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Bedingungen und Prozesse der Ausbildung am Arbeitsplatz, Folge 7: Versuche, Fehler, Ausprobieren

Jeder hat schon einmal vom Lernen per Versuch und Irrtum gehört und jeder hat es bereits einmal selbst praktiziert, zumindest für das Lernen im Alltag. Focus auf diesem Lernen

Übersetzung : EPALE France (Französicsh  - Deutsch)

Jeder hat schon einmal vom Lernen per Versuch und Irrtum gehört und jeder hat es bereits einmal selbst praktiziert, zumindest für das Lernen im Alltag. Es wird aus gutem Grund oft in einem Atemzug mit dem Recht genannt, Fehler zu machen, denn um sich am Arbeitsplatz durch Versuch und Irrtum weiterbilden zu können, müssen vier Grundbedingungen gegeben sein:

  • Erstens muss es möglich sein, ohne oder mit nur geringem Risiko für die Arbeitenden, die Adressaten der Arbeit (man denke an Patienten, Schüler, Nutzer, ...) und die Betriebsmittel Fehler machen zu können. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Situationen, in denen es nicht möglich ist, Fehler zu machen, oder eine auszubildende Person Fehler machen zu lassen – zumindest nicht im normalen Produktionsmodus;
  • Zweitens muss es möglich sein, Dinge wieder und wieder auszuprobieren, doch auch das ist nicht immer möglich. Nicht nur aus den vorgenannten, sondern auch aus Zeitgründen;
  • Drittens muss man, wenn Fehler unter normalen Produktionsbedingungen nicht gemacht werden dürfen, die Bedingungen schaffen, unter denen ein Fehler folgenlos bleibt. Heute kann dies über Simulationen geschehen;
  • Viertens muss das Recht, einen Fehler machen zu dürfen, akzeptiert und anerkannt sein.

Was bedeutet Lernen durch Versuch und Irrtum?

Aber was genau bedeutet Lernen durch Versuch und Irrtum und warum und wie kann es funktionieren? Welche Rolle spielt es im Learning-by-doing? Welche Rolle spielt es in einer strukturierten Ausbildung?

Der Gedanke, laut dem das Fehlermachen eine Rolle beim Lernen spielen kann, ist oft mit den folgenden Annahmen verbunden:

  • Der Lernende kann etwas noch nicht oder kann etwas noch nicht gut, darum ist es unvermeidlich, dass er Fehler macht. Das versteht sich von selbst? Vielleicht auch nicht. Es würde sich lohnen, dies den Betreuenden und all jenen in Erinnerung zu rufen, die als Mentor oder Ausbilder tätig sind und oft wenig geneigt scheinen, die Fehler der anderen zu tolerieren und zu verstehen;
  • In vielen Ausbildungen von Mentoren oder Ausbildern denken diese, dass das beste Mittel, später keine Fehler mehr zu machen, darin besteht, diese in der Ausbildung zu machen – ganz besonders deshalb, weil man sich das Fehlerrisiko und die relevanten Wissens- oder Handlungsaspekte besser einprägt. Dies setzt aber voraus, dass der Fehler ‚ins Auge springt‘ bzw. sofort oder schnell ins Bewusstsein des Ausführenden oder Lernenden dringt. Andernfalls besteht das Risiko, dass die von Woody Allen beschriebene Situation eintritt: Ich habe viel aus meinen Fehlern gelernt und bin in der Lage, diese vollendet zu wiederholen.

Das Lernen per Versuch und Irrtum stützt sich auch auf das Feedback. Weil unerwartete Auswirkungen im Laufe oder am Ende der Handlung oder durch eine Beurteilung deutlich werden, können sie vom Handelnden und Lernenden als Zeichen einer ungeeigneten Handlung gedeutet werden und geben ihm die Möglichkeit, seine Handlung anpassen und dort wiederaufzunehmen, wo sie unterbrochen wurde oder sie von vorne anzufangen.

