European Commission logo
Anmelden Ein Konto erstellen
Mehrere Wörter mit Komma trennen

EPALE - Elektronische Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

Blog

Corona und das Klima

Corona und das Klima sind beides Herausforderungen, denen sich die Menschheit stellen muss, beides Begriffe, die Ängste und Sorgen in den Menschen auslösen. Corona zieht unbestreitbar massive wirtschaftliche Folgen nach sich. Zahllose Branchen sehen sich mit Zukunftsängsten konfrontiert. Vor diesem Hintergrund steht zu befürchten, dass der Umweltschutz auf der politischen Agenda nach hinten rutscht. Dabei kann der Virus ein Ansatz sein, der Umwelt- und Klimapolitik neuen Schwung und neuen Auftrieb zu geben. Wie kann die Erwachsenenbildung dazu beitragen?

Gerd_altmann_pixabay_3
Ähnlichkeiten…

  
Corona und das Klima, diese beiden Begriffe verbindet mehr als phonetische, wenn auch nicht orthographische Ähnlichkeit. Es sind beides Herausforderungen, denen sich die Menschheit stellen muss, beides Begriffe, die Ängste und Sorgen in den Menschen auslösen, wenn auch der Wirkmechanismus ein unterschiedlicher ist, wenn Corona auch als unmittelbarere, schnelllebigere Gefahr wahrgenommen und verstanden wird, wenn der Virus auch greifbarer, plastischer ist als die vage Vorstellung einer sich über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg zum Nachteil des Menschen verändernden Klimatik.

  

… und Unterschiede


Klima, Klimawandel, Klimaschutz sind seit Jahrzehnten politische Themen, bereits 1969 gab es auf Betreiben von Richard Nixon hin erste Bestrebungen, umweltpolitische Maßnahmen international zu koordinieren, umweltpolitisch ausgerichtete Parteien folgten wenige Jahre später, so 1980 Bündnis 90/Die Grünen in Deutschland, 1981 AGALEV (heute Groen) im belgischen Flandern, 1980 Ecolo im belgischen Wallonien oder 1986 Die Grünen – Die Grüne Alternative in Österreich.
COVID-19 hingegen trat erstmals Dezember 2019 im chinesischen Wuhan auf, um sich dann innerhalb weniger Wochen über die Welt zu verbreiten. Man könnte sagen, zu einem Problem der Menschheit gesellt sich ein weiteres hinzu. Oder ist auch eine andere Sichtweise möglich? Kann das eine möglicherweise sogar hilfreich bei der Lösung des anderen sein?

  

Positiv…

  
Im Rahmen der zwecks Eindämmung der Corona-Pandemie verhängten Beschränkungen in zahlreichen Ländern ist der weltweite CO2-Ausstoß massiv zurückgegangen. Fabriken sind geschlossen worden, der Flugverkehr ist zum Erliegen gekommen, die Menschen arbeiteten entweder gar nicht mehr oder im Home Office, sodass der Arbeitsweg entfiel. Laut Einschätzung der International Energy Agency (IEA) werden die CO2-Emmissionen im Jahr 2020 um 2,6 Milliarden Tonnen sinken.

  

… und Negativ

  
Aber: einmal emittierte Klimagase verschwinden nicht, nur weil wir sie nicht mehr produzieren, sie lagern sich in der Atmosphäre an. Das heißt, die seit Jahrzehnten und Jahrzehnten ausgestoßenen Klimagase müssen, so eines der Ziele der Pariser Klimakonferenz, aus der Atmosphäre zurückgeholt werden – was eine Technik nötig macht, an der noch geforscht und gefeilt wird.

Ein weiteres Aber: nicht auf alle für den CO2-Ausstoß ursächlichen Faktoren hat die Pandemie einen begrenzenden Einfluss. Stromerzeugung und der Agrarsektor beispielsweise werden durch Corona kaum berührt, haben aber einen durchaus nennenswerten Anteil an globalen Emissionen. Die Beheizung von Gebäuden erfolgt immer noch zum Großteil unter Ausnutzung fossiler Energieträger.

Abermals ein Aber: die Corona-Pandemie scheint langsam – und sicherlich wünschenswerterweise - unter Kontrolle gebracht zu werden. Doch sowie die Eindämmungsmaßnahmen gelockert werden, ist mit einem Nachholbedarf der Bevölkerung zu rechnen, sodass die bisher eingesparten Emissionen nur eine Momentaufnahme darstellen, eine realistische Einschätzung, inwieweit durch Corona CO2-Emissionen eingespart worden sind, wird erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen können. Es ist durchaus naheliegend, dass, wenn abschließend überhaupt Emissionen eingespart worden sind, dies in wesentlich geringerem Umfang der Fall sein wird, als es derzeit den Anschein erweckt. Nicht einmal das gegenteilige Szenario, dass das Bedürfnis der Menschen, die im Lockdown verlebten Monate aufzuholen, sie dazu bewegt, so viel mehr zu konsumieren, dass unter dem Strich sogar mehr CO2 ausgestoßen wird als wenn es Corona und die entsprechenden Beschränkungen nie gegeben hätte, erscheint ausgeschlossen.

