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Bewegung fördert (Erwachsenen-)Bildung: so geht’s!

Wie soll das gehen: Bewegung in der Erwachsenenbildung, ganz wörtlich? Hier können Sie viele Beispiele kennenlernen, zum Nachahmen!

In meinem Blogartikel „Bewegung macht Bildung“ habe ich versucht, die Vorteile von Bewegungselementen in der Erwachsenenbildung zu verdeutlichen. Dabei geht es aber nicht nur um Bewegungsakzente im Unterrichtsraum, sondern auch um Bewegung im erweiterten Sinn: denn Bewegung verheißt auch das Verlassen eines Standorts, einer Perspektive, und das Aufsuchen neuer Möglichkeiten und Orte. Der Papst der Erwachsenenbildung, Hans Tietgens, hat die Erwachsenenbildung auch als „Such-Bewegung“ bezeichnet. Wie Recht er hatte! In seinem spannenden Artikel „Stichwort: Bewegung und Erwachsenenbildung“ zeigt Prof. Henning Paetzold die vielfältigen (auch sprachlichen) Zusammenhänge von Bewegung und Bildung auf. (1).

Außerdem: Dragan Pinjuh betont auf EPALE, dass unsere Umwelt und unsere Lebensbedingungen uns „bewegungsarm“ machen, und daher jede Gelegenheit benutzt werden sollte, Bewegung wieder in unseren Alltag zu integrieren. (2) Aus der Grundbildungsdiskussion ist der Begriff der „Move Literacy“ bekannt, also das Wissen über und Anwenden-Können von alltäglichen Bewegungseinheiten, die der Gesundheit dienen. (3)  

Daher soll es heute um Beispiele gehen, wie Bewegung die Bildung Erwachsener befördert. Die Beispiele, die ich aufzeigen möchte, folgen dem Bild der sich erweiterternden Kreise (siehe Blog auf EPALE)

Hier noch mal zur Erinnerung: 

Im lila Kreis geht es um Bewegung im Raum: 

  • Aktive Pausen im Raum: Kurze Bewegungspausen oder "Brain Breaks" während des Unterrichts helfen, die Konzentration und Aufmerksamkeit wieder aufleben zu lassen oder zu verbessern. Diese Pausen können einfache Übungen wie Stretching, Umhergehen im Raum, Tanzen oder leichte Aerobic umfassen. (4). Stehpulte oder bewegungsfreundliche Möbel in Klassenzimmern und Bibliotheken ermöglichen es, sich während des Lernens zu bewegen, in neuen Gruppen zusammenzufinden. Dies kann helfen, die Müdigkeit zu reduzieren und die geistige Wachheit zu erhöhen. 

     

  • Integrierte Bewegungsspiele: Lernspiele, die körperliche Aktivität einbeziehen, wie z.B. „Staffelläufe“ oder „Wortschatz-Schnitzeljagden“ im Sprachunterricht,, kombinieren Bewegung mit kognitiven Aufgaben und machen das Lernen interaktiver und engagierter. (4). Beispiele für diese Aktivitäten sind Wimmeln, Vier-Ecken-Spiele, Kennenlernaktivitäten mit Bewegung im Raum und wechselnden Gesprächspartner/-innen, Gallery Walk uvm. Fündig werden kann, wer derartiges sucht, z.B: bei eBildungslabor (5). Auch Aktivitäten, die eigentlich für Kinder und Jugendliche gedacht sind, lassen sich mit leichten Änderungen für Erwachsene einsetzen. 

     

  • Eine ganze Industrie ist um den Begriff „Bewegungstechnologie“ herum entstanden: der Einsatz von Technologien wie Wii Fit, Kinect oder anderen bewegungsbasierten Lernplattformen, die physische Aktivität in den Lernprozess integrieren und somit sowohl körperliche Fitness als auch kognitive Fähigkeiten fördern, sind seit vielen Jahren beliebt. Diese Beispiele zeigen, wie Bewegung und Bildung miteinander verbunden werden können, um die körperliche und geistige Gesundheit der Lernenden zu fördern und das Lernen insgesamt zu verbessern. (6) 

Aber gibt es auch Grenzen? Ist ab einem bestimmten Alter der Einbau von Bewegungselementen in der Bildung nicht mehr sinnvoll? Dazu gibt es ein deutliches Plädoyer von Marcus Palmén auf EPALE. Nein, es gibt keine Grenzen, aber Anpassungsnotwendigkeiten schon. (7)

Größere Kreise ziehen: der gelbe Kreis

  • Erobern Sie das Haus! Für eine Lesung im Rahmen eines Literaturkurses ist die Lerngruppe in den Keller der Bildungseinrichtung gegangen. Dort waren die Teilnehmenden eng gesetzt, es gab neue Geräusche (von der Heizung!), ansonsten aber keine Fenster. Die passende Literatur, in diesem Fall von Isabel Allende, ließ des Gehörte anders klingen.