Handeln ist immer mit der Wahl eines Ablaufs, der Reihenfolge der auszuführenden Aufgaben verbunden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Die Handlung kann also Fehler, aber auch Annäherungen, Schätzungen enthalten.

Doch auch der Versuchsaspekt muss einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

Der Versuchsaspekt kann aus zwei Akzeptanz-Perspektiven heraus betrachtet werden: eine geringe Akzeptanz und eine starke Akzeptanz im Hinblick auf die Herausforderungen der Ausbildung.

Ausprobieren, Herantasten

Im Lernen durch Versuch und Irrtum kann der Versuchsaspekt im gängigen Sinne verstanden werden: Ich mache etwas zum ersten Mal, und es ergeben sich unerwartete Folgen. Aber handelt es sich um einen Irrtum oder das Produkt von kaum oder nicht vorhersehbaren eintretenden Zwischenfällen, Ereignissen, Problemen oder Hindernissen? Um das Fehlschlagen oder die Unwirksamkeit einer Handlung als Fehler, Annäherung oder ungeeignete Maßnahme auslegen zu können, muss überhaupt unterschieden werden können, was der Maßnahme und was den Bedingungen zuzuschreiben ist, unter denen die Handlung ausgeführt wurde.

Es ist oft zu beobachten, dass jeder von uns bei einem Fehlschlagen einer Handlung, mit der wir nicht vertraut sind, zunächst damit reagiert, dass er die genau gleiche Handlung wiederholt, dabei aber aufmerksamer ist, um feststellen zu können, was nicht gestimmt hat.

Danach versucht man es entweder auf eine andere verfügbare Art und Weise erneut, ohne aber die Lage zu analysieren, und macht weiter, bis ein Erfolg eintritt oder nicht. Es kann vorkommen, dass man durch Zufall eine hinreichend wirksame Art und Weise findet, oder die Bedingungen bewirken durch die Kompensierung der Unzulänglichkeiten der Handlung, dass es „funktioniert“. In solchen Fällen kann man sich die Abfolge der zum Erfolg führenden Handlungen merken und kompetent werden, wenn es einem gelungen ist, verschiedene Regelmäßigkeiten zu erkennen. Wie aber bereits Jean Piaget schrieb, ist Erfolg nicht zwangsläufig von Verstehen begleitet, und es ist gut möglich, dass die Handlungsabfolge nicht mehr geeignet ist, wenn bestimmte Veränderungen eintreten.

Ausprobieren, Versuchen

Der Versuch kann aber auch in einen ehrgeizigeren Kontext gesetzt werden: Versuchen bedeutet Ausprobieren. Der Versuch ist in diesem Fall Teil einer deutlich gezielteren Handlung: Die Ausführung der Handlung erfolgt, um Ergebnisse zu erzielen, soll aber auch dem Lernen dienen und ist somit an die Absicht gebunden, die richtige oder beste Vorgehensweise zu finden. Dieser Vorgang setzt ein hohes Aufmerksamkeitsniveau voraus, das angestrebt wird, um unter den Bedingungen der Handlungsausführung auf die Indikatoren einwirken zu können, die eine Bewertung des Fortschreitens der Handlung ermöglichen und diese bestätigen oder verwerfen lassen. Es handelt sich also um eine kognitive Tätigkeit, die mit ausgeprägtem Bewusstsein und gezielter Aufmerksamkeit und der Herstellung einer Verbindung zwischen den erwarteten Ergebnissen und den Bedingungen der Durchführung einhergeht; sie umfasst den Aufbau eines Handlungsszenarios, das zu einer Art zu testender Annahme, einer Definition und Fehlersuche wird, um die Fortschritte bei der Ausführung der Handlung und ihrem Abschluss steuern zu können. Die Fehler bzw. Annäherungen oder Unangemessenheiten der Handlung dienen in diesem Fall als Indikatoren für die vorzunehmenden Anpassungen. In diesem Sinne sind sie wichtige Bestandteile des Ausprobierens.

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