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Wissenschaftler engagieren sich ehrenamtlich für Klima und Zukunft

Scientists for Future will eine fundierte Grundlage für sachliche Diskussionen über den Klimawandel schaffen.

Die Klimakrise mobilisiert nicht nur junge Menschen. Gestandene Wissenschaftler haben sich zusammengetan und Scientists for Future gegründet, kurz S4F. Dahinter steht ein „über-institutioneller, überparteilicher und interdisziplinärer Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren“, wie es heißt.

Den Anfang nahm alles im Frühjahr 2019, als rund 27.000 Wissenschaftler aus dem deutschsprachigen Raum eine Stellungnahme unterzeichneten. Unter dem Titel „Die Anliegen der demonstrierenden jungen Menschen sind berechtigt“ wurde eine Veröffentlichung publiziert, die die Anliegen von Fridays for Future unterstützt. Bei den Gründern waren prominente Wissenschaftler, die damals wie heute kritisieren, dass die getroffenen Maßnahmen zum Klima-, Arten-, Wald-, Meeres- und Bodenschutz nicht ausreichen.

Von Anfang an mit dabei war Dr. Gregor Hagedorn, Biologe und Direktor des Museums für Naturkunde in Berlin. Er sagt: „Größere S4F Gruppen gibt es in Deutschland, Österreich und den Niederlanden, dazu noch kleinere Gruppen in anderen Ländern. In den Bundesländern haben sich rund 60 Regionalgruppen gefunden, die sich regelmäßig treffen – und rund zehn Fachgruppen. Zwar gibt es den Schwerpunkt „Klima“, aber die Fachgruppen beschäftigten sich auch mit Themen von „Agrar- und Ernährung“ über Mobilität und Verkehr bis hin zu „Schule“.

Was Engagement bewirken kann

Was sich seit der Gründung von S4F verändert hat? Die Antwort des Biologen Hagedorn ist ernüchternd: „Die Aufbruchstimmung ist leider vorbei - die großen Parteien sitzen die Proteste aus, auch die Ampelregierung schafft es nicht, eine auch nur annähernd angemessene Klimapolitik vorzulegen. Die verzweifelten Reaktionen junger Menschen sehen wir zunehmend. Ich weiß nicht, ob sie helfen oder stören, aber mich macht die Verzweiflung betroffen.“

Wald, der sich in Glas spiegelt .

Der Wissenschaftler beurteilt die derzeitige Situation sehr kritisch: „Meiner Erfahrung sind nicht die Leugner des Klimawandels das wirkliche Problem. Die Phase des Leugnens haben selbst die großen Unternehmen der Fossilindustrie hinter sich gelassen. Das Problem sind die Verzögerungstaktiken, sowohl der Unternehmen als auch von uns als Einzelpersonen. Ja, wir wissen, dass wir uns ändern müssen, aber bitte doch nicht sofort und nicht so, dass es auch einmal etwas kostet.“ Und er warnt: „Wir leben einen Großteil unseres Lebensstils auf Pump, schreiben bei den eigenen Kindern an. Wenn jemand einen luxuriösen Lebensstil lebt und dafür jedem seiner Kinder etwa drei Millionen Euro Schulden aufbürden würde, wäre man entsetzt. Aber genau dies tun wir: Wir wollen weitermachen, und die Risiken für die jungen Menschen – und die Menschen in anderen Ländern – steigen ins Unermessliche.“

Gegen die Angst und für die Verkehrswende

Mitbegründerin der Regionalgruppe Köln-Bonn ist Dr. Kathrin Rothenberg-Elder, Professorin für Psychologie an der privaten Hochschule Diploma. „Ich habe mein Leben lang ehrenamtlich gearbeitet, da bin ich familiär geprägt. Und ich war auch schon immer im Klimaschutz engagiert“, begründet sie ihr Engagement bei S4F.

Die Psychologin ist Mitinitiatorin der „Klimaerklärung Köln“. Hier verpflichten sich Unternehmen wie etwa Ford, Gothaer Versicherung, Randstad Deutschland oder das Erzbistum Köln und viele andere Unternehmen und Organisationen Maßnahmen zu ergreifen, die das Ziel „Klimaneutrales Köln bis 2035" unterstützen. Ziel der Erklärung: „Wir fangen jetzt an! Wir setzen jetzt an, den Beitrag Kölns zum Schutz des Klimas zu realisieren. Jüngste Extremwetter-Ereignisse zeigen, dass wir keine Zeit zu verlieren haben. Wir können viel tun. Wir gehen jetzt Schritte zu einer konsequenten Klimaneutralität mit so wenig zugekauften Zertifikaten wie möglich.“ Noch weitere Unternehmen sollen gewonnen werden, diese Erklärung zu unterzeichnen. „Aber sie ist schon jetzt ein Erfolg.“

Als Psychologin weiß Dr. Rothenberg-Elder um die Belastungen, die ehrenamtliches Engagement mit sich bringen kann. Und deshalb hat sie gemeinsam mit Elli Kutscha, einer Studierenden ihrer Hochschule, "Empowerment für Klimaaktivistinnen“ (EfA) ins Leben gerufen.

