SPACE – Seniors Perceive A Common Europe
Im Dezember 2022 startete das Erasmus+ Projekt "SPACE - Seniors Perceive a Common Europe" mit einem klaren Ziel, die europäische Identität der Generation 60+ in den Projektländern zu stärken. Obwohl gerade diese Altersgruppe eine zentrale Rolle bei der Gründung der Europäischen Union spielte, zeigen Studien aus den Partnerländern Deutschland, Bulgarien, Spanien, Schweden und Italien, dass Seniorinnen und Senioren oft eine größere Distanz zu Europa empfinden als jüngere Menschen. Gründe hierfür sind u.a. begrenzte Fremdsprachenkenntnisse, weniger Reisen ins Ausland, die digitale Kluft und eingeschränkte Lernmöglichkeiten.
Initiiert und koordiniert wurde das Projekt SPACE von der Volkshochschule im Landkreis Cham e.V. aus Deutschland. Als Partnerorganisationen waren beteiligt: Business Foundation for Education (Bulgarien), INFODEF (Spanien), Elderberry AB (Schweden) und EduVita (Italien).
Nach zwei Jahren intensiver Projektarbeit präsentieren die Partnerorganisationen nun die Ergebnisse sowie die Erfahrungen aus fünf unvergesslichen europäischen Austauschtreffen mit älteren Menschen. Alle Ressourcen stehen in sechs Sprachen auf der Plattform thespaceproject.eu zur Verfügung.
Projektziel und Ergebnisse
Ziel des Projekts SPACE war es, durch nicht-formale Bildungsangebote, Möglichkeiten des Erfahrungsaustauschs für ältere Menschen im Hinblick auf die Stärkung der europäischen Identität zu schaffen. Dabei entstanden vier wesentliche Projektergebnisse:
1. SPACE Handbuch
Das SPACE Handbook richtet sich an Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung und ist eng mit dem europäischen LifeComp-Rahmen für persönliche, soziale und Lernkompetenz verknüpft. Es bietet innovative Lernrahmen, Best Practices und Umsetzungsideen in folgenden fünf thematischen Bereichen:
- Ernährung
- Gesundheit
- Haushaltsführung
- Selbstbestimmtes Verbraucherverhalten
- Umweltverhalten
Die Lernrahmen beschreiben jeden dieser thematischen Bereiche anhand der neun im LifeComp beschriebenen Kompetenzen und ihrer drei Ebenen. Außerdem enthält das Handbuch sowohl 25 Best Practice Beispiele als auch 25 Umsetzungsideen für die Erwachsenenbildung, wie traditionelles kulturelles Erbe und das Wissen der älteren Menschen weitergegeben werden können.
2. SPACE Empowerment-Kurs
Dieses Kurskonzept bietet ein Curriculum und detaillierte Unterrichtspläne zu den fünf Themenbereichen. Ziel ist es, Seniorinnen und Senioren in Bildungsangeboten zu stärken, ihnen Raum zu geben, ihr Wissen über regionales kulturelles Erbe zu teilen und neue Schlüsselkompetenzen sowie ein stärkeres Gefühl der europäischen Zugehörigkeit zu entwickeln. Maßgeschneiderte Präsentationen und Fragebogen ergänzen das Set für Lehrkräfte.
3. SPACE Digitale Plattform
Eine besondere Innovation des Projekts ist die digitale Plattform, die von den Seniorinnen und Senioren der Partnerländer mitgestaltet wurde. In regionalen Empowerment-Kursen zu den fünf Themenbereichen entstanden 100 Exponate, die traditionelle Verfahren, kulturelles Erbe und die Lebenserfahrungen dokumentieren. Ergänzt durch historische Zeitleisten aus allen Ländern lädt die Plattform dazu ein, das europäische kulturelle Erbe der fünf Projektländer virtuell zu erkunden: thespaceproject.eu/digital-exhibition.
4. SPACE Digitale Trails
Die SPACE Trails sind thematische Touren, die anhand der Exponate durch Europa und die einzelnen Partnerländer führen. QR-Codes verweisen auf die digitalen Exponate, die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern während der Austauschtreffen zu den einzelnen Themen besonders geschätzt wurden.
Positives Feedback
Mit verschiedenen Multiplikatorentreffen für ältere Menschen einerseits sowie für Lehrkräfte und Institutionen der Erwachsenenbildung und andere Stakeholder andererseits wurden die Angebote des Projekts SPACE bereits in allen beteiligten Ländern weiter bekannt gemacht.
In Deutschland stellte Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker (Sozialmanagement und Bildungsarbeit an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regenburg) in diesem Rahmen die neuesten Ergebnisse ihrer Arbeit für ältere Menschen vor. Anschließend zeigte sie sich sehr beeindruckt von den Projektergebnissen und den Berichten der älteren Menschen bezüglich der europäischen SPACE-Austauschtreffen. Am Beispiel des Paradeisl – einer adventlichen Tradition aus Ostbayern - zeigten die Seniorinnen und Senioren exemplarisch, wie sie die Exponate für die digitale Plattform entwickelt hatten.
Am 11. und 12. November 2024 fanden in Sofia die traditionellen Nationalen Tage des Lebenslangen Lernens statt. Die Veranstaltung wurde vom bulgarischen Ministerium für Bildung und Wissenschaft organisiert. Im Rahmen dieser Veranstaltung gab es auch die EPALE-Konferenz, bei der die thematischen Schwerpunkte von EPALE für 2024 und drei Best Practice Beispiele zum lebenslangen Lernen vorgestellt wurden. Eines dieser Beispiele aus der Erwachsenenbildung war das Projekt SPACE. Natalia Nikolova von der bulgarischen Partnerorganisation Business Foundation for Education berichtete über die Ziele und Ergebnisse des Projekts sowie über die gemeinsamen europäischen Lernerfahrungen und die Zufriedenheit der Teilnehmenden. Das Projekt stieß auf großes Interesse, und es wurden Möglichkeiten für seine weitere Verbreitung unter den Seniorenclubs diskutiert.
