Verstetigung von Validierungsverfahren: Rechtlich verankert – Perspektiven der Validierung im deutschsprachigen Raum
Im Rahmen des Erasmus+ Projekts „DEValAT - Austausch und Vernetzung zur Validierungspraxis in Deutschland und Österreich“ fand Ende Februar 2024 in München eine Fachtagung zum Thema „Verstetigung von Validierungsverfahren: Rechtlich verankert – Und nun? Perspektiven der Validierung im deutschsprachigen Raum“ statt.
Die Hybrid-Veranstaltung in der PEG-Akademie unter der Moderation von Philipp Bächstädt lockte online und vor Ort rund 70 Personen an. Die Mischung aus Online- und Präsenzteilnehmenden ermöglichte eine rege Diskussion und den Austausch von Ideen zwischen den Referent*innen, Validierungs-Expert*innen und den Gästen der Abschlussveranstaltung.
Entwurf des Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetzes
Ausgangspunkt der Fachtagung war die für Deutschland geplante rechtliche Verankerung von Validierungsverfahren im Berufsbildungsgesetz. Die Eckpunkte des Gesetzesentwurfes, der am 7.2.2024 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, stellte Christoph Acker vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in seiner Eröffnungsrede vor.
Der Entwurf des Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetzes (BVaDiG) sieht für Personen ohne Berufsabschluss einen Anspruch auf Feststellung und Bescheinigung der individuellen beruflichen Handlungsfähigkeit am Maßstab eines dualen Ausbildungsberufes nach BBiG/HwO vor und soll zum 1.1.2025 in Kraft treten.
Davon profitieren könnten in Deutschland allein rund 2,64 Millionen (2021) Menschen zwischen 20 und 34 Jahren ohne Berufsabschluss, von denen 60% aber eine Facharbeitstätigkeit oder eine Tätigkeit mit noch höheren Anforderungen ausüben.
Daher standen am ersten Tag Fragen zur konkreten Umsetzung von Validierungsverfahren im Mittelpunkt:
- Wie kann eine passgenaue Ansprache der einzelnen Zielgruppen von Validierungsverfahren gelingen?
- Wie kann eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Validierungsstelle und verschiedenen Beratungsstellen gestaltet werden?
- Und wie können geeignete Finanzierungsmodelle für ein zukünftiges Validierungsverfahren aussehen?
Die Teilnehmer vertieften diese Themen in drei lebhaften Austauschrunden. Hierbei wurden wertvolle Erfahrungen aus erfolgreichen Projekten wie "Du kannst was" aus Österreich und "ValiKom Transfer" aus Deutschland diskutiert. Zusätzlich wurden bewährte Ansätze des IQ Beratungsnetzwerks in Deutschland sowie Finanzierungsmodelle aus Frankreich und Österreich in inspirierenden Impulsvorträgen vorgestellt.
Eine zentrale Erkenntnis war die Wirksamkeit persönlicher Empfehlungen und positiver Einzelfälle bei der Gewinnung neuer Interessenten. Hierbei wurde das Bild einer erfolgreichen Weitergabe von Informationen "von der Tochter zur Mutter zur Tante" betont. Gleichzeitig wurde betont, dass verschiedene Zielgruppen unterschiedliche Ansprachen erfordern und daher diverse Kommunikationskanäle wie Zeitungsannoncen, E-Mail-Verteiler und Informationen über Beratungsstellen und Arbeitsagenturen genutzt werden sollten.
Besonders positiv bewertet wurden die Impulse von Katharina Bock von der Projektgruppe "IQ Fachstelle Anerkennung und Qualifizierung". Sie betonte die Bedeutung einer starken bundesweiten Vernetzung der beteiligten Partnerorganisationen sowie eine fallbezogene regionale Zusammenarbeit.
Die Diskussion zur zukünftigen Finanzierung von Validierungsverfahren und -systemen richtete den Blick auf verschiedene Akteure wie Teilnehmer, Arbeitgeber und den Staat. Konkrete Anregungen wurden durch Judith Moser vom BFI Salzburg eingebracht, die Einblicke in die Finanzierung von "Du kannst was" und des französischen "Validation des Acquis de l'Expérience" gab. Unter anderem wurde die Idee eines staatlich geförderten Lernkontos aus Frankreich oder eines Bildungschecks aus Österreich diskutiert. Die Teilnehmer diskutierten auch die Möglichkeit einer Selbstbeteiligung der Validierungsteilnehmer, sofern sie einen vertretbaren Rahmen nicht überschreitet. Die Bereitschaft der Arbeitgeber, zur Finanzierung beizutragen, wurde positiv bewertet, ebenso wie die Option, das Angebot der Validierung in tarifliche Vereinbarungen aufzunehmen.
