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„Ausblick ins Grüne“ – Green Jobs und niederschwellige Methoden als neue Wege für die Zukunft der Bildungs- und Berufsberatung!

Schwerpunkte des Bildungs- und Beratungszentrum Peregrina

TreeImage.
Sigrid Awart

„Man kann die Klimakrise bekämpfen und dabei mit mehr Lebensqualität aussteigen“  
Helga Kromp-Kolb (2020)

Der Klimawandel ist eine Krise, kann aber auch als Chance für Veränderungen gesehen werden, denn auch bei Bildungsmaßnahmen und am Arbeitsmarkt sind dringend Verbesserungen hinsichtlich Gleichstellung, Partizipation, Ökologisierung, psychischer Gesundheit und Work-Life Balance notwendig.

Das Bildungs- und Beratungszentrum Peregrina hat in den letzten Jahren zwei Schwerpunkte gesetzt, um sich diesen Herausforderungen zu stellen: einerseits die Berufsberatung für Green Jobs und andererseits die Entwicklung niederschwelliger Methoden wie etwa der Beratung im Gehen. Peregrina arbeitet mit der spezifischen Zielgruppe Migrantinnen – unsere Erfahrungen können aber auch für die Beratung anderer (benachteiligter) Zielgruppen genutzt werden. 

Szene aus Wiener U-Bahn Werbung für Klimaschutzprojekt (C) Tereza Sejkova

Foto (c) Tereza Sejkova

Zukunftschance: Green Jobs

Green Jobs sind nicht nur von grundlegender Bedeutung für den Klimaschutz, sie haben in Österreich auch sehr gute Zukunftschancen.

Bliem (2022) weist auf die gegenwärtige Ökologisierung der Arbeitswelt aufgrund unterschiedlicher Faktoren wie beispielsweise Green Deals, technologischer Entwicklungen, Ressourcenknappheit, Förderungen sowie des spürbaren Klimawandels hin. Arbeitsminister Martin Kocher (2023) zufolge sind derzeit ungefähr zehn Prozent aller offenen Stellen in Österreich in klimarelevanten Bereichen.

Bei Peregrina haben wir aus den unterschiedlichsten Definitionen von Green Jobs jene der ILO (2016) gewählt, weil sie nicht nur den Umweltaspekt berücksichtigt, sondern auch jenen der sozialen Gerechtigkeit und entsprechender ökonomischer Möglichkeiten.

“Green jobs are vital for achieving sustainable development: they reduce adverse
environmental impacts, are socially just and provide economic opportunities. […]“

Die Frage, welche Beschäftigungen klimafitte Jobs sind und welche nicht, ist nicht eindeutig beantwortbar, weil sich Berufe dynamisch weiterentwickeln. Jeder Job könnte zu einem „Green Job“ werden – aber natürlich nur, wenn er tatsächlich einen Beitrag zu Umweltschutz, Nachhaltigkeit oder Ressourcenschonung leistet. (Bliem, S. 16.2021).

Klimafitte Jobs als neue Perspektive für benachteiligte Menschen

„Ein Job ist ein Schlüssel für alles!“ 
Teilnehmerin eines Peregrina Workshops

Für Migrantinnen, die am Arbeitsmarkt in Österreich zumeist stark benachteiligt und großteils in der Dienstleistungsbranche, der Sachgütererzeugnis und im Handel vertreten sind, können Green Jobs eine sichere, besser bezahlte und anerkannte Alternative mit guten Zukunftsaussichten sein. (Statistik Austria, 2023). Aus diesem Grund hat Peregrina, ein Verein mit mehr als 10jähriger Erfahrung mit Klimaschutzprojekten, 2023 das vom bmk geförderte Projekt „Klimafitte Karrieren – neue Zukunftsperspektiven für Migrantinnen“ gestartet.

Recherchen im Rahmen des Projekts haben gezeigt, dass das Wissen über Green Jobs in unserer Zielgruppe zwar gering ist, entsprechende Kompetenzen aber vielfältig vorhanden sind, wie etwa Mehrsprachigkeit, technische Ausbildungen, Know How zu Themen des Reparierens oder der Landwirtschaft, eine hohe Motivation sowie Flexibilität.

Zukunftsbranchen, bei denen auch der Frauenanteil noch sehr gering ist wie etwa Mobilität, Energie- und Kreislaufwirtschaft, stehen bei diesem Projekt im Fokus.

Maßnahmen des Projekts sind Beratungen zu Aus- und Fortbildungen, zum Networking, zur Berufsorientierung und Bewerbung und auch weitere Begleitung nach dem Berufseinstieg. Ebenso wird ein Netzwerk zwischen Migrant*innencommunities und der Umweltbildung/ökonomie aufgebaut.  

