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Accessible Work 4 All

Das Erasmus+-Projekt fördert Gleichberechtigung, Nicht-Diskriminierung and Vielfalt und stellt barrierefreie Informationen über Arbeitsrechte bereit.

Accessible Work 4 All ist ein Erasmus+-Projekt, das im Zeitraum 2019 bis 2022 in Italien, Deutschland, Polen und Österreich durchgeführt wurde. Das Projekt setzt sich für Gleichheit, Nicht-Diskriminierung und Vielfalt ein und stellt Informationen über Arbeitsrechte in zugänglichen oder barrierefreien digitalen Formaten bereit.

Es war mir eine Ehre, das Projekt „Accessible Work 4 All“ in einem Workshop auf der Euroguidance-Konferenz bei der 30-Jahre-Feier des Euroguidance Netzwerks am 16. November 2022 in Wien vorstellen zu dürfen. Der Workshop mit einer Dauer von 1,5 Stunden wurde von einer interessierten und engagierten Gruppe von Teilnehmenden besucht.

(c)Accessible Work 4 All

Nachdem ich das Projekt und den Workshop vorgestellt habe, möchte ich auch die federführende Organisation des Projekts und mich selbst vorstellen. Mein Name ist Joanna Kinberger und ich arbeite für equalizent Wien. Wir unterstützen gehörlose und schwerhörige Menschen in den Bereichen Arbeitssuche und Aus- und Weiterbildung und unterstützen auch hörende Menschen des Bildungs- und Sozialsektors, die Arbeit suchen und die Gebärdensprache lernen möchten. Meine Aufgabe bei equalizent ist es, internationale Projekte zu leiten, was ich mit viel Freude und Engagement tue.

Bei dem Projekt – Accessible Work 4 All – geht es um unsere Rechte – genau genommen um Arbeitsrechte. Unsere animierten Videos verwenden eine Kombination aus Gebärdensprache und einfacher Sprache, um verschiedene Aspekte der Arbeitsrechte für gehörlose Arbeitnehmende zu erklären. Dabei werden unter anderem folgende Fragen behandelt:

Wie sieht mein Vertrag aus? Auf wie viel Urlaub habe ich Anspruch? Kann ich entlassen werden, wenn ich schwanger werde? Kann ich mich als Arbeitnehmende/r für eine Weiterbildung anmelden? All diese Fragen und noch viele weitere kommen Menschen in den Sinn, wenn sie über ihre Arbeitsrechte nachdenken, die oft als selbstverständlich angesehen werden. Dabei sind diese Informationen oft in komplizierten Sprachkonstrukten, Fremdwörtern und Fachjargon versteckt, anstatt in barrierefreien Formaten, in Gebärdensprache oder in einfacher, leicht verständlicher Sprache bereitgestellt zu werden.

In unserem Workshop begannen wir mit den Grundlagen: Wir lernten, in der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) mit den Fingern zu buchstabieren und erfuhren einige Fakten und Zahlen über die Gehörlosen-Community in Österreich, die Gebärdensprache und deren Benutzer/innen in Österreich und weltweit.

In Österreich leben ca. gehörlose 10.000 Menschen. Die ÖGS wurde 2005 in der Bundesverfassung verankert. Die Umsetzung schreitet jedoch langsam voran, und in den österreichischen Schulen ist noch immer kein ÖGS-Lehrplan vorhanden. Das bedeutet, dass viele gehörlose Kinder zu Hause ohne Sprachvorbild aufwachsen und ein Großteil des Unterrichts in der Schule ohne Gebärdensprache stattfindet. Die Gebärdensprache unterscheidet sich von der Schriftsprache, sodass gehörlose Grundschüler/innen bereits eine Fremdsprache (Schriftdeutsch) lernen, oft von einer in der Gebärdensprache erfahrenen Lehrkraft unterrichtet zu werden. Für das spätere Leben bedeutet das oft, dass Informationen in komplexer schriftlicher Textform ein Hindernis für die volle selbstbestimmte Teilhabe in allen Lebensbereichen darstellen. Dies gilt vor allem für die Arbeit, die ein Menschenrecht ist (SDG 8 – menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum).

Unser Ziel bei Accessible Work 4 All war es, durch die Bereitstellung aller Informationen in Gebärdensprache junge gehörlose Arbeitssuchende in ihren Arbeitsverhältnissen zu stärken, ihnen mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen und ihre Abhängigkeit von Kommunikationshilfen zu verringern. Unser Projekt bestand aus drei Hauptbereichen: Erforschung und Analyse der aktuellen Situation, Erstellung von barrierefreien Erklärvideos und Entwicklung und Erprobung eines digitalen Schulungspakets und Handbuchs.

