäftigung und Bildung suchen.

Redaktion Deutsches Institut für Erwachsenenbildung

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Cover ProfilPASS zum Durchstarten

Viele junge Erwachsene in Europa sind weder in Arbeit noch in Bildung oder Ausbildung. Gerade für diese benachteiligten jungen Erwachsenen (sogenannte NEETs – Not in Employment, Education or Training) ist es sehr wichtig, einen (Wieder-)Einstieg in Beschäftigung oder (Aus-)Bildung zu finden, um negative Langzeitfolgen zu vermeiden.

Der „ProfilPASS zum Durchstarten“, der im Rahmen des EU-Projekts CORE "assessing COmpetences for REintegration" entwickelt wurde, unterstützt mit einem passenden Beratungsangebot die (Wieder-)Eingliederung der Zielgruppe NEETs.

Verschlechterung der Ausgangslage der NEETs während der COVID-19-Pandemie

Die Arbeitslosigkeit von jungen Erwachsenen in Europa steigt zurzeit durch die globale COVID-19-Pandemie wieder an. Im Februar 2021 lag die Jugendarbeitslosenquote in der EU bei 17,2 %, ein Anstieg um 230 000 Personen im Vergleich zum Vorjahr.[1] Insbesondere in den Balkanländern gibt es sehr viele NEETs - Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren, die sich weder in (Aus-)Bildung noch in Beschäftigung - befinden. Das Hauptziel des Erasmus+-geförderten Projekts CORE war es, NEETs bei ihrer (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt oder in das Bildungssystem zu unterstützen, indem bei einem strukturierten ProfilPASS-Beratungsprozess ihre non-formal und informell erworbenen Kompetenzen sichtbar gemacht und anerkannt werden. Zugleich wird angestrebt, ihr Selbstwertgefühl zu stärken und sie so zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu befähigen.

Die COVID-19-Pandemie erschwert die Ausgangslage dieser Zielgruppe. Studien zeigen, dass junge Menschen unverhältnismäßig stark von den sozialen und wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie betroffen sind, z.B. durch Unterbrechungen der (Aus-)Bildung, Beschäftigungs- und Einkommensverluste und erschwerte Bedingungen, einen Arbeitsplatz zu finden.[2] Laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) werden pandemiebedingte Unterbrechungen der (Aus-)Bildungen wahrscheinlich die Entwicklung von berufsrelevanten Fähigkeiten einschränken und gleichzeitig die Ungleichheiten zwischen privilegierten und marginalisierten Gruppen verstärken[3]. Es besteht somit die Gefahr der Entstehung einer "Lockdown-Generation", die ihr gesamtes (Berufs-)Leben von dieser Zeit geprägt werden könnte.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist es essenziell, die Kompetenzen der Betroffenen sichtbar und bewusst zu machen, damit eine (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt oder Bildungssystem ermöglicht werden kann. Dafür wurden im CORE-Projekt unterstützende und hilfreiche Bildungsmaterialien (das CORE-Toolkit, der ProfilPASS zum Durchstarten, das CORE-Curriculum sowie das CORE-Manual) erarbeitet.