     

  • Treppenlaufen: Ausstellungen in Treppenhäusern bieten eine Möglichkeit, Bildung (in diesem Fall Kunst oder Fotografie) mit Bewegung zu verbinden. Oder lassen Sie doch einmal Ihren Englischkurs durch das Haus wandern, alles benennen, was bekannt ist, und unbekannte Gegenstände/Einrichtungen im Wörterbuch (oder im Handy) nachzugucken. Wissen Sie, was Heizungsrohr auf Italienisch heißt?

     

  • Das Haus von außen: auch von außen ist eine neue Sicht zu gewinnen. Umkreisen Sie die Bildungsstätte, zeichnen Sie die Fassade, errechnen Sie die Anzahl der Fenster, überlegen Sie, wie viele Kubikmeter dieses Haus hat, z.B. als Heizungsbedarf. Einbauen kann man Aktivitäten „außer Haus“ in jedem Kurs, davon bin ich überzeugt.

Raus in die Umgebung: der rote Kreis

  • Walk and Talk: ein interessantes Beispiel aus einem mir bekannten Unternehmen: dort gibt es 2x pro Woche das Angebot, die (dafür extra verlängerte) Mittagspause für einen Walk mit Kolleg/-innen zu nutzen, und sich dabei über neu Erfahrenes oder Gelerntes auszutauschen. Ein gutes Beispiel für Peer Learning und innovative betriebliche Bildung, finde ich. Sehr vergleichbar: die Laubengänge. Ein Spaziergang durch die Seitenstraßen eines Stadtviertels, bei dem Kolleg/-innen in wechselnden Paaren sich gegenseitig über neue Impulse aus ihrem Bereich austauschen, um dann ggf. kooperative Angebote daraus zu schneidern.

     

  • Outdoor-Education, ob nun als Naturlehrpfade oder Stadtrundgänge, bieten Lernenden die Möglichkeit, sich in der Natur oder der Stadt zu bewegen und gleichzeitig über Biologie, Geographie und Umweltwissenschaften, Geschichte oder Politik zu lernen. Diese Methode fördert praktisches Lernen und körperliche Aktivität. Ein Beispiel aus eigener Erfahrung: ein Stadtrundgang in Prag, geführt von obdachlosen Menschen. Der Blickwinkel von Menschen, die sichere Orte für4 eine Übernachtung suchen, war fremd und offenbart neue Sichtweisen. 

     

  • Aber schon die Bewegung „weg“ vom eigentlichen Lernort, z.B. mit öffentlichen Verkehrsmitteln in einen anderen Ort oder Stadtteil, verbunden mit Wegen, die zu Fuß erledigt werden müssen, gibt ein neues Lerngefühl. Plötzlich ergeben sich andere Gespräche mit Menschen, die bisher nicht neben einer Person saßen, andere Themen kommen ins Spiel, die Sicht auf andere Dinge öffnet sich: ein Perspektivwechsel oder sog. eine Perspektiverweiterung wird möglich. Oft werden solche Erkundungsgänge in „Deutsch als Fremdprache“-Kursen eingesetzt, um die neu gewonnenen Sprachkenntnisse bei der Post, im Gemeindeamt, im Supermarkt zu testen. 

Wussten Sie, dass es z.B. in Hamburg-Billstedt Menschen gibt, die während eines ganzen Jahres ihren Stadtteil (aus welchen Gründen auch immer) nicht verlassen? 

Die Welt ist das Ziel: der grüne Kreis

  • Academic Travel  nennt sich ein Programmtyp, den viele Universitäten oder Schulen für sich adoptiert haben. (8) Hier geht es um die Erfahrung, ein (akademisches) Lernfeld mit einer Reise (weit oder nah) zu verbinden und damit das Lernen mit allen Sinnen zu fördern. Auch hier wieder ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: mein Mann, Professor für Mathematik, macht seinen „academic travel“ regelmäßig in die Schweizer Berge, um diese zu „ vermessen“, angelehnt an das Buch von S. Kehlmann, „Die Vermessung der Welt“.  