Wir begannen mit Umfragen in Gebärdensprache, deren Ergebnisse in Grafiken, in einem ausführlichen schriftlichen Bericht (in 5 Sprachen) und natürlich in Gebärdensprachen (Österreichisch, Deutsch, Polnisch, Italienisch und International Sign) präsentiert wurden.

Die Antworten unserer Umfrageteilnehmenden gaben uns Aufschluss über die Bedürfnisse gehörloser Arbeitssuchender betreffend barrierefreie Informationen über Arbeitsrechte. Wir entwickelten eine Reihe von Erklärvideos (insgesamt 60) zu Themen wie Homeoffice, Kollektivverträge, Vorruhestand, Weiterbildung und Arbeitsplatz. Die Videos sind animiert und folgen den animierten Charakteren Max und Julia durch eine kurze Geschichte zu einem bestimmten Thema, z. B. das Verfassen eines Bewerbungsschreibens. Ein/e Moderator/in erklärt Max/Julia in Gebärdensprache auf einfache Weise die „Dos und Donts“ beim Verfassen eines Bewerbungsschreibens. Die Videos sind mit Texten in einfacher (leicht zu lesender) Sprache unterlegt. Besonders schwierige Begriffe werden in einem Lexikon erfasst, in dem das Zeichen im Video mit einem grafischen Symbol und dem geschriebenen Wort dargestellt wird.

Unser Hauptziel ist es, Menschen zu befähigen, aber wir sind auch ein Bildungsinstitut. Deshalb haben wir unsere Videomaterialien in ein Blended-Learning-Paket integriert, das equalizent und unsere Partner in Österreich in der Ausbildung einsetzen. Das tun auch unsere Partner in Italien, Polen und Deutschland. Alle Materialien sind online frei verfügbar und können als PDFs heruntergeladen werden. Aufgrund der zeitlichen Beschränkung des Euroguidance-Workshops war es nicht möglich, konkrete Szenarien zu üben. Bei der Erstellung der Materialien waren uns jedoch Flexibilität und die Eignung für Online-Schulungen wichtig, da der größte Teil unseres Projekts während der rigidesten Lockdowns der COVID-Pandemie durchgeführt wurde.

Meine Aufgabe beim Euroguidance-Workshop war es, unser Projekt, den Hintergrund und die Motivation sowie unsere fertigen Materialien und Werkzeuge vorzustellen. Gleichzeitig war es mir ein Anliegen, den Teilnehmenden zu vermitteln, warum das Projekt so notwendig ist und warum der Zugang zu Informationen so wichtig für die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen ist.

Unser Workshop bot den Teilnehmenden, von denen viele bisher wenig oder gar keine Erfahrung in der Arbeit mit und an der Seite von Gehörlosen hatten, die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Außerdem sammelten wir gängige intuitive Zeichen (z. B. für Schwimmen, Essen, Telefonieren, ein Baby schaukeln, Schreiben und mehr) und diskutierten Tipps und Tricks für eine effektive Kommunikation in Situationen, in denen man keine gemeinsame Sprache hat (z. B. mit einem Stift auf Papier schreiben, auf einem Handy schreiben, Wege, um die Aufmerksamkeit von jemandem zu erregen und vieles mehr).

Ein Projekt mit einer Dauer von zweieinhalb Jahren in 90 Minuten zu verpacken, ist eine gewaltige Aufgabe. Ich hoffe, dass die Teilnehmenden unseres Workshops ihre Zeit mit equalizent und Accessible Work 4 All genossen haben und dass unsere Materialien auch in anderen formellen und informellen Umgebungen oder in der Beratung eingesetzt werden können. Und wenn auch nur ein/e Workshop-Teilnehmende/r beschließt, die Gebärdensprache zu lernen, dann habe ich gute Arbeit geleistet.

Joanna Kinberger © OeAD/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Workshop auf der Euroguidance Fachtagung 2022 (C) OeAD/APA-Fotoservice/Hörmandinger

Wenn Sie mehr über equalizent Wien und über unsere Erasmus+-Projekte erfahren möchten, besuchen Sie https://equalizent.com/en/products/european-projects.

Nähere Informationen über Accessible Work 4 All finden Sie auf https://accessiblework4all.eu/.

Wenn Sie Fragen an das Erasmus+-Team bei equalizent haben, senden Sie bitte eine E-Mail an erasmusplus@equalizent.com.

 

 

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