CORE-Projektergebnisse – hilfreiche Bildungsmaterialien

Das CORE-Toolkit ist eine Sammlung von Tools und Methoden für Beratende, die mit der Zielgruppe NEETs arbeiten. Es umfasst insgesamt 27 Instrumente zur Kompetenzermittlung, Berufsorientierung und Berufswahl sowie zur Selbstermächtigung und Weiterqualifizierung von NEETs, welche kostenfrei online verfügbar sind. Das Herzstück des CORE-Toolkits ist der „ProfilPASS zum Durchstarten“, der speziell auf die Bedürfnisse der Zielgruppe NEETs angepasst wurde. Seit 2006 unterstützt der originale ProfilPASS Erwachsene bei der Planung ihrer beruflichen Weiterentwicklung, der Vorbereitung auf den (Wieder-)Eintritt ins Erwerbsleben, bei der beruflichen und persönlichen (Neu-)Orientierung und der Planung zukünftiger Lernvorhaben.[4] Als Instrument zur Kompetenzermittlung, das von qualifizierten ProfilPASS-Beratenden eingesetzt wird, liegt der Fokus insbesondere auf informelle und non-formal erworbene Kompetenzen. Seit 2007 existiert der ProfilPASS für junge Menschen, der Jugendliche ab 13 Jahren bei der Ermittlung ihrer Fähigkeiten, Stärken und Interessen unterstützt.[5] Die Jugendlichen entdecken im Rahmen einer ProfilPASS-Beratung insbesondere das Wissen und Können, das sich nicht in Schulnoten wiederfindet. Dabei werden alle Lebensbereiche betrachtet: Aktivitäten in der Schule sind genauso wichtig wie Hobbys und das Zusammensein mit der Familie und Freund*innen.

Der „ProfilPASS für Erwachsene“ und der „ProfilPASS für junge Menschen“ dienten als Vorlagen für den neuentwickelten „ProfilPASS zum Durchstarten“. Durch sprachliche und inhaltliche Adaptionen wurde er an die Bedarfe der Zielgruppe NEETs angepasst. Inhaltlich ist der „ProfilPASS zum Durchstarten“ speziell auf die Lebenssituation der jungen benachteiligten Erwachsenen zugeschnitten. Dabei werden ihre Erfahrungswelten und Bedürfnisse berücksichtigt. So werden z.B. zusätzliche Materialien (Lebenslauf, Anschreiben sowie Tipps zum professionellen Umgang beim Netzwerken und im Vorstellungsgespräch), welche Karriereentscheidungen und Bewerbungsprozesse unterstützen, zur Verfügung gestellt. Bei der Gestaltung des spezifischen Layouts wurde auf die Sehgewohnheiten der Zielgruppe geachtet, um das Instrument für eben diese attraktiver, ansprechender und motivierender zu gestalten. Durch Verlinkungen und Farbcodierung der einzelnen Kapitel ist die Navigation durch den digitalen „ProfilPASS zum Durchstarten“ erleichtert und modernisiert. Zudem sind Sachverhalte sprachlich vereinfacht formuliert und mit zusätzlichen Erläuterungen (z.B. durch ein Glossar für spezifische Begriffe bzw. Fachausdrücke) ergänzt, um den Zugang für Menschen mit unterschiedlichem Bildungsniveau zu ermöglichen. Zwei wiederkehrende Figuren mit typischen Biografien (NEET-Testimonials) unterstützen durch ihre Beispielantworten und Erfahrungsberichte. Somit dienen sie als positive Vorbilder. Zugleich motivieren sie die Zielgruppe zur Arbeit mit dem ProfilPASS. Ergänzend führt ein „Moderator“ (Erzähler) durch den ProfilPASS, indem dieser Aufgaben anleitet, Übungen erklärt und nützliche Tipps zur erfolgreichen Bearbeitung zur Verfügung stellt. Neue, für die Zielgruppe relevante Kapitel („Erfahrungen mit der Jobsuche”, „Mein Beruf”, „Meine Ziele und nächsten Schritte”, „Mein Lebenslauf”, „Mein Anschreiben” und „Professioneller Umgang beim Netzwerken und im Vorstellungsgespräch”) ergänzen den "ProfilPASS zum Durchstarten" inhaltlich. Im Fokus stehen hierbei die Unterstützung von Karriereentscheidungen und der Prozess der Arbeitssuche sowie die Bewerbung um die richtige Arbeitsstelle. Die ersten drei Kapitel „Mein Leben“ (1), unterteilt in bisheriges Leben, soziales Netzwerk, Beschreibung eines typischen Tages, „Meine Tätigkeitsfelder“ (2), unterteilt in Leben zu Hause/Familie/Fürsorge für andere, Hobbys/Freizeit, (Schul)Bildung, Berufserfahrung/Freiwilligenarbeit/Praktika, Teilnahme an Projekten/Workshops/Kurse, und besondere Lebenssituationen sowie „Meine Eigenschaften“ (3) ermöglichen eine gründliche Erfassung der erlangten Kompetenzen. Anschließend werden diese im Kapitel „Meine Kompetenzen – ein Überblick“ (4) in einem Kompetenzprofil zusammengefasst. Die letzten beiden Kapitel „Meine Zukunft“ (5) und „Meine Bewerbungen und Dokumente“ (6) konzentrieren sich auf die nächsten Schritte und darauf, wie das Kompetenzprofil sinnvoll für die Jobsuche genutzt werden kann. Am Ende der ProfilPASS-Beratung erhalten die Ratsuchenden ein Zertifikat über die in der Beratung ermittelten Kompetenzen, welche dadurch sichtbar werden und bei Bewerbungen vorgelegt werden können.