     

  • Bildungsurlaube können genauso mit vielen Lerneffekten aufwarten:  fast schon selbstverständlich bewegen sich die Lernenden in neuen Umgebungen, ggf. mit anderen Sprachen, erwandern Sehenswürdigkeiten oder die Geschichte/Architektur eines Ortes, setzen sich mit unbekannten Mit-Lernenden auseinander und lernen neben vielem „kognitiven“ Input manchmal auch ihre eigenen Grenzen kennen, in mehrfacher Hinsicht.

     

  • Erasmus+- Mobilitäten. Das ist das Nonplusultra der Bewegung, oder? Immer wieder berichten Menschen, die an einer europäischen Mobilität teilgenommen haben, von den Erlebnissen, Erfahrungen, von Bewegungen in einer neuen Umgebung. Da gibt es viel zu lernen, zu be-greifen, zu er-steigen, er-kunden, er-fahren, ent-decken. Mir sind von meinen eigenen Besuchen anderer Projektpartner (unter Bewegungsaspekten, versteht sich!) vor allem zwei im Gedächtnis geblieben: die Er-Steigung der Akropolis bei 32 Grad, und das Schieben eines Kinderwagens mit 2 jährigem Kind die steilen Straßen der Lissaboner Altstadt hinauf. An was denken Sie, wenn Sie (mit Mobilitätserfahrung) an eine Ihrer Reisen denken? Welche Bewegung ist in Ihrem Gedächtnis geblieben?

Das auch andersherum ein (Sport?-)Schuh draus wird, also dass Sport (als Hauptaktivität) viele Bildungsziele in der Erwachsenenbildung unterstützt, wird auf EPALE vielfach berichtet. Besonders hilfreich ist Sport z.B. in der Integrationsarbeit, wie z.B. im Artikel „Sport against Racism“(9) beschrieben wird. Ähnliches beschreibt der EPALE-Artikel „Match: Migrations and Sport“ (10).

Aber auch zur Entwicklung von „Unternehmensgeist“ und Eigeninitiative eignen sich Sportaktivitäten. Das hat das EU- geförderte Projekt ENTOS gezeigt. (11). 

Fazit: 

Mit etwas Erfinder/innengeist lassen sich Bewegungsaktivitäten in allen Lernaktivitäten für Erwachsene einbauen, wie immer ist Kreativität und vielleicht auch Mut wichtig! 

So, jetzt sind Sie dran: Teilen Sie mit uns Ihr Beispiel für Bewegungsaktivitäten in der Erwachsenenbildung! Und gewinnen Sie ein attraktives Gesamtpaket an EPALE -Goodies. JA, richtig gelesen! Diesmal können Sie etwas gewinnen. Einfach einloggen, in einem Kommentar Ihre Erfahrungen teilen und schon sind Sie im Rennen! Bis Ende August werden wir regelmäßig nachgucken, wer hier etwas beigetragen hat, dann kommt die Verlosung! Also, auf, los geht’s! 


  1. Prof. Dr. Henning Pätzold: „Stichwort Bewegung und Bildung“, DIE Magazin I/2011, S. 22ff
  2. Sport is a MUST | EPALE (europa.eu)
  3. Can learning in sports be lifelong? | EPALE (europa.eu)
  4. Academic Travel Program - TASIS Switzerland
  5. Sport Against Racism Ireland | EPALE (europa.eu)
  6.  "MATCH Migrations and Sports" project: social inclusion through sports | EPALE (europa.eu)
  7.  The Project - Entos 
  8. Johannsen2019_Article_FoodMoveLiteracyInDerErwachsen.pdf (bzfe.de)                         
  9. Quelle: Mahar, M. T., Murphy, S. K., Rowe, D. A., Golden, J., Shields, A. T., & Raedeke, T. D. (2006). Effects of a classroom-based program on physical activity and on-task behavior. Medicine and Science in Sports and Exercise, 38(12), 2086-2094.
  10. eBildungslabor | Impulse, Beratung und Unterstützung für gutes Lernen in einer digital geprägten Gesellschaft von Nele Hirsch
  11. Nutzung der Nintendo Wii zur Bewegungsförderung (lehrer-online.de)
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Kommentar

Das war übrigens mal das Motto des VNB (www.vnb.de): Bildung in Bewegung. (Das bezog sich allerdings auf die Neuen Sozialen Bewegungen - sportliche Aktivitäten nicht ausgeschlossen!)

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