Green Guidance für soziale Gerechtigkeit

„Green Guidance is asking the simple question: What is the impact of your career choice in terms of sustainability?  (Peter Plant, 2021, S.9)

Peter Plant zeigte in seiner Keynote der Euroguidance Fachtagung 2021 mit dem Thema Green Guidance die enge Verbindung zwischen sozialer Gerechtigkeit und grüner Berufsberatung auf, denn das ständige und mittlerweile oft sinnlos gewordene Wirtschaftswachstum führt nicht nur zur Ausbeutung natürlicher Ressourcen, sondern auch zur Ausbeutung der Arbeitenden. Somit kann auch die Bildungs- und Berufsberatung einen (kleinen) Beitrag zur Veränderung dieser globalen Probleme leisten, denn diese hat Wirkungen, die über das Individuum hinausgehen. (Peter Plant, 2022).

Was brauchen Bildungs- und Berufsberater*innen um „Green Guidance“ machen zu können? Diese Frage wurde den Teilnehmer*innen des Workshops „Neue Wege in der Bildungs- und Berufsberatung: Zukunftsperspektiven mit Green Jobs“ bei der Euroguidance Fachtagung 2023 gestellt.

Dabei haben die Berater*innen aufgezeigt, dass sie über sehr viele Kompetenzen und Ressourcen verfügen, die bei einer Green Guidance benötigt werden. 

Rückmeldungen von Berater*innen zu ihren Kompetenzen/Ressourcen für Green Guidance:

  1. Interesse

  2. Netzwerk 

  3. Beratungsfähigkeit

  4. Sensibilität

  5. Betroffenheit

  6. Bewusstsein

  7. Lernbereitschaft

  8. Grüne Seiten bei klassischen Jobs

  9. Wissen zu Jobs (greenjobs.noe.at) 

  10. Kenntnisse von Förderungen (Klima-winner) 

Neben diesem Wissen und den genannten Kompetenzen ist aber auch die Anwendung von niederschwelligen Methoden bei der Green Guidance von großem Vorteil.

Niederschwellige Methoden für die Beratung mit benachteiligten Menschen

Eine Quelle der Inspiration für niederschwellige Methoden könnte das Erasmus + Projekt “Let’s make the invisible visible” (2021-2023) sein. Dabei haben fünf europäische Frauenorganisationen (Gender NORA aus Tschechien, EfkA aus Polen, CRPE aus Rumänien und MyMamy aus der Slowakei sowie Peregrina aus Österreich) an die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen angepasste Beratungs- und Trainings-Methoden erprobt, modifiziert und auch neu entwickelt. Alle Organisationen arbeiten mit Frauen, die mehrfach Diskriminierungen erleben - mit Migrantinnen, Geflüchteten sowie Älteren, von Gewalt Betroffenen, Obdachlosen und Roma. Die Ergebnisse wurden in einem Handbuch und in Webinaren veröffentlicht, damit sie auch von anderen Bildungs- und Berufsberater*innen, Sozialarbeiter*innen und Erwachsenenbildner*innen angewendet werden können. Beispiele für die Methoden sind: Theater der Unterdrückten, Berufsberatung beim Brotbacken, biografische Methoden oder Kunsttechniken.

Beratung im Gehen als grüne Methode

 

„Wanderer, es gibt keine Wege. Wege entstehen beim Gehen.“ 
Antonio Machado y Ruiz

 

Eine Beispielmethode aus diesem Projekt, die sowohl niederschwellig als auch umweltfreundlich ist, und daher gut geeignet für die Beratung von benachteiligten Menschen zu Green Jobs, ist Beratung im Gehen.

Warum sollte man in Berufsberatung sitzen müssen? Die innovative Beratung im Gehen, von Peregrina erstmals 2016 angewandt und im Projekt „Let‘s make the invisible visible“ weiterentwickelt, bietet viele Vorteile sowohl für die Klient*innen als auch für die Berater*innen!

Eine Beratung im Freien ist ideal um Ressourcen zu aktivieren, Entscheidungen zu treffen, mentale Blockaden zu überwinden, neue Perspektiven zu eröffnen und Hierarchien in der Beratungsbeziehung abzubauen. Nicht nur die Kommunikation ist beim Gehen anders als beim Sitzen, auch die Wahrnehmung, die Gefühle und die Wirkung der Beratungsarbeit sind es (Kaczor, 2015). Viele Klient*innen empfinden es zum Beispiel als angenehm, dass beim Gehen kein Blickkontakt besteht oder dass mit starken Gefühlen besser umgegangen werden kann als im Sitzen. Naturerlebnis und Gehen fördern das menschliche Wohlbefinden auf drei Ebenen: Körper, Psyche und Gesellschaft. Es trägt nicht nur zur Vorbeugung und Behandlung von Stress und Depressionen bei, sondern auch zur Bereitschaft, sich mehr zu bewegen und hat auch eine sozial integrative Funktion, insbesondere für marginalisierte Personengruppen (Bundesforste und Naturfreunde, 2015).