Ein abschließendes Aber: Corona zieht unbestreitbar massive wirtschaftliche Folgen nach sich. Zahllose Branchen sehen sich mit Zukunftsängsten konfrontiert. Vor diesem Hintergrund steht zu befürchten, dass der Umweltschutz auf der politischen Agenda nach hinten rutscht. Unterstützungsmaßnahmen für Autobauer und Fluglinien zeigen, dass es zumindest Tendenzen in diese Richtung gibt.

  

Die Zeit wird zeigen…

  
Wie schon die oberen Absätze zeigen, sind die negativen Auswirkungen von Corona auf das Klima deutlich umfangreicher als die positiven. Aber ganz so simpel ist die Betrachtung nicht.
Wirtschaftlicher Wiederaufbau ist erforderlich, keine Frage. Die Kunst wird sein, die schmale Gratwanderung zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und umwelt- und klimapolitischer Umsicht zu gewährleisten. Es gibt bereits Beispiele von Maßnahmen, um die Konsequenzen Coronas abzumildern und zeitgleich die Klimapolitik nicht zu belasten oder idealerweise sogar weiter zu fördern. Nennen könnte man hier beispielsweise die deutsche Prämie für den Kauf Elektroautos, um die Automobilbranche zu unterstützen, oder französische Bestrebungen, der Flugzeugbranche zu helfen, aber die Anzahl an Inlandsflügen zu reduzieren.

Vor diesem Hintergrund kann die Corona-Pandemie durchaus als Chance zu einer Energie- und Klimawende betrachtet werden. Aus Corona resultiert die Erforderlichkeit, auf politischer, nationaler und internationaler Ebene tätig zu werden, um die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn nun also ohnehin massive Bemühungen auf politischer Ebene erforderlich werden, wieso diese nicht gleich nutzen, um auch dem Klima zugutezukommen?

Das Risiko ist, dass der Klimaschutz komplett hintenüberfällt, dass sich nun einseitig auf ein Ankurbeln der Wirtschaft konzentriert wird, Klimapolitik verführt ja regelrecht dazu, sie gelassen zu betrachten, es gibt drängendere Themen, das Jahr 2100 ist noch sehr weit weg. Das ist die Gefahr an einer sehr mittelbaren, wenig plastischen Bedrohung. Corona hat uns keine Wahl gelassen. Auf Corona musste die Menschheit so schnell und drastisch wie möglich reagieren, sonst hätte der Virus uns überrollt. Aber der Klimawandel? Der lässt sich Zeit, man hört es schon im Namen: Wandel, ein Wandel über Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte. Der Klimawandel lässt sich tatsächlich Zeit, das ist nicht zu leugnen – mehr jedenfalls als der Corona-Virus.

Eine nachvollziehbare, jedoch fehlerhafte oder zumindest sehr gefährliche Schlussfolgerung wäre allerdings die Annahme, wir hätten für die Reaktion auf den Klimawandel ebenso viel Zeit. Es liegt in der menschlichen Natur, erst dann tätig zu werden, wenn es beinahe zu spät ist. Und das ist der Wink mit dem Zaunpfahl, den Corona uns bietet. Auf Corona und seine direkten Konsequenzen muss jetzt reagiert werden, da gibt es keine Diskussion. Wieso also nicht die Gelegenheit nutzen, den Effekt der Maßnahmen, die es ohnehin bereits gibt, geben wird und geben muss, zu maximieren, damit sie nicht nur dem wirtschaftlichen Wiederaufbau, sondern eben auch dem Umwelt- und Klimaschutz dienen?

Corona selbst hat eine verhältnismäßig geringe Auswirkung auf das Klima, geringer jedenfalls, als man glauben mag. Aber der Virus kann ein Ansatz sein, der Umwelt- und Klimapolitik neuen Schwung und neuen Auftrieb zu geben. Das Risiko ist, dass es sich ins Gegenteil verkehrt. Was letztlich zutrifft, wird die Zeit zeigen.

     

   Welchen Part die Erwachsenenbildung in diesem Szenario einnehmen kann,
zeigt EPALE anhand von zahlreichen Beispielen:

        


Über den Autor: Cedric Dümenil arbeitet seit November 2018 in der Nationalen Agentur Erasmus+, angesiedelt im Jugendbüro der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, wo er für die Bewertung und Bearbeitung der Anträge und Projekte in den Bereichen Schulbildung, Berufliche Bildung und Hochschulbildung verantwortlich zeichnet. Neben seiner Tätigkeit im Jugendbüro studiert er darüber hinaus noch Rechtswissenschaften an der Universität Trier. In seiner dann noch verbliebenen Freizeit interessiert er sich insbesondere für Sprachen und Literatur.


Vom gleichen Autor:


Likeme (3)