Neben der Entwicklung von spezifischen Tools für die Ratsuchenden verfolgt das CORE-Projekt auch das Ziel, Beratende in den Partnerländern zu professionalisieren. Dafür wurden auch Begleitmaterialien (Manual und Curriculum für Beratende) entwickelt, die als Hilfsmittel für einen ressourcenorientierten Beratungsprozess genutzt werden können. Das CORE-Manual für Beratende ist ein Begleitdokument zum CORE-Toolkit und dem ProfilPASS zum Durchstarten. Es bietet Hintergrundinformationen sowie Richtlinien und Vorschläge für Beratende, wie das CORE-Toolkit und der „ProfilPASS zum Durchstarten“ angewendet werden können. Das CORE-Curriculum basiert auf dem CORE-Toolkit und dem neuen „ProfilPASS zum Durchstarten“. Es bietet Richtlinien und Empfehlungen für die Ausbildung von Beratenden, sowohl in Bezug auf Ausbildungsinhalte als auch auf Ausbildungsmethoden.[6] Zusammen mit dem im Rahmen des Projektes durchgeführten CORE-Training leisten diese Begleitmaterialien einen Beitrag zur Professionalisierung von Beratenden in den am CORE-Projekt beteiligten Ländern.

Ausblick – Wohin führt der Weg mit dem „ProfilPASS zum Durchstarten“?

Der „ProfilPASS zum Durchstarten“ ist im Open-Access auf Deutsch, Bosnisch, Englisch, Mazedonisch, Serbisch, Slowenisch verfügbar. Derzeit läuft die Erprobungsphase im Rahmen des CORE-Projekts mit jungen benachteiligen Erwachsenen in den Partnerländern, die wichtige Erkenntnisse für die Anwendung und die Wirkung des ProfilPASS zum Durchstarten bringen wird.

Projektrahmen

Das EU-geförderte Projekt CORE "assessing COmpetences for REintegration" startete am 1. Oktober 2019 im Rahmen des Erasmus+ Programms und endet am 31. Dezember 2021 (Projektreferenz: 2019-1-DE02-KA204-006193). Koordiniert wird das CORE-Projekt vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V. in Kooperation mit den Partnerorganisationen mit den Partnerorganisationen Association for Competency Development "S.K.I.L.L.S." (SKILLS) aus Bosnien und Herzegowina, Lifelong Learning Center (LLC) aus Nordmazedonien, Association of Citizens Laris (LARIS) aus Serbien und Adragoski zavod Ljudska Univerza Velenje (LUV) aus Slowenien.

**Über die Autor*innen**

Miriam Lindermeir ist wissenschaftliche Hilfskraft in der Servicestelle ProfilPASS beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V.

Goran Jordanoski ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V. Seit 2019 koordiniert er das Projekt CORE ‒ "assessing COmpetences for REintegration" (2019-1-DE02-KA204-006193).