In allen Projektländern ist die anfängliche Zurückhaltung der beteiligten älteren Menschen mittlerweile zu Begeisterung geworden – für das gemeinsame Projekt SPACE, aber auch für den europäischen Austausch mit anderen.
Fünf unvergessliche europäische Austauschtreffen
Wohl das Herzstück des Projekts SPACE waren die fünf europäischen Austauschtreffen, bei denen Seniorinnen und Senioren aus allen Partnerländern zusammenkamen. Die Treffen boten ihnen die Möglichkeit, kulturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu entdecken, voneinander zu lernen und ihre europäische Identität zu stärken. Bei allen Treffen stellten die älteren Menschen aus den Projektländern jeweils ihre in den Empowerment-Kursen erarbeiteten vier Exponate für die digitale Plattform vor und diskutierten darüber. Wichtig war aber auch das gemeinsame Kennenlernen der jeweiligen Kultur – selbstverständlich immer mit dem passenden thematischen Schwerpunkt.
Zum Thema Ernährung im Mai 2023 in Valladolid, Spanien:
Die Tapas-Kultur in Spanien bot geradezu einen idealen Einstieg, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Aber wie werden wir uns wohl verständigen und unterhalten können? Das waren im Vorfeld die Bedenken einiger Seniorinnen und Senioren. Doch es brauchte keinen Tag bis klar wurde: „Wir können uns wirklich auf Englisch mit anderen älteren Menschen unterhalten. Wenn alle sich bemühen, geht das wunderbar!“
Zum Thema Gesundheit im September 2023 in Sofia, Bulgarien:
Das zweite Treffen in Bulgarien war dem Thema Gesundheit und traditionellen Heilmitteln gewidmet. Beeindruckend war auch hier die folgende Erkenntnis: „Manche Hausmittel, wie z.B. Arnika und Ringelblume, sind nicht nur bei uns, sondern in mehreren europäischen Ländern bekannt und beliebt.“
Aber in Bulgarien machten die meisten Teilnehmenden aus den anderen Ländern noch eine andere eindrückliche Erfahrung: „Ohne die kyrillische Schrift, z.B. auf Schildern, lesen zu können, ist es schwierig, am aktiven Leben teilzuhaben. Man ist auf andere angewiesen – oder aber auf das Smartphone!“
Zum Thema Haushaltsführung im Februar 2024 in Lecce, Italien:
Im Süden Italiens sprachen die älteren Menschen gemeinsam über Traditionen rund um den Haushalt und das Feiern von Festen. Viele waren fasziniert z.B. vom apulischen Brauch am St. Josefstag (19. März): „An diesem Tag decken die Leute den Tisch für 3–13 Personen, öffnen ihr Haus und bewirten andere bei sich zu Hause.“
Dass Italien als beliebtes Urlaubsland in Europa weit mehr zu bieten hat als allein Rimini, Venedig oder Rom, das machte die Reisenden ebenso nachdenklich: „Lecce ist eine sehr sehenswerte Stadt mit großer Geschichte, von der wir vorher noch nie gehört hatten.“
Zum Thema Selbstbestimmtes Verbraucherverhalten im Juni 2024 in Stockholm, Schweden:
In Stockholm unternahm die internationale Gruppe sogar eine gemeinsame Exkursion: „Mit Skansen haben wir das erste Freilichtmuseum der Welt kennengelernt. Es zeigt Läden und Werkstätten aus dem traditionellen Handwerk im alten Stil. Faszinierend, wie stark sich Konsum- und Einkaufsverhalten der Menschen über die Jahre verändert haben.“
Zum Thema Umweltverhalten im September 2024 in Cham, Deutschland:
Last but not least war Cham in Bayern der Zielort des abschließenden Treffens. Hier lernten alle Teilnehmenden in der LBV-Umweltstation die bayerische Tradition des Bindens von Kräuterbuschen zum Fest Mariä Himmelfahrt (15. August) kennen und schätzen.
Als Höhepunkt dieses Treffens empfanden die älteren Menschen aus allen Projektländern übereinstimmend aber den Besuch der grünen Grenze zwischen Deutschland und Tschechien an einem Wanderweg. „Es ist für uns heute fast unvorstellbar, dass dieser Ort am Waldrand noch vor gut 35 Jahren Teil des Eisernen Vorhangs in Europa war.“
SPACE - ein Projekt, das verbindet
„Seniors Perceive A Common Europe“ hat eindrucksvoll gezeigt, dass Lernen und kultureller Austausch keine Altersgrenzen kennen. Die Ergebnisse und Erfahrungen des Projekts bieten eine nachhaltige Grundlage, um die europäische Identität zu stärken und ältere Menschen weiter in den Fokus lebenslangen Lernens zu rücken.
Alle Ressourcen und Exponate sind in Englisch, Deutsch, Bulgarisch, Spanisch, Schwedisch und Italienisch kostenlos verfügbar auf: thespaceproject.eu
Projektnummer: 2022-1-DE02-KA220-ADU-000088807
Fotos: Volkshochschule im Landkreis Cham, Business Foundation for Education (EPALE-Konferenz)