„Selbstfürsorge auch als Klimaaktivistin ist nicht nur machbar – es führt kein Weg an ihr vorbei“, ist die Wissenschaftlerin überzeugt. Deshalb hat sie ein wissenschaftlich basiertes, kostenfreies Programm für empowernde Gruppentreffen entwickelt. Warum Frauen? „Frauen reagieren, das weiß die Wissenschaft, anders auf Stress als Männer. Aber wir stellen bei ernsthaftem Interesse natürlich auch gemischten Gruppen unsere Unterlagen zur Verfügung“. Derzeit gibt es zwei virtuelle Gruppen und einen umfangreichen Leitfaden mit Anleitungen für einen guten Rahmen und eine Übungssammlung.

Jeder kann Inhalte zur Weiterbildung nutzen

Last, but not least: Ihr Fachwissen gibt die Professorin auch an alle Interessierten online weiter. Etwa mit Interviews, Vorträgen oder auf YouTube mit einem „Spotlight“ zum Thema „Wohlbefinden in der Klimakrise“.

„Dieses Spotlight und andere Formate nutzen wir als Weiterbildungsangebot für alle Menschen, die sich für Fragen des Klimas und mehr interessieren“, ergänzt Dr. Katharina Derkorn. Auch die Juristin ist seit 2019 Mitglied der Köln-Bonner Regionalgruppe. „Wenn mich meine Kinder einmal fragen, was ich getan habe, um den Klimawandel aufzuhalten, dann kann ich zumindest auf meine Arbeit bei Scientists for Future verweisen“.

Sie schätzt den interdisziplinären Austausch nicht nur mit anderen Wissenschaftlern der Gruppe, darunter Physikern, Biochemikern, Mathematikern. „So manche von uns gehören auch zu Parents for Future oder engagieren sich in anderen Gruppen.“ Gemeinsam wollen die Mitglieder Fakten zum Thema Klima auf den Tisch legen, informieren und aufklären und damit eine sachliche Grundlage für Diskussionen schaffen.

„Wir wenden uns etwa mit Veranstaltungen oder Vorträgen an Schulen, Vereine, NGOs, Politik und Verwaltung sowie Unternehmen“, zählt sie auf. So gibt es etwa die öffentlich zugängliche Ringvorlesung „Aspekte der Erderwärmung“ an der Universität Bonn von Prof. Dr. Nikolaus Froitzheim zusammen mit Students for Future. Es gibt aber auch Einladungen der Regionalgruppe an Bundestags- und Landtagsabgeordnete. „Wir sprechen mit Politikern über unsere Erkenntnisse und Ergebnisse und diskutieren mit ihnen über unsere Projekte.“

Persönlich engagiert sich Dr. Katharina Derkorn beim Thema Verkehrswende – vor allem im Bonn. „Wenn es darum geht, mehr Autos aus den Städten zu bekommen oder den Ausbau von Autobahnen zu begrenzen, dann ist das allemal immer ein sehr emotionales Thema. Da versuchen wir auch mit dem Bündnis Verkehrswende in der Öffentlichkeit präsent zu sein und aufzuklären.“

Was bringen alle diese Aktivitäten? Wird das ehrenamtliche Engagement durch Erfolge belohnt?

Die Antwort der beiden fällt eindeutig aus: „Durch meine Arbeit kann ich anderen Wertschätzung vermitteln und erfahre sie auch selbst“, so Kathrin Rothenberg-Elder. „Ich kann etwa Klimaaktivistinnen vermitteln, dass sie viel und gute Arbeit leisten und ich kann Menschen helfen, mit der Angst in der Klimakrise umzugehen.“ Und Katharina Derkorn fügt hinzu: „Ich werde oft auch im Familien- und Bekanntenkreis auf Klimathemen angesprochen und gefragt, was denn jeder Einzelne tun kann und welche Rahmenbedingungen sich ändern müssen. Daraus sehe ich, dass das Thema präsent ist und sich mehr Menschen Gedanken machen.“

 

Weiterführende Links:

Website der Scientists for Future: https://de.scientists4future.org/

S4F Regionalgruppe Köln-Bonn: https://koelnbonn.scientists4future.org/

Empowerment für Klimaaktivistinnen: https://rb.gy/f6ec2

Liste aller Spotlight-Videos von S4F: https://rb.gy/elgvb

Ringvorlesung „Aspekte der Erderwärmung“: https://tinyurl.com/28rnxhvg

Fotos: Pixabay 

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