Natürlich hat diese Methode auch Nachteile, zum Beispiel ein unter Umständen geringerer Schutz der Privatsphäre als in geschlossenen Räumen, Schwierigkeiten beim Schreiben der Dokumentation während des Gehens (Linamayer (2015). Auch kann die Methode Beratung im Gehen nicht in jedem Fall angewendet werden, da bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen: 

  1. Freude am Gehen

  2. Geeignetes Wetter 

  3. Passende Beratungsthemen

  4. Ruhige und erprobte Route 

  5. Beratungserfahrung 

  6. Gutes Timing 

  7. Keine Anstrengung beim Gehen

  8. Sicherheitsfragen

  9. Datenschutz

  10. Beratungsraum, als Rückzugsmöglichkeit

"Das Gehen im Freien setzt Gedanken und Fantasien frei und öffnet Sie für die Zukunft".  
Klientin von Peregrina 

Genau diese Offenheit und Fantasie brauchen wir für die Herausforderungen der Zukunft!

 

Sigrid Awart auf der Euroguidance Fachtagung 2023 (c) OeAD/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Foto (c) OeAD/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Autorin: 

Mag.a, Dr.in Sigrid Awart 

Studium der Psychologie und Kulturanthropologie, Ausbildung zur Berufsberaterin  an der Universität Wien, Forschungsaufenthalte in Papua-Neuguinea, Senegal und Südafrika; Lektorin an der Universität Klagenfurt und am Interuniversären College Graz Seggau; seit 2000 Beraterin, Trainerin und Projektentwicklerin bei Peregrina; Arbeitsschwerpunkte: Transkulturalität, Methodenentwicklung und Klimaschutzbildung. 

www.peregrina.at  

Über diesen Blog: 

Dieser Blog Beitrag basiert auf einem Workshop, der von der Autorin auf der Euroguidance Fachtagung  Skills for the future - Mit Guidance Kompetenzen für die Zukunft stärken“ am 9. November 2023 gehalten wurde.

Quellen: 

Awart, Sigrid (2016): Beratung im Gehen. Eine WegbegleiterIn. Ein Handlungsleitfaden  gefördert[KE3] vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Abteilung Erwachsenenbildung (II/5). Wien.

Bliem, Wolfgang (2022): Green Jobs und Green Guidance im internationalen Kontext. In: Green Guidance: Grüne Bildungs- und Berufsentscheidungen im Fokus. OEAD (Hg.) Wien S.16-19.

Bundesforste und Naturfreunde (2015): Naturerleben und Gesundheit. Eine Studie zur Auswirkung von Natur auf das menschliche Wohlbefinden unter besonderer Berücksichtigung von Waldlebensräumen. GreenCare. Wien.

ILO (2016): https://www.ilo.org/global/topics/green-jobs/news/WCMS_220248/lang--en/index.htm 

Kaczor, Michaela (2015):  Beratung im Gehen – Ausgewählte Ergebnisse aus einer Untersuchung zu einer Form psychosozialer Beratung. pp. 207-229. In: Hollstein-Brinkmann, H.; M. Knab. Beratung zwischen Tür und Angel: Professionalisierung von Beratung in offenen Settings. Wiesbaden: Ibid.

Kocher, Manfred (2023): ORF: https://orf.at/stories/3301062/ 

Kromp-Kolb, Helga (2020): Warum in der Coronakrise über die Klimakrise reden? https://www.nachhaltigesoesterreich.at/aktion_2020/warum-in-der-coronakrise-ueber-die-klimakrise-reden/ 

Linamayer, Heike (2015): Wurden Sie schon ge(h)coacht. Saarbrücken: Akademiker Verlag.

Nora, CRPE, EfKa, MyMamy, Peregrina,Transfer Slovensko (2023): Let´s make the invisible visible. Innovative Methoden für die Arbeit mit vulnerablen Zielgruppen. Ein Praxishandbuch. Kofinanziert durch das Programm+ der Europäischen Union. Brno.

Peregrina (2023): Klimafitte Karrieren: neue Zukunftsperspektiven für Migrantinnen. https://www.peregrina.at/klimafitte-karrieren-neue-zukunftsperspektiven-fuer-migrantinnen/durchgführt im Auftrag des Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.

Peregrina (2023): Erasmus + Projekt „Let’s make the Invisible Visible“www.peregrina.at/erasmus-projekt-lets-make-the-invisible-visible-2/ Kofinanziert durch das Programm+ der Europäischen Union.

Plant, Peter (2022): Utopie im neuen Gewand: Green Guidance. In:  Green Guidance: Grüne Bildungs- und Berufsentscheidungen im Fokus. OEAD (Hg.) S. Wien 8-15.

Statistik Austria und ÖIF (2023): Migration & Integration 2021 | Zahlen, Daten, Indikatoren. Wien.

 

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