Die Zukunft der Validierung in den Pflegeberufen
Der zweite Tag der Tagung widmete sich der Frage: "Etablierung von Validierungsverfahren in der Pflege - ein Sonderfall?".
Dr. Martin Noack von der Bertelsmann-Stiftung eröffnete den Tag mit seiner Keynote zum Thema "Unterqualifizierung und Fachkräftemangel in der Pflege". Er wies auf die drängende Kluft zwischen dem Bedarf an Fachkräften, insbesondere in der Altenpflege, und der tatsächlichen Verfügbarkeit von Pflegekräften hin. Dabei betonte er nicht nur den aktuellen Mangel an Fachkräften, sondern auch an Pflegekräften auf Helfer- oder Assistenzniveau, obwohl eine beträchtliche Anzahl von Personen mit Berufserfahrung als Unterqualifizierte zur Verfügung steht.
In den anschließenden Diskussionen wurde beleuchtet, welche Maßnahmen bereits ergriffen wurden oder noch umgesetzt werden müssen, um dem Fachkräftemangel in den Pflegeberufen zu begegnen. Es wurde deutlich, dass die bestehenden Ausbildungsgänge allein nicht ausreichen werden, um den Bedarf zu decken. Zudem wurden diejenigen, die trotz Berufserfahrung keine formale Ausbildung absolviert haben, als wichtiger Bestandteil des Arbeitskräftepotenzials identifiziert.
Validierung wurde als eine bewährte Möglichkeit betrachtet, um diesen Personenkreis anzusprechen und ihre vorhandenen Kompetenzen zu nutzen.
Marcus Flachmeyer von HeurekaNet präsentierte Einblicke in die Umsetzung der Validierung in der Pflege in verschiedenen europäischen Ländern. Hierbei wurde betont, dass diese Erfahrungen nicht direkt übertragbar sind, es dennoch wertvolle Ansätze gibt, die adaptiert werden können.
In der abschließenden Diskussion wurde die Bedeutung eines Validierungsverfahrens als Ergänzung zu den bestehenden Ausbildungsgängen für Deutschland und Österreich erneut hervorgehoben.
Die Tagung endete mit einem Ausblick auf die Zukunft der Validierung in beiden Ländern. Die geplante rechtliche Verankerung wurde als wichtiger Schritt zur Anerkennung von Kompetenzen und zur Bewältigung von Fachkräftemangel und Unterqualifizierung, insbesondere in den Pflegeberufen, begrüßt.
Eine detaillierte Dokumentation der Tagung mit allen Präsentationen, gibt es hier.
Das Erasmus+ Projekt „DEValAT“ verbindet Einrichtungen aus Deutschland und Österreich, die ihre Erfahrungen zum Thema teilen und bündeln, um neue Impulse im Feld der Validierung zu setzen.
Impressionen der Veranstaltung:
Christoph Acker, Referent „Berufliche Weiterbildung; Europäischer Berufsbildungsraum“ beim Bundesministerium für Bildung und Forschung - Foto: Tina Rapp
Austausch zum Thema: Wie kann eine passgenaue Ansprache der einzelnen Zielgruppen von Validierungsverfahren gelingen? v.l.: Philipp Bächstädt, Ingola Weber, Claus Sasse, Dr. Kathrin Rheinländer, Arno Kunz, Randell Greenlee, Barbara Brem - Foto: Tina Rapp
Katharina Bock, Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gemeinnützige GmbH, Projektkoordinatorin „IQ Fachstelle Anerkennung und Qualifizierung“ - Foto: Tina Rapp
Mag. Judith Moser, Abteilungsleitung BFI Salzburg BildungsGmbH/ Projekt „Du kannst was!“ - Foto: Tina Rapp
Austausch zum Thema: Wie können geeignete Finanzierungsmodelle für ein zukünftiges Validierungsverfahren aussehen? v.l.: Christoph Acker, Randell Greenlee, Mario Patuzzi, Claus Sasse - Foto: Tina Rapp
Marcus Flachmeyer, Heurekanet - Foto: Tina Rapp
v.l. vor Ort: Philipp Bächstädt, Lena Sachse, Birgit Rauscher v.l. digital: Dr. Martin Noack, Florian Heintze - Foto: Tina Rapp