Freiwilliges Engagement: Lernort! und Lernrendite?

Lesedauer circa 3 Minuten - Lesen, liken und kommentieren!
Das unbezahlte freiwillige Engagement – innerhalb von Vereinen, Parteien, sozialen Bewegungen oder ganz individuell organisiert – dient nicht nur dem Wohl der Gesellschaft und der Stabilisierung der Demokratie. Es ist auch ein zentraler Ort zu Lernen. Erlernt werden praktische Fähigkeiten, wie zum Beispiel das Löschen eines Brandes durch Engagement bei der freiwilligen Feuerwehr, die rückenschonende Hebetechnik durch Engagement im Altenheim oder gar das Projektmanagement durch das Organisieren einer Ferienfreizeit innerhalb eines Jugendverbands. Neben praktischen Fähigkeiten wird auch gesellschaftlich relevantes Wissen vermittelt, zum Beispiel über das Vereinsrecht, über pädagogische Praxis, oder über aktuelle politische Entwicklungen.
In diesem Kontext ist es wenig überraschend, dass in der Forschung und innerhalb verschiedener Berichterstattungen stets über einen starken positiven Zusammenhang zwischen freiwilligem Engagement und der Teilnahme an Erwachsenen- und Weiterbildung oder dem informellen Lernen informiert wird. Dieser Zusammenhang kann jedoch auch darauf zurückgeführt werden, und wird häufig vor allem in politischen Kontext insofern interpretiert, dass freiwilliges Engagement auch die Folge und nicht die Ursache von Lernaktivitäten sein kann. Innerhalb des, durch das BMBF geförderten, Forschungsverbundprojekts Nicht-monetäre Erträge der Weiterbildung: zivilgesellschaftliche Partizipation (NEWz) nahm ich die Fragestellung auf, ob das Lernen Erwachsener zu einer erhöhten Chance der Aufnahme eines freiwilligen Engagements führen kann.

Bild: Ehrenamt (rawpixel / pixabay.com; CC0)
Beeinflusst die Teilnahme an berufsbezogener Weiterbildung die Aufnahme eines Ehrenamtes?
Unter den für mich spannendsten Projektergebnissen ist eine aus Daten der UK Household Longitudinal Study gewonnene Erkenntnis: Der durchschnittliche Zusammenhang zwischen der Teilnahme an berufsbezogener Erwachsenen- und Weiterbildung und der Aufnahme eines freiwilligen Engagements unterscheidet sich nicht signifikant von dem Zusammenhang zwischen rein privat orientierter Teilnahme an Erwachsenen- und Weiterbildung und der Aufnahme freiwilligen Engagements. Das bedeutet, dass es über die oft verwendete Argumentation, dass das Lernen Erwachsener über die darin behandelten Themen, das Wissen und die Fähigkeiten freiwilliges Engagement anregen kann, hinaus, Mechanismen gibt, die einen Effekt des Lernens Erwachsener auf freiwilliges Engagement erklären.
Wirkmechamismen zwischen Weiterbildung und Ehrenamt
In den Veröffentlichungen aus dem NEWz Projektkontext werden unterschiedliche Wirkmechanismen Anhand empirischer Daten und bisheriger Literatur im Detail diskutiert (siehe hierzu zum Beispiel Rüber et al. 2018). Zentral erscheinen mir dabei die Erklärungsansätze, die die soziale Dimension des Lernens fokussieren. Bei der Teilnahme an Kursen der Erwachsenen- und Weiterbildung werden Gelegenheiten des sozialen Austauschs und des Knüpfens neuer Kontakte geschaffen. Durch die dadurch entstehende Ausweitung des sozialen Netzes des Lernenden wird die Wahrscheinlichkeit erhöht in Kontakt mit freiwilligem Engagement zu kommen, durch andere Engagierte oder solche, die die Bedarfe an freiwilligem Engagement diskutieren. Gemeinsames freiwilliges Engagement vereinfacht oder begründet darüber hinaus auch nach einer gemeinsamen Lernaktivität in Kontakt zu bleiben. Andere Erklärungsansätze zielen darauf ab, dass durch Erwachsenen- und Weiterbildung die Identität gestärkt werden kann, zum Beispiel durch Gefühle erhöhter Selbstwirksamkeit, oder dass verstärkt gesellschaftliche Verantwortung empfunden wird.
Auch durch die Lernmöglichkeiten innerhalb freiwilligen Engagements kann dieses gestärkt werden. Erhalten die sich Engagierenden kostenlose Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten ist dies eine Form der Wertschätzung ihrer Tätigkeit. Diese Selbstbekräftigung, gemeinsam mit der folgenden verbesserten Ausführung der freiwilligen Tätigkeit können zu einer gesteigerten Motivation führen, das Engagement noch länger oder mit mehr Einsatz auszuführen, oder andere Menschen zu bekräftigen, sich einzubringen.
Jetzt einloggen und mitdiskutieren! |
Über die Autorin: Ina E. Rüber ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung "System und Politik" im Deutschen Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V. in Bonn.
Lesen Sie hierzu auch:
Lernen mal anders: Alternative Lernorte auf EPALE
Rüber, I. E., Rees, S. L., & Schmidt-Hertha, B. (2018). Lifelong learning–lifelong returns? A new theoretical framework for the analysis of civic returns on adult learning. International Review of Education, 64(5), 543-562.